laut.de-Biographie
Q-Tip
Als Teil des Hip Hop-Trios A Tribe Called Quest erlangte er Weltruhm. Bei der Karriere als Solokünstler wurden ihm allerdings von Labelseite stets Steine in den Weg gelegt.
Der Kreativität des Jonathan Davis, besser bekannt als Q-Tip, hat dies jedoch nie geschadet. Er gilt als Musik-Chamäleon, dem sich jedoch besser kein Rapper in den Weg stellen sollte. Denn am Mikrofon ist und bleibt Kamaal The Abstract trotz Klavierklängen und Kaschmir-Schal ein Biest.
Am 10. April 1970 in Harlem, New York geboren, nimmt die musikalische Geschichte des Jonathan Davis Ende der Achtziger Jahre ihren Lauf. Auf der High School lernt er mitsamt Jugendfreund Malik Taylor aka Phife Dawg den DJ Ali Shaheed Muhammad kennen. Die Interessen überschneiden sich, die Motivation ebenso. Die logische Konsequenz: gemeinsam Musik machen.
Was daraus entsteht, kann zu dieser Zeit niemand ahnen. Mit dem zeitweiligen vierten Mitglied Jarobi White schreiben A Tribe Called Quest ein kleines, aber feines Kapitel Musikgeschichte. 1990 erscheint "People's Instinctive Travels And The Paths Of Rhythm" und gemeinsam mit den Jungle Brothers und De La Soul steht der Tribe im Epizentrum einer Bewegung, die auch noch zwei Dekaden später existiert: Als Native Tongues kreieren sie nicht nur einen Sound aus jazzigen Tönen, straighten Drums und souligen Rhytmen. Auch ihre textlichen Inhalte avancieren zu sprichwörtlichen Trademarks.
Mittendrin steht Q-Tip, der sich sowohl als Rapper mit nasalem Flow als auch als versierter Produzent und Musiker im Kollektiv profilieren kann. Der Tribe tritt seinen Erfolgsweg an - ein Klassiker-Album folgt auf das nächste. A Tribe Called Quest sind Massenphänomen und Liebhaberprodukt zugleich, weil musikalische Qualität und Unterhaltungswert auf gleicher Stufe stehen. Der dritte Streich, das 1993 erscheinende "Midnight Marauders", avanciert mit über drei Millionen abgesetzter Einheiten zum bestverkauften Longplayer des Trios. A Tribe Called Quest haben es geschafft.
Für Q-Tip heißt das jedoch nicht, sich auf diese eine Sache zu konzentrieren: Er produziert Tracks für Nas, Cypress Hill und Mobb Deep. Außerdem konvertiert er zum Islam und nennt sich fortan Kamaal Ibn John Fareed. Auf Tour mit dem R'n'B-Musiker Amp Fiddler kommt es schließlich zu einer folgeschweren Begegnung. Fiddler stellt Tip dem Produzenten Jay Dee vor, der gerade mit seiner Gruppe Slum Village erste Erfolge feiert.
Die Zwei verstehen sich prächtig und formen mit Tribe-DJ Ali Shaheed das Produktionskollektiv The Ummah. Der Name geht auf dessen arabische Bedeutung - Bruderschaft - zurück. Gemeinsam übernehmen sie nicht nur die Produktion der folgenden Tribe-Alben, sondern zimmern für bereits etablierte Künstlern einige etwas andere Songunterlagen, etwa für Busta Rhymes, Janet Jackson, Whitney Houston, Jamiroquai, Keith Murray oder die Brand New Heavies.
Der musikalische Vibe liegt in der Luft. Neo Soul und organischer Hip Hop feiern dank der Soulquarians und Native Tongues der zweiten Generation große Erfolge, doch 1998 trennen sich A Tribe Called Quest. Es beginnt ein beschwerlicher Weg für Q-Tip. Bald darauf veröffentlicht Q-Tip sein Solodebüt "Amplified", auf dem er zwar durch die enge Zusammenarbeit mit Jay Dee die gleiche Richtung wie Tribes "The Love Movement" einschlägt, aber fast schon einen Schritt zum Pop macht. Die Singles "Vivrant Thing" und "Breathe & Stop" sind recht erfolgreich, doch Q-Tip unzufrieden damit, dass er sich selbst in die musikalische Enge getrieben hat.
Tip ist müde vom Hip Hop - zu einer Zeit, in der ein paar der besten und vor allem innovativsten Rapper des Planeten, Rap den Rücken kehren - Andre 3000 etwa oder Lauryn Hill. Das Gleiche passiert mit Q-Tip, der sich mit Hilfe von Gitarren und Live-Band auf eine musikalische Reise begibt, die ihn zwar einen neuen künstlerischen Horizont bescheren soll, aber auch seine Leidensfähigkeit in Richtung Musikindustrie trainieren.
Das gefällt seinen Vorgesetzten in den Zentralen der Plattenfirmen jedoch weniger. Man reicht ihn von Label zu Label, bei seiner immer weiter wachsenden Experimentierfreudigkeit bekommen Labelchefs reihenweise kalte Finger. Weder das für 2002 angekündigte Nachfolgewerk "Kamaal The Abstract", noch für 2005 geplante "Open" werden offiziell veröffentlicht. Kritiker feiern zwar Vorab-Kopien, für die Industrie-Größen zwischen Geffen und Dreamworks liefert das aber zu wenig Argumente.
Und gerade wenn man sich gute Nachrichten am meisten wünscht, keimt etwas Hoffnung: 2006 erklären A Tribe Called Quest ihre zumindest angedachte Reunion. Skeptikern halten sie einige Liveauftritte entgegen, bei denen sogar das ehemalige Mitglied Jarobi White auf der Bühne steht. Und tatsächlich gelingt es auch Q-Tip über die Label-Heimat anderer Rap-Paradiesvögel wie etwa Erykah Badu schließlich ein weiteres Soloalbum zu veröffentlichen. "The Renaissance" erinnert dabei jovialer Basslines und Sample-Großtaten schwer an eine 2008er Version von A Tribe Called Quest.
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