laut.de-Biographie
Voodoo Jürgens
Liedermacher David Öllerer porträtiert Außenseiter, Gestrauchelte und zwielichtige Gestalten zwischen Größenwahn, Schnaps und Gosse. Weil er das seit Anfang 2015 als Voodoo Jürgens in Urwiener Dialekt tut, gilt er zum Zeitpunkt des Debütalbums2016 als eine der großen Hoffnungen des Austropops.
Deshalb überzeugt sein Freund Pete Doherty die Veranstalter in der Wiener Stadthalle, Voodoo Jürgens als seine Vorband zu buchen. Noch etwas wohler fühlt Öllerer sich aber in den bodenständig-trinkfesten Wiener Kneipen. Dort tritt er zu Beginn seiner Voodoo-Karriere mit Anfang 30 vorzugsweise auf. Denn obwohl Jürgens vor allem vom österreichischen Jugendsender FM4 gefördert wird und dadurch ein relativ hippes Austropop-Publikum anzieht, performt er seine spelunkigen Unterschichtsdramen vorzugsweise vor älteren Semestern. "Wenn dir ein 60-Jähriger nach dem Konzert gratuliert, fühlt sich das einfach tiefer und wahrhafter an", erklärt der Musiker.
Musik spielt für Öllerer lange vor Voodoo Jürgens eine zentrale Rolle. Nach einer fragwürdigen Schullaufbahn und abgebrochener Tischlerlehre gründet er in den Nullerjahren die Schrammelpunk-Formation Die Eternias. Geschlagene zehn Jahre rackert sich die Band von Konzert zu Konzert ab, investiert das kleine eigene Geld in die Karriere und muss doch einsehen, dass es zum Ruhm niemals reicht. 2014 ist Schluss.
Da hat Öllerer, der aus dem niederösterreichischen Tulln stammt und in Wien lebt, eine Tochter im Grundschulalter, einen Vater mit dereinstigem Gefängnisaufenthalt und reichlich Geschichten aus der Zwischenwelt auf Lager. Drum schnappt er sich die Wandergitarre und beginnt, diese Geschichten in ein LoFi-Schlagerschnapsgewand zu kleiden. Während die Mehrheit der deutschsprachigen Popwelt von den Lyrics nur Auszüge mitbekommt, begeistert Jürgens im Clip zu "Heite Grob Ma Tote Aus" mit einer heimorgeligen Mischung aus morbide, sperrig, volltrunken und 70er-Vintage.
Ein Vokuhila-tragender Sänger mit schwerer Goldkette lässt dort ostentativ den Wiener Zuhältertypen raushängen, so wie auch das Albumcover des Lotterlabel-Debüts "Ansa Woar" reichlich Milieustudie ist. Ein kneipenseliger Gescheiterten-Stammtisch ist auch jenes Album, das schon im Titel aus dem Augenzwinkern kaum herauskommt: Als "Einserware" lässt sich der schnapsleiernde Dialekt verhochdeutschen. Nicht nur den Wiener Popfans, auch den Austropopstars Wanda gefällt das. Sie featuren Voodoo Jürgens 2016 in ihrem Video zu "Gib Mir Alles". Außerdem kommt er beim Wanda-Management unter.
Die Songs der LP-Premiere entstehen übrigens alle innerhalb von nur drei Monaten. "Ich hab Lieder versucht zu machen, die zeitlos sind. Die hätten vielleicht in den 70ern funktioniert, aber heute eben auch." Ein Vorbild sieht Voodoo Jürgens weniger im verstorbenen Schlagerstar Udo Jürgens, sondern mehr in Wolfgang Ambros. Aber auch alte Folkhelden vom Schlage eines Dylan lassen ihn nicht kalt. Derweil stammt der Künstlername angeblich von einem Togo-Voodoomarkt-Besuch seiner Eltern, infolgedessen er mithilfe pulverisierter Löwenhoden gezeugt wurde. Alles leiwand also.
Das Album landet auf Platz 1 der österreichischen Charts und stößt auch in Schweiz und Deutschland auf offene Ohren. Endlich dort angekommen, wo er vermutlich seit Beginn seiner Karriere als Musiker sein wollte, lässt sich Öllerer anschließend Zeit, um den Nachfolger an den Start zu bringen. "'S klane Glücksspiel' ist in erster Linie ein Glücksfall - gleichermaßen für den Künstler, seine Band, sein Team und vor allem für die Fans. Drei Jahre ließ sich Voodoo für die Platte Zeit, formte und kreierte die Songs nicht mehr alleine, sondern mit seiner etablierten Band, der Ansa Panier, und ließ sich nicht stressen. Ein Luxus, der mit einem Majorlabel im Hintergrund so nicht möglich gewesen wäre und der nun die kreativen Früchte trägt. Das Album ist noch ausgereifter, verspielter, stellenweise auch mutiger", zitiert Jürgens eine Besprechung auf seiner Facebook-Seite.
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