Porträt

laut.de-Biographie

Sonny Rollins

Sonny Rollins zählt zu den einflussreichsten Jazz-Saxofonisten der Welt. Er hat "die Improvisation aus der Umklammerung des Themas" gelöst sowie auf kraftvolle und witzige Art "endlose Assoziationsketten" erfunden, "die schon Mitte der 1960er-Jahre in Solokonzerten gipfelten", heißt es in Reklams Jazzlexikon.

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Sonny Rollins kommt als Theodore Walter Rollins am 7. September 1930 in Harlem, New York zur Welt. Seine Eltern stammen aus den amerikanischen Jungferninseln, so dass er schon früh mit dem Sound der West Indies in Berührung kommt, der sich in Harlem mit den Klängen des Jazzs mischt. Zum Saxofon findet er mit sieben Jahren durch seinen Onkel, der selbst ein professioneller Saxofonist ist. Zunächst spielt er Altsaxofon, wendet sich jedoch, nachdem er in seiner Highschool-Zeit auf die Musik Coleman Hawkins' gestoßen ist, dem Tenorsaxofon zu, seinem Sprachrohr.

Schon 1949 wirkt er an einer Plattenaufnahme mit und schließt sich der kreativen New Yorker Jazzszene an. 1951 spielt er seine erste Single "I Know" ein, die zusammen mit Miles Davis entsteht, der allerdings nicht Trompete in dem Stück spielt, sondern dem Saxofonisten am Klavier begleitet. Bereits in der Nummer hört man Rollins' griffige, stark akzentuierte Spielweise gut heraus. Diese Spielweise ist harmonisch vom Bebop inspiriert. Jedoch sind die Linien stärker rhythmisiert. Außerdem besitzt der US-Amerikaner in dieser Nummer schon seinen zwingend kraftvollen Sound, den er seine gesamte Karriere lang bewahrt.

Zu der Zeit bemüht er sich musikalisch um eine warme Geschlossenheit, die in den späteren Jahren einer gewissen Schärfe und Kernigkeit weicht. Anfang der 50er-Jahre beginnt seine Zusammenarbeit mit Pianist Thelonious Monk und Drummer Max Roach, die auch später auf seinen eigenen Alben zu hören sind. Zudem schließt er sich um diese Zeit kurzzeitig dem Quintett von Miles Davis an.

Unter eigenem Namen tritt er Mitte der 50er auf, nachdem er die Heroinsucht besiegt hat. Er nimmt zahlreiche Platten für verschiedene Labels auf. Auf dem 1956er-Album "Saxophone Colossus" befindet sich sein bekanntester Track, der Calypso "St. Thomas". Bei dem Stück handelt es sich um ein englisches Volkslied, das auf den Jungferninseln als Kinderlied gesungen wird und das er sich selbst zu eigen macht, um daraus einen ganzen Ohrwurm zu stricken. Zudem verzichtet 'Newk', wie sein Spitzname lautet, um diese Zeit auf ein Harmonieinstrument, womit zumeist das Klavier gemeint ist. Durch die Harmonien leitet er mit seinem Spiel selbst, wie "Way Out West" von 1957 verdeutlicht. Dabei arbeitet er die Struktur der Nummern und die Akkordzusammenhänge immer klar heraus, spielt dabei aber ungemein fantasievoll.

Im selben Jahr trifft er sich mit der späteren Free Jazz-Ikone Ornette Coleman, um gemeinsam zu jammen und steht zum ersten Mal in der Carnegie Hall auf der Bühne. Der als "boss of the tenors" bezeichnete Saxofonist befindet sich auf dem Zenit seines künstlerischen Schaffens. 1958 folgt mit "Freedom Suite" ein musikalisches politisches Statement. Ab 1959 zieht sich Rollins für zwei Jahre zurück. "Ich wollte an meiner Phrasierung arbeiten, mich mehr in die Harmonielehre hineinknien und selbst auch ein besserer Mensch werden", sagt er später dem Jazzchronisten Stanley Crouch. "Und ich wollte schlicht raus aus dieser Jazzatmosphäre, die von Zigarrettenrauch, Alkohol und Drogen verpestet war."

So begibt er sich des Öfteren auf die Williamsburg Bridge, die Manhattan und Brooklyn verbindet, um, umgeben von Verkehrslärm, an einem Fußgängerüberweg zu üben. Zudem schwört er den Zigaretten ab und widmet sich dem Yoga zu. Seit 2017 setzt sich eine Initiative dafür ein, dass die Brücke in Sonny Rollins Bridge umbenannt wird. 'Newks' Rückkehr auf den Brettern, die die Welt bedeuten, fällt triumphal aus. So schreibt die New York Times: "Rollins ist nicht einfach zurück, er ist eine Erscheinung." In den Folgejahren zementiert dies der New Yorker, der für seine eigensinnigen Auftritte berüchtigt ist, weiter. 1962 entsteht mit "The Bridge" ein weiterer Meilenstein des Jazzs.

In den Folgjahren öffnet sich der US-Amerikaner der freien Improvisation, hält aber auch an Musikern aus dem klassischen Jazz-Kontext fest. Er spielt Platten mit dem Free- und Ethno-Jazz beeinflussten Trompeter Don Cherry und seinem Vorbild Coleman Hawkins ein. Außerdem komponiert er die Filmmusik für "Alfie", wofür er eine Grammy-Nominierung erhält. Ende der 60er-Jahre zieht er sich erneut für kurze Zeit zurück, um in Japan Zen-Buddhismus zu studieren und in Indien Yoga zu praktizieren. Zu der Zeit spielt er mit dem Gedanken, ganz die Musik an den Nagel zu hängen, doch seine Lehrer können ihn davon überzeugen, dass Musik sein spiritueller Weg ist.

So unterzeichnet er 1972 bei Milestone Records einen Plattenvertrag, den er erst 34 Jahre später auflöst. In den drei Jahrzehnten veröffentlicht er eine Vielzahl an Alben, die er mit unterschiedlichen Musikern wie Jack DeJohnette, Stanley Clarke, Ron Carter oder McCoy Tyner realisiert. Auf den Scheiben nähert er sich dem Fusion-Jazz an, experimentiert mit diversen Stilen und greift auch mal zum Sopran-Saxofon. Er entwickelt sich zum für Festivalveranstalter teuersten Saxofonisten der Welt und gilt laut Reklams Jazzlexikon seit den 90er-Jahren vielen "als der letzte große Event der Jazzgeschichte".

2001 gewinnt er für das Album "This Is What I Do" seinen ersten Grammy. 2004 erhält er einen Grammy für sein Lebenswerk, dem in den Folgejahren noch weitere Trophäen folgen. Im selben Jahr stirbt seine Frau und Managerin Lucille, die sich jahrzehntelang um seine Plattenverträge und Auftritte gekümmert hatte. Nach seiner Trauerzeit gründet er mit Doxy Records eine eigene Produktionsfirma.

2012 spielt er sein letztes Konzert, 2014 gibt er aufgrund einer Lungenerkrankung das Saxofonspiel komplett auf. Trotzdem denkt Sonny Rollins nicht daran, sich auf's Altenteil zu setzen: Er postet aktiv in sozialen Netzwerken, gratuliert andere Jazz-Musiker zu Jubiläen, verweist auf besondere Ereignisse der Jazzhistorie und äußert sich im Juni 2020 in der Zeitung The New Yorker kritisch über die politische Lage in den USA und über seine persönliche Situation. So ist er auch im hohen Alter noch ganz nah bei seinen Fans.

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