laut.de-Biographie
The Byrds
The Byrds gehören neben Bob Dylan, den Beatles und Beach Boys zu den Pop-Pionieren zu Beginn der Rock'n'Roll-Ära. Noch heute inspiriert ihr Sound zahlreiche Musiker und berühmte Künstler. Tom Petty erlebt sie zum ersten Mal, als er an einem Sonntagmorgen "Mr. Tambourine Man" im Radio hört. Wir schreiben das Jahr 1965, in dem der R'n'R entdeckt wird. Es ist das Blütejahr der Beatles, als sie rasant an die Spitze gelangen und schon einige Zeit später etliche englische Gruppen ihnen vorbildlich folgen: The Kinks, The Zombies, Rolling Stones. England ist schon damals die Hochburg fantastischer Bands.
The Byrds kommen allerdings aus Amerika und passen dennoch musikalisch so wunderbar in diese 60er Bewegung. Hierbei handelt es sich um kein One-Hit Wonder. Ursprünglich kommen sie aus dem Countryrock-Umfeld. Später vereinen sie Elemente von Coltrane, Dylan, Country, Beatles, Psychedelic, Folk und Bluegrass.
Roger McGuinn ("We were pioneers - with arrows in our backs.") steht im Mittelpunkt dieser stürmischen Popformation. 1942 kommt er als James Joseph McGuinn III in Chicago zur Welt. Seinen Namen ändert er in Roger, nachdem ein indischer Guru ihm 1967 dazu rät. Er spielt mehrere Instrumente und macht einige Erfahrungen in verschiedenen Bands. Dabei bewegt er sich vorwiegend in der Folk-Szene. Weitere Byrds Mitglieder sind Gene Clark, der 1944 in Missouri das Licht der Welt erblickt. Bereits in der Kindheit verfolgt er die Country- und Bluegrass-Musik, später wechselt er zum Folk. Im Alter von 14 Jahren verkauft er seinen ersten Song. 1964 zieht er nach L.A. und trifft dort in einem Club auf McGuinn. Beide entdecken schnell ihre Vorliebe für die Beatles und gründen eine Band. Zunächst als Duo. Später gesellt sich David Crosby dazu. In der Kindheit verhält er sich schon rebellisch und kommt früh mit dem Gesetz in Konflikt, aber die Folkmusik zieht ihn bald in die richtigen Bahnen. Mit Roger und Clark findet er die richtigen Freunde.
Manager und Produzent Jim Dickson gründet mit seinem Partner Eddie Tickner eine eigene Firma, Tickson Music, und kümmert sich um das talentierte Trio, das sich zunächst Jet Set nennt. Jetzt fehlt nur noch ein Schlagzeuger, den sie mit Michael Clarke finden, der schon als Kind auf alles herum trommelt, was ihm in den Weg kommt. Um den Rhythmus perfekt zu machen, kommt Chris Hillmann dazu, der sonst ein begnadeter Mandolinenspieler ist, bei Jet Set aber den Bass bedienen soll, da Crosby nicht wirklich mit diesem Instrument zurecht kommt. (Jim Dickson: "Chris had a way of playing mandolin that was deferential to vocals.")
Im Herbst 1964 erscheint die erste Single "Please Let Me Love You", die nicht allzu gut beim Publikum ankommt. Um der Gruppe einen gewissen englischen Charme zu verleihen, ändern sie ihren Namen in Beefeaters. Beefeater ist übrigens ein nicht so ernstgemeinter Name für die Torwächter des Tower of London.
Die elektrische zwölfsaitige Rickenbacker fusioniert prächtig mit Mundharmonika und Tambourin. Diese Kombination verändert den straighten Weg des Rock'n'Roll. Hinter den Sonnenbrillen, Pilzköpfen und schwarzen Boots stecken Musiker, die mit Herz und Seele dabei sind. Heute können sich viele eine Musiklandschaft ohne die Byrds gar nicht mehr vorstellen - zählen sie doch zu den ersten Gruppen überhaupt, die akustisch gespielten Folk rebellisch mit elektrisch verstärkten Instrumenten spielen. Allerdings bedarf es anfangs vieler Streiterein und Proben, bis der einprägsame Sound der Band charakteristisch und populär wird.
