laut.de-Kritik
Shareef don't like it: Das furiose Finale vor dem großen Knall.
Review von Michael Schuh"Somewhere in my soul, there's always Rock'n'Roll": Die Zeile aus einem Mescaleros-Song steht sinnbildlich für den rastlosen Punkrocker Joe Strummer. So sehr seine Karriere von musikalischer Wandelbarkeit geprägt war, das Fundament blieb für Joe immer gleich. Die Zeile wäre ihm im Jahr 1982 wohl dennoch nicht so leicht von der Hand gegangen, als das The Clash-Album "Combat Rock" in die Läden kam. Eingeengt vom Punk-Korsett versuchten sich Strummer, Paul Simonon, Mick Jones und Topper Headon schon mit dem sperrigen Stil-Overkill "Sandinista!" auf Doppelalbum-Länge zwei Jahre zuvor von sämtlichen Erwartungshaltungen freizuschwimmen. Rock'n'Roll? Punk? Danke nein, wir führen Reggae, Jazz, Disco und Dub, bedienen Sie sich.
Sony Music erinnert mit dem Fan-Paket "Combat Rock + The People's Hall" 40 Jahre später noch einmal an das wahrlich gelungene fünfte und überhaupt letzte nennenswerte Album der legendären Band. Ihr drittes Album "London Calling" definierte eine Ära, "Combat Rock" eroberte die Charts und killte die Band, auch wenn sich Drummer Headon gewählter ausdrückte: "Wir kreierten gemeinsam diese großartige Musik und implodierten dann auf dem Höhepunkt". Dies trifft zunächst mal vor allem auf ihn selbst zu, denn vier Tage vor Veröffentlichung der Platte wirft ihn Strummer wegen seiner Heroinsucht aus der Band.
Es sollte dem Sänger bald dämmern, dass er hier falsch lag. Headons Nachfolger (und einstiger Vorgänger) Terry Chimes hielt es auch nur zwölf Monate in der Band aus, bevor sogar noch Gitarrist Jones die Knute spürte. Viele Jahre nach der Auflösung wurde Strummer nicht müde, den Fehler ausschließlich bei sich zu suchen und zu betonen, dass man die Chemie einer Band um jeden Preis erhalten und persönliche Führungsambitionen zurückstellen müsse. Er habe dies bei The Clash "auf sehr bittere Weise" lernen müssen. Aus solchen Zitaten speisten sich die schönsten Reunion-Fan-Träume, die aber nie erfüllt wurden.
Dass mit "Rock The Casbah" den aus kommerzieller Sicht populärsten Song der Briten ausgerechnet der heroingebeutelte Schlagzeuger (in weniger als 30 Minuten!) geschrieben hat, ist in diesem Kontext mehr als nur eine tragische Pointe. Die Lyrics des Anti-Fanatismus-Manifests stammen selbstverständlich von Strummer, der hier über die Kulturrevolution Ajatollah Khomeinis im Iran spottet, die westliche Rockmusik untersagt. Dies bleibt allerdings eine Interpretation des Hörers, die Strummer mit eingestreuten arabischen und persischen Begriffen heraufbeschwört. Als der König die Bombardierung der Ungläubigen befiehlt, ignorieren die Piloten den Befehl und drehen lieber Rockmusik auf, während die Bevölkerung am Boden begeistert die Kasbah rockt. Shareef don't like it!
"Combat Rock" ist ein letztes furioses Aufbäumen dieser begnadeten Band, gleichzeitig aber auch ein Epigramm des Niedergangs: Vom an die School of 1977 erinnernden Protestsong "Know Your Rights" bis zur jazzigen Damon-Albarn-Balladen-Blaupause "Death Is A Star" springen sie hier noch ein letztes Mal sämtlichen Erwartungshaltungen mit Doc Martens voraus ins Gesicht.
