Angus Young und Co. luden zum gepflegten Tanztee nach Baden-Württemberg - wohl dem, der Gehörschutz angelegt hatte.
Hockenheim (alc) - Der Himmel über dem badischen Provinzstädtchen strahlte meist in blauen Tönen, die Temperaturen bewegten sich im angenehmen 20 Grad-Bereich: Alles war am vergangenen Samstag angerichtet für AC/DCs Konzert am Hockenheimring. Und aus allen Himmelsrichtungen pilgerten sie auch herbei, die Jünger:innen der Hardrock-Urgesteine aus Down Under.
Ähnlich wie bei der Fußball-Europameisterschaft bildeten sich lange Schlangen an Fans in Richtung Gelände und parallel dazu Fahrzeug-Kolonnen auf den Zufahrtswegen. Wer mit den Öffis unterwegs war, musste mitunter Geduld aufbringen. An den Bahnhöfen in Mannheim und Karlsruhe wurde es teilweise eng, auch aufgrund ausgefallener Züge. Für Profis des Bahnverkehrs natürlich keine News.
Die Preise für Essen und Getränke bewegten sich im mittlerweile fast gängigen Stadionniveau. Sieben Euro für ein Bier und ein Fünfer für die obligatorische Worscht. Schon auf dem Weg in Richtung Gelände machten die heimischen Hockenheimer:innen noch ein paar zusätzliche Euro: Allerlei Stände mit gekühlten Getränken und sogar Fressbuden warteten. Wem der Saft am Handy ausging, durfte sogar kostenlos sein Telefon aufladen. Allzu viel brachte dies gleichwohl nicht: Die Mobilfunknetze gingen aufgrund der schieren Masse an Leuten diverse Male in die Knie.
Support: The Pretty Reckless
Aufgrund der Erfahrungen bei vorangegangenen Konzerten, z.B. als bei Bruce Springsteen um den Ring ein Verkehrschaos ausbrach, rieten die Veranstalter:innen den Fans, möglichst frühzeitig anzureisen. Und so war das Halbrund schon mehr als gut besucht, als Taylor Mommsen und ihre The Pretty Reckless als Supportact die Bühne betraten.
Die Frontfrau, gekleidet in schwarzem Nachthemdchen und schwarzen Stiefeln, und ihre Bandkumpels heizten mit einer engagierten Show ordentlich ein. Sie brachte das Menschenmeer sogar dazu, mal alle Hände in die Luft zu strecken, um sie ein beeindruckendes Foto machen zu können. Stimmlich zeigte sich Taylor in Topform, Ben Philips an der Gitarre, Bassist Mark Damon und Schlagzeuger Jamie Perkins legten mit viel Spielfreude los. Das Publikum quittierte den Gig mit deutlich mehr als nur Höflichkeits-Applaus. Punkt 20 Uhr war dann aber Schicht im Schacht und der Umbau für den Hauptact nahm Fahrt auf.
Wie zu erwarten, stellte die Fraktion der in Ehre Ergrauten die Mehrheit der AC/DC-Fans. Im Schlepptau befanden sich aber erstaunlich viele Jüngere, die sich die wohl letzte Möglichkeit, AC/DC einmal live zu sehen, nicht entgehen lassen wollten. Angus Young und Band legten pünktlich, und wie auf der laufenden Tour gängig, mit einem Video im Lokalkolorit los. "If You Want Blood (You've Got It)" von "Highway To Hell" läutete die Greatest Hits-Show ein, angereichert mit zwei Tracks des letzten Studio-Ouputs "Power Up" ("Demon Fire" und "Shot In The Dark").
Angus, diesmal im roten Zwirn unterwegs, war unterwegsig wie immer. Nicht mehr ganz so flott wie ehedem, aber wer wird schon jünger? Dass Sänger Brian Johnson dazu nicht mehr die Power von vor 40 Jahren versprüht, war allen Anwesenden dezent egal: Das Gesamtpaket lieferte definitiv. Der Sound schepperte nicht filigran, dafür umso mehr in den Höhen und der Lautstärke. Der allenthalben zu sehende Gehörschutz wurde wahrlich nicht ohne Grund angelegt.