Ende 1964 bekommen die Nachwuchstalente beim Columbia-Label einen Plattenvertrag. Gene Clark schreibt die meisten Songs. Ein neuer Name ist fällig. Sie entscheiden sich für Birds, was im Englischen Vögel oder aber auch junge Mädchen heißt. Um jegliche Zweideutigkeit zu vermeiden ändern die Jungs das "i" in ein "y" und The Byrds sind geboren. Manager Dickson macht eines Tages den Vorschlag, Bob Dylans "Mr. Tambourine Man" zu covern. Fast alle sind zunächst dagegen, bis zum Tag, als der Sänger persönlich im Studio auftaucht. (Chris Hillman:" He'd come out on stage with his tambourine, and it was like Prince Valiant coming to save the maiden.")
Sie nehmen den Song im Januar 1965 auf, als B-Seite kommt auf die Single "I Knew I'd Want You", eine Komposition von Gene Clark. Es dauert nicht lange, und das Coverstück gelangt in die Charts. Von nun an sind The Byrds die angesagteste amerikanische Popband. Ihre außerordentlichen Live-Fähigkeiten stellen sie als Support der Rolling Stones unter Beweis. Von da an kommt der Stein mehr und mehr ins Rollen. Gene Clark: "You had such an incredible mix of personalities that when you put them together, there was magic."
Bereits einige Monate später erscheint das Debütalbum "Mr. Tambourine Man". Die zweite Single, ebenfalls eine Dylan-Komposition, "All I Really Want To Do" schafft es diesmal nur auf Platz 40. Danach beginnt der Nervenkrieg. Die Jungs gehen auf große USA-Tour, kurze Zeit später müssen sie auch in England trotz gesundheitlicher Beschwerden ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Hier sieht das Publikum die "amerikanische Antwort auf die Beatles" allerdings eher gelassen, die Presse schreibt vorwiegend negative Kritiken. The Byrds sind nun mal nicht die Beatles. Das muntert das Gemüt der jungen Popband nicht gerade auf.
Die dritte Single "Turn! Turn! Turn!" erreicht im Oktober 65 wieder Platz Eins der Billboard Charts, allerdings hängt innerhalb der Band der Haussegen mächtig schief. Stress und Druck der Plattenfirma führen immer wieder zu Streiterein und sogar Handgreiflichkeiten bei den schrillen Vögeln. David Crosby ist dabei der Anführer, der sich musikalisch gegenüber den Haupt-Songschreibern Roger McGuinn und Gene Clark schon immer zurückgesetzt fühlt.
Der Folk-Rock tritt mehr in den Hintergrund, so wird bald der Mentor Bob Dylan ausgewechselt und ein Hauch von Indien rückt in ihre Musik; Sitar Klänge statt 12-Saiter führen dazu, dass die Byrds immer öfter mit dem Begriff Raga-Rock in Verbindung gebracht werden. Ravi Shankar und John Coltrane reihen sich, neben den Fab Four, in die Lieblingsliste der Amerikaner. Der ewige Stress mit seinen Mitmusikern und die wachsende Flugangst beendet Gene Clarks Beziehung zu den Byrds. Anfang 1966 verlässt er die randalierenden Streithähne.
Mit "Fifth Dimension" veröffentlichen sie im Juli 1966 ihr erstes psychedelisches Popalbum, als Inspiration gilt hier vor allem der regelmäßige Konsum von Cannabis und LSD. Die daraus vorab im März veröffentlichte Single "Eight Miles High" gilt für einige Kritiker als der erste Psychedelic Rock Hit der Geschichte. Das prägnante Viertonmotiv von John Coltranes Stück "India" dient als improvisatorische Basis im Songwriting. McGuinn versucht dabei die Spielweise Coltranes "auf der zwölfsaitigen [Rickenbacker] zu emulieren." In den USA wird der Song wegen Gebrauchs des Wortes "high" von den Radiostationen auf eine Bannliste gesetzt - obwohl die Band im Text zu "Eight Miles High" lediglich ihren ersten transatlantischen Flug nach London reflektiert.
