Bei ihrem Konzert in der Trabrennbahn Bahrenfeld spielte 'die beste Band der Welt' zweieinhalb Stunden vor fast ausverkaufter Kulisse.
Hamburg (laut) - Wäre es nach dem Wahlhamburger Bela B. gegangen, hätte das Konzert gestern im Millerntor-Stadion stattfinden sollen. Leider verboten die Behörden die Nutzung wohl aus Lärmschutzgründen. "Zu laut für die Reeperbahn!" Stattdessen kehrten Die Ärzte nach ziemlich genau zehn Jahren im Rahmen ihrer "Buffalo Bill in Rom Tour" auf die Trabrennbahn Bahrenfeld (Hamburg) zurück.
Bei herrlichstem Sommerwetter spielte 'die beste Band der Welt' zweieinhalb Stunden vor fast ausverkaufter Kulisse (20.000). In der 40-jährigen Bandgeschichte sammelten die Ärzte so einige Fans. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Publikum entsprechend mitgealtert ist. Die neue Fan-Generation wurde aber einfach direkt mitgebracht. Band- und Tour-Shirts aus fast jedem Jahrzehnt waren zahlreich, manche kleideten sich dem Tour-Motto entsprechend in Togas.
Ab 19 Uhr heizten Swiss & Die Andern als Support die Menge an. Der gebürtige Altonaer Swiss brachte mit Ferris MC weitere Lokalprominenz mit auf die Bühne. Er und die Band hatten in der Vergangenheit schon zusammengearbeitet. Gegen 20:30 Uhr erklangen dann die ersten Takte des Intros von "Himmelblau", während die Bühne noch mit einem schwarzen Vorhang verhüllt war.
Redselige Band, textsicheres Publikum
Als dieser dann fiel, brandete große Begeisterung durch das staubige Rund der Trabrennbahn. Bela, Farin und Rod standen sehr gut gelaunt vor einem aus LEDs geformten "Ä" auf der Bühne. Sie sollten sich in den folgenden zweieinhalb Stunden, mehr oder weniger, durch ihre komplette Diskografie spielen, wobei die älteren Songs vielleicht etwas zu kurz kamen (siehe Setlist unten), aber Geschmacksache.
Das Publikum erwies sich jedenfalls bei jedem Song als sehr textsicher, und das nicht nur in den vorderen Reihen. 34 Songs kamen am Ende zusammen. Dazwischen gaben sich insbesondere Bela und Farin sehr redselig. "Frieden, Liebe, ... Liebe und noch ein bisschen mehr Liebe!" sollte, laut Farin, eines der Mottos des Abends sein. Gesagt, getan. Daraufhin spielten sie auch direkt ein Geburtstagslied für Stephanie aus dem Publikum, die freudestrahlend auf den LED-Wänden zu sehen war. Erste kleine, sehr friedliche Moshpits bildeten sich, vereinzelt beschäftigten Crowdsurfer die Security im Graben und auch ansonsten sah das alles eher nach "Tanzkreis als nach Wall-of-Death" aus, wie Bela befand.
"Antifascista!"
Vorm "Besserwisserboy" riet Farin zum Bierholen und Toilettengang, denn der Song sei schließlich sehr lang. Die ersten BHs flogen derweil auf die Bühne. Diese fanden dann als Deko, an Bass und Schlagzeug befestigt, Verwendung. Bei und mit "Kraft" zertrümmerte die Gastmusikerin Charly Klauser ihre Gitarre auf der Bühne, wobei Farin klarstellte, dies sei aus Kostengründen natürlich nur exklusiv in Hamburg möglich.
Kurze Zeit später beschwor Bela: "E-Scooter ... For me the Untergang of the civilization!". Vor "Friedenspanzer" wurde es dann kurz politisch. Bela stellte klar, dass er keinesfalls russophob sei, aber klar anti Putin. Der aber sicher politisch aufgeladenste Song "Schrei nach Liebe" wurde erst in der Zugabe gespielt. Entstanden als Reaktion auf die Brandanschläge in Lichtenhagen vor ziemlich genau 30 Jahren, ließ der Song dann wirklich niemanden mehr kalt. "Antifascista" schrie Farin durchs große Rund ... leider aktueller denn je.
Die halbstündige Zugabe war gespickt mit weiteren Hits, und nachdem die letzten Akkorde von "Zu Spät" verhallten, verabschiedeten sich Band und das begeisterte Publikum in die laue Sommernacht. Für Die Ärzte und sicher auch einige Fans geht es allerdings noch weiter. Es folgen bis Mitte September Konzerte in Berlin, Minden, Mannheim, Graz, Konstanz und Nohfelden-Bosen.
Die Setlist
Himmelblau
Noise
Wir sind die Besten
Meine Freunde
Blumen
Lasse redn
Fiasko
Angeber
Ist das noch Punkrock?
Doof
Hurra
Besserwisserboy
Ohne Dich
Kraft
Ich, am Strand
1/2 Lovesong
Morgens Pauken
Friedenspanzer
Manchmal haben Frauen ...
Waldspaziergang mit Folgen
Alle auf Brille
Teenager Liebe
Deine Schuld
Elektrobier
Perfekt
Unrockbar
Zugabe:
Dinge von Denen
Ignorama
Wie es geht
Schrei nach Liebe
Mach die Augen zu
Junge
Zu spät
Dauerwelle vs. Minipli
Text und Fotos: Björn Buddenbohm
3 Kommentare mit 2 Antworten
Die bleiben halt einer der besten Live-Acts des Landes. So viel Improvisation und Quatsch, mit kompletter Verbindung zum Publikum - das geht nur als exzellente Musiker. Siehe z.B. Steel Panther. Völlig abgesehen von den Musikrichtungen, oder ob sie als lustig empfunden wird oder nicht - man sollte anerkennen, wie herausragend die Band live ist. Werde sicherlich kein euphorischer Fan mehr, aber ich habe höchsten Respekt.
Definiere mir mal einer “ältere” Songs. Die Hälfte der Lieder ist 19 Jahre und älter. Klar, die 80er schleichen sich mehr und mehr aus, das bedaure ich, aber das war gerade auch mal netto ein gutes Siebtel der Bandhistorie.
Du hast Lady vergessen! Der Hidden-Track auf "13" hat Rod vor dem 1/2 Lovesong gesungen!
Und Yoko Ono!
Ne, Lady wurde nich vergessen. Das ist wie du ja schon gesagt hast halt ein Hidden Track.