laut.de-Biographie
OMFO
OMFO ist unser Mann aus Odessa. Our Man From Odessa ist nämlich das Akronym, mit dem sich German Popov am liebsten umgibt. Das ist einfach und gleichzeitig treffend, denn Popov stammt aus ebenjener Stadt, die auch als das Marseille des Ostens bekannt ist. Erst 1794 von Katarina Der Großen gegründet, schwingt sich die Stadt zum Melting Pot des Ostens auf. Die Ursprünge der Siedlung gehen zwar bis weit in die Antike zurück, aber erst im Laufe der Geschichte prägten die verschiedensten Völker- und Glaubensgruppen jene Gegend. Araber, Christen, Juden, Griechen, Türken, Russen, Rumänen, Armenier und Georgier setzten Odessa ihren Stempel auf. Das hinterlässt nicht nur im Stadtbild Spuren, sondern schlägt sich auch auf das kulturelle Erbe der in der heutigen Ukraine liegenden Metropole am Schwarzen Meer nieder.
Seinen Vornamen erhält Popov in Anlehnung an den Kosmonauten German Titow, der nach Juri Gagarin als zweiter Mensch ins Weltall gelangt. Dass der kleine German dann am liebsten auch einmal dereinst als Kosmonaut in Galaxien vordringen möchte, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, ist logisch, aber es kommt ganz anders. Die strategische Lage Odessas als Umschlagsplatz für Waren aller Art erweist sich als Vorteil, wenn man an die neusten Platten aus dem Westen kommen möchte. So ist es ihm - im Gegensatz zu vielen Musikfreaks hinter dem eisernen Vorhang - vergönnt, immer up to date zu sein, was neue Releases angeht. Seine Interessen gelten aber nicht nur dem heißesten Scheiß. Auf Flohmärkten und überall wo er ihnen habhaft werden kann, sammelt er Schallplatten mit alten Weisen, weil die keiner mehr haben möchte und sie so schön billig sind.
Bevor er sich jedoch aktiv in die Musikwelt stürzt, kommt ihm noch etwas "Handfestes" dazwischen - er studiert nämlich Radiokommunikation an der Uni. Als dann 1989 der Ostblock in seine Einzelteile zerfällt und es plötzlich nicht mehr undenkbar ist, in den Westen zu reisen, fackelt German nicht lange und sattelt die Hühner. "Nicht ohne meine stattliche Plattensammlung" denkt er jedoch und packt kurzerhand den gesamten Krempel ein und setzt sich gen Amsterdam ab. Um dort über die Runden zu kommen, schließt sich Popov einer Combo an, die abwechselnd in türkischen Kneipen oder auf russischen Hochzeiten Osteuropäische Musik zum Besten gibt. Authentisch klingt das ganz sicher, denn neben seiner Plattensammlung hat er auch seine Leidenschaft für exotische Instrumente entdeckt, die er bei diesen Gelegenheiten benutzt.
1994 erscheint sein erstes Album "Isirik" auf einem kleinen holländischen Label Oreade, das ansonsten auf New Age- und spirituell angehauchte Musik spezialisiert ist. Auf dieser Scheibe setzt er sein Instrumenten-Sammelsurium ein und reichert das ganze mit Obertongesang und klanglichen Effekte an. Bei der Formation Sputnik hat er ein kurzes Gastspiel. Mit ihnen veröffentlicht er eine Platte mit dem sinnigen Titel "Favourite Songs Of Soviet Cosmonauts". Das war es dann aber auch schon mit den Sputniks. Popov macht sich daraufhin solo auf den Weg, veröffentlicht auf diversen Labels sphärischen Ambient-Sound, bevor ihm irgendwann einmal Shantel über den Weg läuft.
Bei der Begegnung muss der Wodka hektoliterweise geflossen sein, treffen sich doch zwei Brüder im Geiste. Der eine stammt aus der ehemaligen Sowietunion, der andere hat familiäre Wurzeln im Balkan-Raum. Beiden gemeinsam ist das Faible für elektronisch generierte Klänge und die Musik ihrer Vorfahren. Shantel hat derweil schon sein eigenes Label Essay an den Start gebracht, wo er verschiedenen Künstlern eine Plattform bietet. Dort erscheint auch "Trans Balkan Express" 2004. Just zu dem Zeitpunkt als die europäische Osterweiterung ansteht, beehrt OMFO alias German Popov die Hörer mit Kraftwerk-Referenzen ("Trans Balkan Express"), Dub, und allem, was der Kulturraum zwischen dem Schwarzen Meer und Mitteleuropa sonst noch her gibt.
Erst 2006 drängelt sich German Popov wieder vermehrt in die Schlagzeilen. Erst verwendet Sacha Baron Cohen zwei Songs von "Trans Balkan Express", um damit den Soundtrack zu seinem Borat-Film zu schmücken. Ende November erscheint Popovs zweiter OMFO-Ausflug auf Albumlänge. Gewohnt schräg und ohne Rücksicht auf eventuelle Hör-Konventionen wurstelt er sich durch "We Are The Shepherds".
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