laut.de-Biographie
The Clash
Obwohl sich The Clash erst nach dem Besuch eines Sex Pistols-Auftritts 1976 gründen, zählen sie schnell zur Speerspitze der aufkommenden englischen Punkbewegung. Was sie dabei von den Pistols unterscheidet, ist die Musik, die Punkrock experimentell mit Discosound, Reggae und etlichen anderen Stilen vereint. Während es Johnny Rotten und Co. vor allem um Provokation geht, sprechen The Clash ernste, politische Themen an, die sie in aufrührerischem und unbändigem Rock'n'Roll umsetzen.
Joe Strummer spielt zu dem Zeitpunkt noch bei den 101ers. Paul Simonon und Mick Jones rocken im Verbund mit dem späteren Generation X-Mann Tony James bereits in der Prä-Clash-Band London SS zusammen, die einen Rock-Sound im Stile der Faces mit rauhen Tönen anschlagen. Im Sommer des Jahres 1976 eröffnen The Clash bereits für die Pistols in London, damals noch in der Besetzung Strummer, Jones, Keith Levene (Gitarre), Paul Simonon (Bass) und Terry Chimes (Drums). Levene ist schnell wieder draußen, auch Drummer Chimes, für ihn kommt Topper Headon. Mit Bernard "Bernie" Rhodes, einem Freund Malcolm McLarens, als Manager gehen sie Ende '76 auf ihre "Anarchy"-Tour, bevor im April 1977 das erste Album "The Clash" erscheint.
Sowohl Arbeiterkind Jones als auch der Diplomatensohn Strummer hatten zu diesem Zeitpunkt bereits viel Stress mit Londons Polizei, wodurch ihre Mischung aus Wut und Rebellion alles andere als aufgesetzt in aggressiven Zwei-Minuten-Songs gebündelt wird. Im Frühjahr 1977 schlägt der Song "White Riot" sowie das Debütalbum in die Charts ein, die gleichnamige Tour mit den Support-Bands The Jam und Buzzcocks gerät zum Triumphzug. In Amerika wird "The Clash" zur meistverkauftesten Importplatte aller Zeiten, da die US-Firma das Album aus Mangel an Single-Kandidaten nicht veröffentlicht. Im selben Jahr nehmen The Clash den Song "Complete Control" zusammen mit Reggae-Legende Lee 'Scratch' Perry auf.
Das Outlaw-Image zementieren kleinere Vandalismus-Delikte, Headon und Simonon werden u.a. wegen dem Beschuss auf Renntauben mit Luftgewehren verurteilt. Mit zunehmendem sozialen Engagement ("Rock against Racism"-Festivals) zeigen The Clash zusammen mit Ska-Bands wie den Specials politisch deutlich Flagge. Im Sommer '78 erscheint die Single "(White Man) In Hammersmith Palais" sowie das zweite Album "Give Em Enough Rope", das in den englischen Charts bis auf Rang 2 stürmt. In Amerika löst es erste Begeisterungsstürme aus; der richtige Durchbruch sollte Clash jedoch erst 1982 gelingen.
Mit dem Erscheinen des revolutionären Doppelalbums "London Calling" 1979 demonstrieren The Clash ihre musikalische Vielfältigkeit und ihr politisches Engagement zugleich: mit der Wut der Arbeiterklasse rebellieren sie gegen das Establishment. Die Melange aus Reggae, Ska, Rockabilly und wildem Punkrock ist ein Meilenstein des Genres. Auf ihre zweite US-Tour nehmen The Clash amerikanische R&B-Legenden wie Bo Diddley, Sam & Dave, Lee Dorsey und Screamin' Jay Hawkins mit, was das wachsende Interesse der Band an amerikanischem Rock'n'Roll verdeutlicht.
Mit "Sandinista!" erscheint ein Jahr später gar ein opulentes Dreifachalbum, das dem Bandsound noch Elemente aus Dub, Gospel und Rap hinzufügt. Als logische Folge ist das 36 Songs starke Manifest eine unzusammenhängende Sammlung, die auch unfertige Songs und Instrumentals mit ein bezieht. Dennoch findet man darauf die Clash-Hits "Police On My Back", "Somebody Got Murdered" und "The Call-Up". Erstmals verkauft sich mit "Sandinista!" eine Clash-Platte in Amerika besser als in England.