Die Qualität bleibt dabei auf altbekannt hohem Niveau, man höre nur das in Richtung Hip Hop schielende "Red Angel Dragnet", wo Strummer fast wie Rocksteady-Preacher Prince Buster die Kommandos rausblökt, während Headon und Simonon gemeinsam an neuer Dub-Perfektion schmieden. Oder natürlich "Straight To Hell": Aus dem federnden Bossanova-Beat heraus bespuckt Strummer alle GIs, die in Vietnam Frauen schwängerten und sich dann aus dem Staub machten. Überhaupt merkt man anhand einiger Vietnam-Lines ("Sean Flynn"), dass Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" nachhaltigen Eindruck bei den Musikern hinterlassen haben muss.
Man schämt sich zwar ein bisschen, wenn man bei den Anfangsakkorden von "Straight To Hell" heutzutage an M.I.A.s "Paper Planes" denkt anstatt ans Original, doch bleibt es wohl das beste Beispiel für die anhaltende Strahlkraft von The Clash. Und Hand aufs Herz, liebe Boomer: Wer kaufte 1991 seine 501 nicht wegen "Should I Stay Or Should I Go"?
Die Platte startet mit Strummers berühmtem Sarkasmus: "This is a public service announcement - with guitars" zu Headons Stakkato-Drums. Seine Stimme überschlägt sich im Furor seiner gebellten Statements, die sich als Aufschrei für die Bürgerrechte der Armen und Unterprivilegierten verstehen: "Know your rights, all three of them / Number one, you have the right not to be killed / Murder Is a crime, unless it was done by a policeman or an aristocrat / Know your rights". Getreu nach Strummers Motto: The future is unwritten - also schreibt man sie besser gleich selbst.
Die erwähnten zwei Super-Hits stellen den Rest von "Combat Rock" in den Schatten, zumal man die anderen Tracks sonst auch nie auf Best-Of-Compilations antrifft. Im Falle des relaxten "Car Jamming" natürlich ein Jammer. Auch "Overpowered By Funk" baut auf den virulenten Jam-Charakter der Scheibe und einmal mehr auf Simonons hohe Bass-Kunst. Sein Funk-Verständnis reicht nicht nur zur Not, sondern bildet hier die Grundlage für die Raps der New Yorker Graffiti-Legende Futura 2000. Näher kam der Clash-Sound Pionieren wie Grandmaster Flash nie. Apropos Big Apple: Sogar den Beat-Poeten Allen Ginsberg überreden sie für einen Spoken Word-Auftritt in "Ghetto Defendant".
Die 40th Anniversary Edition der 3-fach-LP beinhaltet nicht nur ein ausnahmsweise stilvolles Bandposter der überirdisch gut aussehenden Rockband, sondern mit "The People's Hall" auch einen nur teilweise schon veröffentlichten Livemitschnitt aus London Ende 1981. Hier kann man The Clash beiwohnen, wie sie sich für die Albumaufnahmen warmspielen. Nach einer 17-Show-Residency in New York kommt die Band tight und eingespielt rüber. Neben dem unveröffentlichten Instrumental "He Who Dares Or Is Tired" trifft man auf die noch aktuelle Single "Radio Clash", eine stürmische Version von "Know Your Rights", das melancholisch-wavige "Midnight To Stevens" und eine ausgedehnte Version von "Futura 2000" mit ebenjenem Künstler. Genug zu entdecken also, auch wenn Meister Strummer, angesprochen auf den insgesamt besten The-Clash-Moment, kurz und knapp antwortete: "'Rock The Casbah'. Es hat diesen Groove."
4 Kommentare mit 16 Antworten
Shareef hasst dieses Album.
Ich bin mit Indy, Alternative, Rock und Punk aufgewachsen. Aber das nervt mich einfach nur.
Ich bin auch mit Indy aufgewachsen. Finde Teil 1 und 3 am besten. Tempel des Todes ist ok und Teil 4 ist kacke. The Clash mag ich trotzdem.
Ja, Indiana Jones bester Film
Junioooor!
Temple of Doom freilich der mit Abstand beste Teil, sollte klar sein.