Zu dieser Zeit befindet sich die Hippie-Bewegung auf ihren Höhepunkt und in der Band kriselt es weiter. Vor allem Crosby und McGuinn bekriegen sich und draußen wächst die Konkurrenz mit Gruppen wie The Mamas & The Papas und den Monkees. Eine harte Zeit steht für die Byrds an. Der Zerfall innerhalb der Truppe zeichnet sich deutlich in der Zeit von 1966-1973 ab. Mehr als siebenmal verändert sich die Bandbesetzung, selten sind so viele verschiedene Alben einer Popband erschienen.
1967 steigt auch David Crosby aus und schließt sich der Folk-Rock Gruppe Buffalo Springfield an, wo sich schon Neil Young, Graham Nash und Stephen Stills sehr wohl fühlen. Die Byrds entdecken nun lange Haare, Country und Nashville. McGuinn schließt sich einer bizarren indischen Religion an, die ihn beschwört, sich Roger statt Jim zu nennen. "So You Wanna Be A Rock & Roll Star" schafft es nur knapp in die Top 20. Von da an wird an die gute alte Zeit angeknüpft und das Dylan Songbook erneut rausgekramt. Und wie schon am Anfang wird "My Back Pages" ein Top-Erfolg. Als es The Byrds nicht mehr in der Urbesetzung gibt, erscheint 1968 mit "The Notorious Byrd Brothers" ein Album, das heutzutage zu den besten Country Psychedelia-Veröffentlichungen überhaupt zählt.
1968 vereinen sich Gram Parsons und Roger McGuinn und entdecken ihre Leidenschaft zur Countrymusik. The Byrds leben weiter, auch live mit großen Erfolgen. Wechselnde Country-Musiker begleiten sie dabei. Doch das Glück währt nicht lange. Gram Parsons und nun auch Chris Hillman flüchten vor McGuinn, um fortan mit The Flying Burrito Brothers auf Konzertreisen zu gehen. Roger ist davon nicht sonderlich beeindruckt, hat er doch schon öfter einen Austausch innerhalb der Band erlebt. Drogengetränkt zieht er sein Ding durch und findet schnell musikalische Ersatzkumpels. Für das Roadmovie "Easy Rider" schreibt er mit einer Textvorlage von Bob Dylan den Song "Ballad Of Easy Rider". Der Film gelangt 1968 zum Welterfolg. Wieder ein Volltreffer für die Byrds.
Die nachfolgenden Alben, wie "Byrdmaniax" und "Farther Along" von 1971 werden immer schwächer. 1973 löst McGuinn die Byrds erstmals auf, allerdings mit dem Hintergedanken, die 64er Original-Besetzung für eine Reunion ins Studio zu holen. Das Comeback mit Crosby, Hillman, Clark, Clarke und McGuinn verkauft sich gut, allerdings zerreißt die Presse weltweit die kümmerliche Zusammenfügung und schon bald widmen sich alle wieder anderen Projekten. 1990 treffen sich erneut McGuinn, David Crosby und Chris Hillman zu einer kurzlebigen Byrds-Reunion, die aber immerhin zu vier neuen Studioaufnahmen und einem Live-Tribute Konzert für Roy Orbison führt. Bob Dylan durfte dabei natürlich nicht fehlen.
Ein Prozess um den Namen The Byrds zieht sich hin. Die zwei anderen Gründungsmitglieder, Gene Clark und Michael Clarke sollen nicht mehr als The Byrds auf Tour gehen dürfen. McGuinn, Crosby und Hillman verlieren allerdings vor Gericht, Michael Clarke beansprucht den Namen bis zu seinem Tod im Jahre 1992. Das letzte gemeinsame und einigermaßen friedliche Zusammentreffen der fünf Original-Vögel findet 1991 anlässlich der Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall Of Fame statt.
Eine bewegende Bandgeschichte. 2006 erleben wir die Sechzigerjahre noch einmal mit einer besonders schönen Sonderausgabe. "There Is A Season" erzählt die musikalische Entwicklung der Byrds auf vier CDs mit insgesamt 99 Tracks, zuzüglich einer DVD mit bisher unveröffentlichten TV-Auftritten aus den Jahren 1965-1967. Das beiliegende Heft dokumentiert mit zahlreichen Bildern und Kommentaren ausführlich die Geschichte der Band. Ein Muss für alle Fans und ein wunderbares Geschenk für die nachwachsende Fan-Generation. "Turn! Turn! Turn! - To Everything There Is A Season".
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