Nach einer recht erfolgreichen Welttournee folgt das Album "Combat Rock", das die harten Fans verstört und endgültig auf die Kommerzschiene einbiegt. An den Drums sitzt mittlerweile wieder Ex-Drummer Chimes. Mit dem Rocker "Should I Stay Or Should I Go" und dem New Wave angehauchten "Rock The Casbah" hat das Album zwei veritable Hitsingles am Start, die die Verkaufszahlen in obere Regionen pushen. Auf der Tour mit The Who werden Strummer und Anhang jedoch meist von der Bühne gebuht.
Die Glanzzeit der Band verschwimmt nun allmählich. Ein erneuter Besetzungswechsel an den Drums (neu: Pete Howard) und der Rauswurf von Gründungsmitglied Mick Jones wegen angeblicher ideologischer Uneinigkeiten sind der Anfang vom Ende der Punk-Heroen. Mit den neuen Mitgliedern Vince White und Nick Sheppard tourt Strummer 1984 durch Europa und Amerika und veröffentlicht ein Jahr später das Album "Cut The Crap", das Strummer und Simonon im Nachhinein am liebsten einstampfen würden. Bei der Kritik fällt es 1985 total durch.
Anschließend geht die Band getrennte Wege. Simonon gründet Ende der 80er die Band Havana 3 A.M. und widmet sich bald danach ausgiebig der Malerei. Erst 2006 überredet ihn Blur-Sänger Damon Albarn, bei dem Projekt The Good, The Bad And The Queen mitzuwirken.
Jones spielt ab 1984 für einige Jahre in der Band Big Audio Dynamite, danach bleibt es weitgehend still um ihn, bis er 2002 das Debütalbum der Libertines produziert. Auch beim Nachfolgewerk sowie dem Babyshambles-Debüt steht er hinter den Reglern. 2002 gründet er mit dem alten London SS-Kumpel Tony James das Duo Carbon/Silicon.
Sänger Strummer veröffentlicht 1989 das Soloalbum "Earthquake Weather" und tritt in einigen Filmen auf (u.a. in Jim Jarmuschs "Mystery Train"). Nach dem zweiten Solowerk "Rock Art And The X-Ray Style" von 1999 gründet er zur Jahrhundertwende die Band Joe Strummer & The Mescaleros, mit denen er drei Alben veröffentlicht.
Trotz sich hartnäckig haltender Gerüchte um eine Wiedervereinigung, die auch von der Sex Pistols-Reunion Mitte der 90er genährt werden, bleibt es still um die Ausnahmeband. Und still wird es leider auch bleiben, denn kurz vor Weihnachten 2002 stirbt Bandleader und Sänger Joe Strummer an Herzversagen. Sein Tod zerstört alle Hoffnungen auf eine Reunion der Kultband, die anlässlich der Aufnahme in die Rock And Roll Hall Of Fame im Jahr 2003 erstmals nach 17 Jahren möglich schien.
Dafür erscheint im Frühjahr desselben Jahres mit "The Ultimate Collection" eine erneute Clash-Huldigung auf zwei CDs, die für alle Zu spät-Geborenen ein Muss darstellt. Und wie es im digitalen Zeitalter so ist, taucht immer wieder mal was neues auf. Im Herbst 2008 erscheint mit "Live At Shea Stadium" ein Mitschnitt der 1982er US-Tour mit The Who. Dass die angeblich lange verschollene Aufnahme auch noch die nötige Qualität besitzt, ist ein Glücksfall. So behält man Legenden gerne in Erinnerung.
Ähnlich ergeht es Strummers Witwe Lucinda Mellor, die ein Musikarchiv mit unveröffentlichten Songs und Skizzen entdeckt. Die Sichtung dauert dann weitere elf Jahre, bis mit "001" die Werkschau veröffentlicht wird. Für Clash-Fans ist 2022 ein besonderes Jahr: Es jährt sich Strummers 20. Todestag sowie der 40. Geburtstag des Albums "Combat Rock". Mit einer ausführlichen Special Edition der Platte wird noch einmal an diesen besonderen Moment ihrer Karriere erinnert.
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