Die Rhythmusfraktion liefert
Respekt auch an die Rhythmusfraktion um Stevie Young sowie die Teilzeitkräfte Chris Chaney am Bass und Matt Laug am Schlagzeug, die während der ausufernden Soloeskapaden von Angus Young stoisch und wie ein Uhrwerk durchpeitschten. Zu meckern gab es an der Setlist wenig. Dass einige Klassiker bei einem zweistündigen Programm hintenüber fallen, ist zwangsläufig vorprogrammiert. Bei "Thunderstruck" zeigte Angus das einzige Mal so etwas wie ein Schwächeln. Das Eingangslick geht ihm nicht mehr so locker-flockig von der Hand, zusätzlich wurde der Song auch dezent langsamer angestimmt als es bei der Studioversion der Fall ist. Ein kleiner, vernachlässigbarer Schönheitsfehler.
Abseits dessen fönte es in einem fort von der Bühne herunter, was das Publikum mit ohrenbetäubendem Applaus quittierte. Mit zunehmender Dunkelheit wurde dann auch offenbar, wie viele der Konzertesucher:innen sich die leuchtend blinkenden Teufelshörnchen (20 Euro am Merch-Stand) aufgesetzt hatten: Das Auditorium glich einem glitzernden Schwarm aus roten Glühwürmchen. Nett. Zum gewohnten Abschluss gab es dezent wummernde Kanonenschüsse, ehe Brian Johnson und der Rest der Truppe sich beeilte, im Joggingtempo von der Bühne zu eilen, wohl um dem sich anbahnenden, erneuten Verkehrschaos zu entkommen. Für die noch Zurückgebliebenen gab es noch ein hübsches Feuerwerk als Krönung des Abends.
(Fotocredits: Felix)
Im Anschluss zeigte sich dann, warum einige dem Massenauflauf am Hockenheimring trotz guter Show nicht nur Positives abgewinnen konnten: Ein einziger Durchgang für mehrere zehntausend Infield-Fans verlangte einiges an Geduld ab. Für Menschen, die an Platzangst leiden und zu Panikattacken neigen ganz sicher kein Zuckerschlecken. Aber was nimmt man als Fan nicht alles auf sich, um diese Band noch einmal live zu sehen.
Die Setlist bom Hockenheimring:
If You Want Blood (You've Got It)
Back In Black
Demon Fire
Shot Down in Flames
Thunderstruck
Have A Drink On Me
Hells Bells
Shot In The Dark
Stiff Upper Lip
Shoot To Thrill
Sin City
Rock'n'Roll Train
Dirty Deeds Done Dirt Cheap
High Voltage
Riff Raff
You Shook Me All Night Long
Highway To Hell
Whole Lotta Rosie
Let There Be Rock
Zugabe:
T.N.T.
For Those About To Rock (We Salute You)
AC/DC spielen noch folgende Dates in Deutschland:
17.07.2024, Stuttgart (Cannstatter Wasn)
27.07.2024, Nürnberg (Zeppelinfeld)
31.07.2024, Hannover (Messegelände)
04.08.2024, Hannover (Messegelände)
5 Kommentare mit 3 Antworten
Das klingt wirklich in jeder Hinsicht nach dem absolut beschissensten Konzerterlebnis des Sommers.
Warum man dafür noch 100te Euros ausgibt. Bei allem Respekt: Er trifft leider nicht mehr die Töne. Dazu kommen diese Massen an Menschen. Mehr Fußballspiel als Rockkonzert.
die Auschnitte auf YT waren so, dass ich dachte: oje, was soll das gerumpele denn sein. Dazu Angus der lahme Derwisch- nicht gut gealtert, das Projekt.
Man hätte das Ganze bereits nach der letzten Tour zu Grabe tragen sollen. Aber andererseits zieht der Name augenscheinlich noch immer so gut, dass 100.000 Leute sich dieses Gerumpel am Hockenheimring antun, der nachweislich beschissensten Location für große Konzerte.
Die Meeenschen wollen sowas. Rammstein, Helene, AC/DC, Roland Kaiser. Alles im Prinzip ein und dasselbe.
Dir gefällt ja auch eh nix.
Seht, es ist Mirgefaelltnix mit seinem treuen Kumpel Freudetaugtnix aus dem kleinen phallischen Dorf!