Okay... Den Kommentaren nach habt ihr ganz offensichtlich alle eben nur noch nicht verstanden, was Kingdom of the Crystal Skull so viel besser macht als alle Indy-Teile vor und mutmaßlich auch nach ihm.
Laut Shia LaBeouf ist das in erster Linie Shia LaBeouf, obwohl er ja wirklich nichts unversucht ließ nach Abschluss der Dreharbeiten, dass es trotz brillantem Drehbuch gleichermaßen für alle Figuren und dem unzweifelhaft besten aller bisherigen Indy-Manuskripte überhaupt im fertigen Werk nicht ganz so deutlich fürs Publikum durchschlägt, wie makellos er tatsächlich alle anderen schauspielenden Personen am Set in den Abgrund des Franchise gespielt hat.
Daher: Deal with it.
Bei solch geballter Intelligenz und Schlagfertigkeit in den Kommentarspalten bin ich mir sicher, wir werden Klimaschutz, Weltfrieden und die anderen wichtigen Herausforderungen unserer Zeit mit Leichtigkeit lösen. Hervorragend!
Korrekt, immmerhin haben wir St. Ragi an Bord, der weiß für alle Probleme ne Lösung.
Indy neu casten, dann werden wir in 30 Jahren absehen können, ob "Temple Of Doom" sich durch den in "Tomb of Harry Houdini" erweiterten Canon als eigentlich bester Film offenbart.
Kennt ihr die Fernsehfilme über den jungen Indy? Unbedingt auschecken!
@Schwingster Temple of Doom hat ne richtig geile Abenteuerfilmatmosphäre. Allerdings auch die 2 nervigsten Sidekicks aller Indyfilme. Ich finde es eh ein wenig merkwürdig, dass er eigentlich nie alleine unterwegs ist.
@Pseudologe keine Ahnung was du sagen willst.
@Tandeki hier bitte, ein Taschentuch.
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Mal ernsthaft - "Temple Of Doom" ist echt unterschätzt. Ja, Lucas war zu der Zeit durch seine Scheidung offensichtlich besonders misogyn drauf. Andererseits halt auch extrem düster und brutal. Durch Spielbergs Versuche, außerden noch mit Humor entgegenzusteuern, ist der Streifen aber auch der interessanteste, unvorhersehbarste Teil.
Technisch gesehen ist "Last Crusade" der beste der Reihe, aber der zweite Teil hat den Film in meiner super interessanten und aufschlußreichen Bestenliste mittlerweile auf den dritten Platz verdrängt - wodurch tatsächlich jeder Film chronologisch immer schlechter wurde. Faszinierend!
Teil 3 > Teil 1 > Teil 2
Die Existenz des "4. Teils" ist lediglich Teil der russischen Propaganda die unsere Wertegemeinschaft vergiften soll.
Ich beantrage hiermit die Löschung von 95% aller Posts unter diesem Review, da sie nichts mit dem Inhalt der Rezi zu tun haben. Das finde ich frech und eine enorme Zeitverschwendung für den interessierten Leser.
der immer saubere Ulle
Bitte umgehend Selbstlöschung einleiten um so sauber zu bleiben, dass du auch in Zukunft (jedoch dort dann nur noch noch in der Erinnerung einiger weniger) als sauber genug giltst um zu deinem selbstgewählten usernamen authentisch aufleben zu können. Denn wer so tief in der Matschgrube planscht wie du hier hat üblicherweise auch ganz schnell einiges von dem ständig umher geworfenen Dreck an sich selbst kleben, ganz abgesehen davon, dass du so wie du dich hier zeigst eh viel zu sauber rüberkommst um legitim The Clash hören zu dürfen, hm? Danke.
Ist mein Auftritt hier denn so dreckig ?
Zu sauber um in der vorgegebenen Fanatisierung des an dieser Stelle vorgestellten Musikkulturguts ernst genommen werden zu können und viel zu sauber um derartige Anträge wie in deinem OP formulieren zu dürfen.
Hat wirklich gute Singles, trotzdem bin ich mit dem Album selbst nie warm geworden.