In Aserbaidschan sind 43 Leute von der Polizei vernommen worden, weil sie beim Eurovision Song Contest für das Nachbarland Armenien abgestimmt hatten.

Baku (alc) - Nehmen wir den unwahrscheinlichen Fall an: Es ist Eurovision Song Contest, und es stimmen 43 Menschen aus Österreich für den Nachbarn Deutschland ab. Drei Monate später bimmelt es an der Tür und die Polizei steht vor selbiger. Die Ordnungshüter nehmen die Delinquenten mit aufs Revier, um sie dort einem ausgiebigen Verhör über ihr unpatriotisches Verhalten zu unterziehen.

Genau dies widerfuhr nun - drei Monate (!) nach dem Eurovision Song Contest - 43 Abstimmungsteilnehmern aus Aserbaidschan, die es gewagt haben, für das ungeliebte Nachbarland Armenien und deren Beitrag "Jan-Jan" des Gesangsduos Inga And Anush zu stimmen.

Potenzielles Sicherheitsrisiko

Die Aserbaidschanischen Behörden sehen in der Handlung der jeweiligen Personen ein potenzielles Sicherheitsrisiko für das Land. Nach Informationen von Bürgerrechtsbewegungen kommt es in letzter Zeit unter dem derzeitigen Präsidenten İlham Äliyev häufiger zu Einschränkungen der Meinungsfreiheit.

Streit um Bergkarabach

So lächerlich diese Aktion auch wirkt, sie hat einen ernsten Hintergrund. Die beiden Staaten Aserbaidschan und Armenien streiten sich um die Region Bergkarabach, in der mehrheitlich Armenier leben. 1991 erklärte sich die Region für unabhängig.

Mittlerweile ist Bergkarabach von Armenischen Streitkräften besetzt. Seit Ende 2008 nähern sich die beiden Konfliktparteien wieder an. Der Vorfall um das Abstimmungsverhalten beim Song Contest dürfte dem Bemühen, eine diplomatische Lösung für die Streitigkeiten zu finden, allerdings nicht förderlich sein.

2010 mit internationaler Produktion?

Neben der staatlichen Initiative, Quertreiber als unpatriotisch zu brandmarken, gehen hinter den Kulissen Bestrebungen voran, den Aserbaidschanischen Beitrag für den Eurovision Song Contest 2010 in Oslo mit einer internationalen Produktion ins Rennen zu schicken.

Chris Young bestätigte Gerüchte, dass er von aserbaidschanischen Vertretern gefragt wurde, einen Beitrag für den nächsten Song Contest zu produzieren. Young steht hinter dem Unternehmen Izzy Gold Records, das für Produktionen für namhafte Acts wie Ashlee Simpson, George Clinton und Crystal Method verantwortlich zeichnet.

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46 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    @Ratatui (« Was ich weiß, ist, dass die etablierten schwedischen Parteien sich ganz sicher Gedanken darüber machen, ob sie Themen wie Datenschutz und Gläserne Bürger nicht noch mal überdenken sollen. »):

    Und genau da liegt der Hund begraben - das Thema Datenschutz und Gläserner Büger ist nicht das einzige Thema im Wahlprogramm der Piratenpartei. Könnte ja auch sein, daß die 7% der Schweden geil darauf sind, ihr Patentrecht zu verlieren, was ja auch ein Punkt war, der im Wahlprogramm steht. Worin besteht also die Signalwirkung?

    Zitat (« Dein Fazit kommt mir so vor:
    Die Wahl ist für den Arsch, wählt Mitte oder schmeißt die Stimme fort. Wenn ihr eure Meinung einbringen wollt, gründet eine Lobby oder Interessensgemeinschaft. »):

    Wo soll ich denn so eine Scheiße losgelassen haben? Ich will nur sagen, daß ich meine Meinung nicht gleich mit Hilfe einer ganzen Partei durchsetzen muß, schon gar nicht irgendeine populistische Meinung, die wahrscheinlich mehr Nach- als Vorteile mit sich bringt. Die jetzige Parteienlandschaft ist doch ohnehin bereits so bunt, daß es doch mit dem Teufel zugehen müßte, wenn ich da nicht einen fände, der auch nur ansatzweise meiner Meinung ist. Wenn ich niemanden finde - nun gut, dann ging's halt mit dem Teufel zu, aber dann fange ich erst mal mit der Überzeugungsarbeit an oder suche mir Gleichgesinnte, denen ich mich anschließen kann, um etwas bei einer oder mehrerer der existierenden Parteien etwas zu erreichen, aber mit einem oder zwei Punkten im Wahlprogramm stelle ich mich doch nicht gleich als eigene Partei zur Bundestags- oder gar zur Europawahl auf.

    Zitat (« Die Grünen waren vor 30 Jahren auch spezialisiert und hatten in vielen Bereichen keine Kompetenzen (Ich verkneife mir Bemerkungen zur heutigen Situation). »):

    Richtig, aber die haben sich auch zunächst mal in einigen Landesparlamente gesetzt, ehe sie zum Halali auf den Bundestag geblasen haben. Eigentlich glaube ich sogar, daß sie von ihrem eigenen Erfolg in Bremen überrascht wurden und erst danach beschlossen, sich der nächsten Bundestagswahl zu stellen. Als sie in den Bundestag einzogen, war da schon ein bißchen mehr an Programm und Ideen als Anti-AKW und Turnschuhe.

    Zitat (« Sie entstanden aus einem größer werdenden Wunsch nach Umweltschutz.
    Zur Zeit gibt es einen größer werdenden Wunsch nach weniger Bevormundung und mehr Schutz vor Gläsernheit. »):

    Der Wunsch nach weniger Bevormundung ist beileibe nicht neu, damit haben sich auch schon einige andere Wahlgenerationen vor uns rumgeschlagen - ohne daß eine Piratenpartei entstanden wäre. Und der Schutz vor Gläsernheit in allen Ehren - ich halte auch nichts von einem Generalverdacht -, aber davon fühle ich mich nicht im Geringsten auch nur ansatzweise in irgendeiner Form bedroht, vielleicht im Gegensatz zu 7% der Schweden. Eigentlich glaube ich sogar, daß meine wenigen Daten in den von anderen Leuten verursachten Datenfluten so hoffnungslos untergingen, daß ich dadurch beinahe noch anonymer würde als ich es ohnehin schon bin :D

    Gruß
    Skywise

  • Vor 15 Jahren

    @khndzor (« Also ich finde dieser Staat muss ausgeschlossen werden! »):

    Es ist die Frage, ob man das so einfach machen kann ... ehrlich gesagt bezweifle ich, daß das Regelwerk des ESC oder der EBU einen solchen Schritt überhaupt vorsieht. Ich fände es auch nicht besonders fair den zukünftigen Teilnehmern gegenüber, wenn sie für etwas abgewatscht würden, das sie im Prinzip nicht zu verantworten haben.

    Gruß
    Skywise

  • Vor 15 Jahren

    hat schon jemand den brüller "vor 70 jahren hätten wir uns keine sorgen um stimmen aus dem ausland machen zu müssen" gebracht?