laut.de-Biographie
Twice
Es ist gar nicht so selten, dass eine Gruppe oder eine Band eine ganze Weile ackern muss, bis sie es nach ganz oben schafft. Dass Alben über Alben floppen, die Fans mühselig über Jahre zusammengeklaubt werden müssen und nur die wenigsten wirklich an den Durchbruch glauben, der eventuell nach Jahren stattfindet. Twice ist nicht diese Gruppe. Twice ist die koreanische Girlgroup, die nicht nur alle vor ihnen komplett überrundet. Es ist auch die Girlgroup, die lachhaft wenig Zeit dafür gebraucht hat.
Kann unter anderem daran liegen, dass sie mit JYP aus einem der besten Ställe für koreanische Popmusik stammen. Die haben in der Vergangenheit schon Miss A und die Wonder Girls an den Start gebracht und deswegen auch relativ große Erwartungen hinterlassen, wie eine neue Gruppe dieses Labels so aussehen könnte. Um hohen Erwartungen gerecht zu werden, gab es deshalb eine Show.
Skepsis, die hier beim deutschen Leser aufkommt, sei verziehen, denn hierzulande fällt es schwerer, eine Casting-Show als Grundlage für einen vernünftigen Musik-Act ernst zu nehmen. Aber was auch immer es ist, das sie da in Ostasien tun, sie haben den Dreh verdammt raus, auf diesem Wege die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vielleicht ist es die Tatsache, dass an Stelle von übersingenden Dorfatzen hier ohnehin schon ausgebildete und talentierte Idols in die Competition geschickt werden.
So gingen bei "Sixteen" - drei mal darf man raten – sechzehn Idols in einer Eliminations-Show ins Rennen, am Ende jeder Folge wird ein Teilnehmer geschmissen, bis nur noch sieben übrig bleiben. Lief ganz gut, bis JYP am Ende der Show beschloss, darauf zu pfeifen, und zwei Mitglieder aus der Traufe zurückholte, weil die Chefs sie für zu talentiert hielten, um ohne sie zu starten. Twice debütiert dann folgerichtig mit neun Mitgliedern. Und die hören auf die Namen Nayeon, Dahyun, Chaeyoung, Tzuyu, Jeongyeon, Sana, Momo, Jihyo und Mina.
Keine Sorge, die sind auf Anhieb nicht klausurrelevant. Wichtiger ist eher der Sound, der aus der Konstillation hervorgeht. Es ist quintessentieller K-Pop. Ein Amalgam aus den effektivsten Kniffen aus Synth-, Electro- und Dance-Pop und ganz viel, ganz schlimmem Cutesi-Zuckerguss. Ihre ersten Hits sind dementsprechend harter Tobak für Menschen, die ihre Musik gerne etwas ernster mögen. Es ist "Call Me Maybe"-Level an Girliness, die sich auf "TT" oder "Cheer Up" darbieten. Aber Korea liebt es – und bereits ihre Debütsingle gewinnt dort den Song des Jahres.
Eine Erfolgssträhne, die nicht abreißen soll. Über die folgenden Jahre wird alles zu Gold, was diese neun Damen berühren. Essentielle Songs wären "Likey", "Dance The Night Away", "What Is Love?" und "Yes Or Yes". Ihr Album "Twicetagram" macht Nummern, alles was sie tun, macht Nummern. Sie gewinnen Song des Jahres aus dem Stand sagenhafte drei Jahre am Stück. 2019 wandelt das Image sich ein wenig, weg vom zuckersüß, hin zum etwas Eleganteren, etwas Selbstbestimmteren. Mit "Fancy You" und "Feel Special" gibt es zwei Mini-Alben, die Dance größer schreiben und alles in allem etwas erwachsener klingen.
Man muss eine essentielle Frage stellen, bevor man sich wirklich mit dem Material von Twice auseinandersetzt. Was ist denn das verdammte Problem, mädchenhaft zu sein? In einem Lindsay Ellis-Essay ging es 2018 darum, warum die Popkultur für Teenagerinnen immer am inbrünstigsten gehasst wird. All die Boybands, die Twilights, die High School Musicals sind aus Obligation Objekte so vehementen popkulturellen Gegenwinds geworden. Aber diese Haltung hilft niemandem. Also, warum nicht auch diesem Vibe mal eine Chance geben? Gibt man sich nämlich einen Ruck, gibt es musikalisch an den Songs von Twice nämlich überhaupt nichts zu rütteln.