laut.de-Kritik
Mit geballten Fäusten und sterilem Punkrock gegen die Masse.
Review von Kai ButterweckKaum wandert die neue Scheibe der Terrorgruppe ins heimische CD-Regal, liegt bereits das nächste Punkrock-Album auf dem Tisch. Statt eines grinsenden Affens präsentiert sich ein tätowierter Oberkörper in schlichtem Schwarzweiß.
Auch musikalisch geht es hier anders zur Sache. Aber wen wundert's? Die Urheber von "Hand Aufs Herz" kennen die kunterbunten Archivgeschichten aus Kreuzberg schließlich nur vom Hörensagen. Spätestens seit dem Erfolg von Frei.Wild nimmt so manch Brixener Rentner sicherheitshalber ein paar Ohrenschützer mit, wenn es in aller Früh zum Bäcker um die Ecke geht. Nicht selten schallt aus den Jugendzimmern rebellisches Getöse der Marke Unantastbar durch die Gassen. Und daran wird sich in naher Zukunft auch nichts ändern, denn die Mannen um Frontmann Joggle Bergmeister machen auf "Hand Aufs Herz" genau dort weiter, wo sie vor zwei Jahren mit ihrem Top-20-Werk "Fluch Und Segen" aufgehört haben: Aufgeplusterter High Tech-Punkrock mit Fankurvenchören im Verbund mit Texten aus dem Miesepeter-Archiv.
Das alles natürlich mit der Fahne des Widerstands in den Händen. Was wollt ihr alle? Wer seid ihr eigentlich? Und gemeinsam rammen wir euch sowieso ungespitzt in den Boden. Die Botschaften sind alles andere als neu. Mit viel Pathos im Gepäck geht es mit geballten Fäusten gegen die Masse. Und immer wieder grüßen die Onkelz aus der Nachbarschaft.
Im Gegensatz zu ihren Fankfurter Heroen setzen Unantastbar jedoch mehr auf fein arrangiertes, melodisches Tiki-Taka als auf das Modell Brechstange. Sicher, die Gitarrenwände knallen ordentlich. Auch die Drums und der Bass wummern amtlich. Aber dreckig klingt definitiv anders.
Aufgepumpt wie Arnies Brustkorb zu Conan-Zeiten braust der klinisch sterile Mitgröl-Punk in Richtung Stadion. Dort warten die Jünger schon mit erhobenen Mittelfingern. Songtitel wie "Ihr Könnt Mich Alle Mal", "Wir Sind Eins", "Solange Unser Herz Noch Schlägt" und "Noch Einmal – Scheissegal" sprechen Bände.
Wer sich in seinem eigenen gesellschaftlichen Dunstkreis unverstanden und gemobbt fühlt, der zieht hier mit, ballt die Faust und hängt an Bergmeisters Lippen wie ein sabbernder Nackt-Fetischist am Schlüppizipfel von Micaela Schäfer. Der Rest hingen winkt müde ab.
1 Kommentar mit einer Antwort
sollten sich in "unanhörbar" umtaufen.
Mit dem Album "Finger in Hals".