laut.de-Kritik

Die Discokugel des Erasure-Sängers dreht sich unablässig.

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2025 geht in die Geschichte als das Jahr des doppelten Andy Bell-Soloalbums ein. Im Februar legte der Ride- und Oasis-Bell mit "Pinball Wanderer" vor. Jetzt folgt der Erasure-Bell mit dem dritten Solowerk "Ten Crowns". Seine erste Veröffentlichung ohne Vince Clarke seit 15 Jahren.

Vom ersten Moment an stellt der Erasure-Sänger klar, dass man gar nicht erst durcheinander kommen kann: Musikalisch regieren Dance-Pop, Disco und Energie. Wie eine Discokugel dreht sich der mittlerweile 61-Jährige schillernd durch die zehn Songs. Fans seines Hauptwohnsitzes Erasure brauchen sich dennoch nicht zu sorgen. Die Arbeiten am nächsten Longplayer mit Clarke haben längst begonnen.

An dessen Stelle tritt auf "Ten Crowns" der Grammy-prämierte Produzent, Remixer und DJ Dave Audé. Gemeinsam machten sie sich auf nach Nashville und nahmen zum Glück kein Country-Album auf. Dem Ergebnis fehlen zwar die Nuancen und die Verletzlichkeit der eleganten Vince Clarke-Konstruktionen. Dafür entsteht in "Breaking Thru The Interstellar" vom ersten Ton an ein energievoller Song.

Von Beginn an gibt "Ten Crowns" alles, um als Bells Cher-Longplayer durchzugehen. Inklusive Autotune. Dennoch dürften Erasure-Fans nur wenig Mühe haben, sich nach kurzen Anpassungsschwierigkeiten zuhause zu fühlen. Vor allem trägt aber Bells Leidenschaft und seine trotz manch gar nicht so freudestrahlendem Text allgegenwärtige, ansteckende Lebensfreude durch das Werk.

Lässt man sich erst mal auf den etwas ungewohnten Sound ein, versteckt sich hinter dem Opener "Breaking Thru The Interstellar" eine kleine Out Of Space-Hymne. Im beschwingten "Lies So Deep" bekommt Bell vom stimmgewaltigen "America's Got Talent"-Star Sarah Potenza Unterstützung, die einen ganzen Schwung Soul in die Nummer bringt. Ihr Name mag weniger bekannt sein, doch hinterlässt sie deutlich mehr Eindruck als Blondie-Legende Debbie Harry in "Heart's A Liar". Zwar bleibt der Track dank wehmütig-wohligem Refrain schnell hängen, doch bleiben sich die beiden Stimmen über den gesamten Zeitraum fremd.

In "Dance For Mercy" tanzt Bell dem Tod trotzig auf der Nase herum, dem er bisher trotz HIV-Erkrankung, trotz kürzlichem Herzinfarkt und anderen Situationen, in dem er ihm nahe kam, immer wieder von der Schippe sprang. "Don't Cha Know" führt dezent noch mal zurück zu "Blue Savannah".

Leider verliert sich das Album in der zweiten Hälfte etwas. Das geschwätzige "Dawn Of Heaven's Gate" will mit den parallel zum Gesang laufenden Spoken Words einfach zu viel und steht sich damit selbst im Weg. Da hilft auch das schöne "Diamonds Are Forever"-Zitat nicht. "Godspell" trampelt theatralisch zu einer dämlichen "Godspell / Godspeed / God is good / God is Love / Love is the runnig towards"-Hook voran.

Trotz der Schwächen klingt "Ten Crowns" nach großem Jahrmarkt. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Die meisten Attraktionen haben ihre besten Jahre schon hinter sich, aber so lange es noch genug Zuckerwatte und Lebkuchenherzen gibt, ist alles in Ordnung.

Trackliste

  1. 1. Breaking Thru The Interstellar
  2. 2. Lies So Deep
  3. 3. Heart's A Liar
  4. 4. For Today
  5. 5. Dance For Mercy
  6. 6. Don't Cha Know
  7. 7. Dawn Of Heaven's Gate
  8. 8. Godspell
  9. 9. Put Your Empathy On Ice
  10. 10. Thank You

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