laut.de-Kritik

Entwaffnend schön: Mit Vollgas gegen die Depression.

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Ganz behutsam, fast schon unauffällig hatten sich die Stars vor zwei Jahren in unsere Gehörgänge geschlichen. "Set Yourself On Fire" erwies sich nicht nur aufgrund ihres Hits "Ageless Beauty" als einer der Lieblinge des Jahres 2005. Nun also "In Our Bedroom After The War". Warum tendiert man eigentlich immer zum Zweifel? Wird es ihnen noch einmal gelingen? Können sie das toppen?

Genau drei Minuten und 36 Sekunden dauert es, bis die Stars jegliche Zweifel mit einem Ton zerstreuen. Der wunderschöne, quasi instrumentale Opener "The Beginning After The End" bannt die Aufmerksamkeit und kanalisiert sie in das am Ende stehende Zitat, das den Albumtitel enthält. Ein flauschig weicher Synthieteppich legt sich unter die liebliche Stimme von Amy Millan, die den Beginn der Nacht verkündet. Es entwickelt sich ein steinerweichend schöner Zwiegesang mit Frontmann Torquil Campbell.

Wenn bei einer Minute und 16 Sekunden dann der Beat einsetzt, ist der Hörer den Stars verfallen. Besser kann ein Album nicht beginnen - "The Night Starts Here" muss einer der Songs des Jahres werden. Es folgt die nicht minder mitreißende Single "Take Me To The Riot", und schon ist man bereit, dem Quintett aus Montreal alles zu gewähren. Wenn der Refrain den Song explodieren lässt, und Torquil fordert "Take me to the riot and let me stay", da möchte man Haus, Auto und Familie verkaufen, nur um dieses Gefühl immer spüren zu können.

Über den sexy Groove der Siebziger-Discoschmonzetten-Imitation "My Favourite Book" führt die Reise durch das Nachkriegsschlafzimmer der Stars zum dringlich vorgetragenen "Midnight Coward". Ganz vorzüglich mischen die Kanadier hier feinsten Indiepop mit dezenten elektronischen Spielereien. Und über allem thront das Sängerpaar Torquil und Amy. Zwei Stimmen, die sich vielleicht nicht gesucht, aber auf jeden Fall gefunden haben. Lieblicher gehts nimmer.

Das lässige "Genova Heights" lässt aufhorchen: "In Our Bedroom After The War" klingt alles andere als aus einem Guss, aber genau das macht die Platte interessant. Langeweile kommt nicht auf, und man hat trotzdem nie das Gefühl, hier passe etwas nicht zusammen. Das melancholische "Personal" handelt von einsamen Menschen, die sich per Kontaktanzeige suchen und sich doch nicht finden. Die Liebe in den Zeiten des Internets ist auch nicht einfacher geworden. Low key bleibts auch mit "Barricade" - Torquil lässt sich nur von Klavier und einer Harmonika begleiten. Schrieb ich schon, dass dieses Album wunderwunderschön ist?

In der Folge ist Amy in höchsten Höhen solo dran, "Bitches In Tokyo" führt die Stars stilsicher aus der Melancholie-Falle heraus: Mit Vollgas gegen die Depression. Da darf dann auch mal gehobelt werden, und hier und dort fallen ein paar Noise-Späne. Das sind jedoch nur ganz kurze Ausbrüche, im großen und ganzen stört nichts das Bild von der Indiepop-Band, die weiß, wie sie effektvoll elektronische Unterstützung einsetzt. Die weiß, wie sie das konzertierte Laut-Leise-Spiel für sich und im Sinne des Hörers entscheidet.

So gerät die gesamte Platte, nicht zuletzt dank des abschließenden Titeltracks, entwaffnend schön. Kein guter Mensch wird etwas gegen die Stars einwenden können, denn ihre Musik ist genau das, was jeder Mensch braucht: Das Hustenbonbon im kratzenden Hals, der Honig im Tee, die Wollsocke am frierenden Fuß.

Trackliste

  1. 1. Beginning After the End
  2. 2. Night Starts Here
  3. 3. Take Me to the Riot
  4. 4. My Favourite Book
  5. 5. Midnight Coward
  6. 6. Ghost of Genova Heights
  7. 7. Personal
  8. 8. Barricade
  9. 9. Window Bird
  10. 10. Bitches in Tokyo
  11. 11. Life 2: The Unhappy Ending
  12. 12. Today Will Be Better, I Swear!
  13. 13. In Our Bedroom After the War

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