laut.de-Biographie
Cassidy
"Split Personality" - der Titel seines Debüts lässt tief blicken. Mindestens drei Seelen wohnen in Cassidys Brust. Da man diese schlecht voneinander trennen kann, müssen sich wohl alle gemeinsam in Haft begeben. Obwohl für die Schießerei, bei der im April 2005 ein Mann ums Leben kam, am ehesten "Tha Problem" verantwortlich zu machen ist.
Der Werdegang von Cassidy a.k.a. Tha Problem a.k.a. Barry Reese nimmt im Philadelphia der frühen 80er Jahre seinen Anfang. Zumindest der Letztgenannte wird hier geboren, und beginnt um 1996 zunehmend häufiger zum Mikrofon zu greifen. Der Hip Hop wird ihm quasi in die Wiege gelegt. Beide Eltern sind Rap-besessen, Cassidys Vater bringt selbst eine Single heraus, die immerhin den Sprung ins Lokalradio schafft.
"Ich habe mein ganzes Leben lang Reime geschrieben", so Cassidy im Interview. Für Studiozeit fehlt das Geld und auch mit dem Aufnehmen von Mixtapes gibt sich Cassidy zunächst kaum ab. Er konzentriert sich auf die Straße und erwirbt sich wachsenden Ruhm als Battlerapper. Ohne Rücksicht auf Verluste legt sich Cassidy mit jedem an - und triumphiert. Besonders tief ins Gedächtnis der Fans fräst sich dabei die Auseinandersetzung mit Roc-a-Fella-Mitglied Freeway. Noch Jahre später brüstet sich Cassidy damit, nie eine Schlacht verloren zu haben.
Aus einer Zufallsbekanntschaft erwächst Cassidys Kontakt zur Ruff Ryders-Familie: Er lernt seinen späteren Manager Terrence Dean kennen, dieser lädt ihn nach New York ein. Cassidy folgt dem Ruf und nimmt gleich noch zwei Kollegen ins Gepäck, mit denen gemeinsam er die Crew Larsiny bildet. Terrence stellt Cassidy seinen Brüdern Dee und Wah Dean vor; diese nehmen Larsiny bei Ruff Ryders unter Vertrag. Auf der zweiten und dritten Ausgabe der "Ryde Or Die"-Labelcompilations treten Larsiny in Erscheinung, zur Veröffentlichung eines eigenen Albums kommt es jedoch nicht.
Cassidy trifft auf Ruff Ryders Hausproduzenten Swizz Beatz, der ihn als Solo-Artist für sein eigenes Label Full Surface Records verpflichtet. Den Druck, als erster Act eines jungen Labels quasi Vorreiter und Zugpferd in einem zu sein, bezeichnet Cassidy als willkommene Herausforderung. Er findet Platz auf "Swizz Beatz Presents G.H.E.T.T.O. Stories" (2002), und nimmt daneben Tracks mit Snoop Dogg und Wyclef Jean auf. 2003 spielt er schließlich (innerhalb lächerlicher viereinhalb Wochen, von denen die meiste Zeit für die Abmischung draufgeht) sein Solo-Debüt "Split Personality" ein; selbstredend obliegt die Produktion Swizz Beatz.
Zufälle scheinen eine große Rolle in Cassidys Karriere zu spielen: An eine Kollaboration mit R. Kelly dachte keiner der beiden, als sie sich in Chicago über den Weg laufen. Aus einem gegenseitigen "Mal kucken, was der andere so macht" entsteht der Track "Hotel", der die erste Singleauskopplung aus "Split Personality" werden soll. "Hotel" schießt im Februar 2004 in die Billboard Top 10, im Mai befindet sich die Nummer bereits in den Hitlisten Großbritanniens unter den ersten fünf sowie in den australischen Top 40. Fans, die Cassidy als Battlerapper kennen, sind von der Single überrascht: Er setzt nicht auf street credibility sondern serviert gleichermaßen mühelos einen chartkompatiblen Hit. Das Album zur Single folgt im März 2004.
Bei "Split Personality" handelt es sich um ein Konzeptalbum, das Cassidys unterschiedliche Facetten zeigt. Der erste Teil gehört "Cassidy", dem Mann der Frauen mit dem Playboy-Image, und enthält die kommerzielleren Tracks mit Nähe zum Pop. "Tha Problem" hält Street- und Battle-Rap dagegen, während "B. Reese" mit Conscious-Lyrics eher für die ernsten Themen zuständig ist. Cassidy hofft, so den Beweis zu führen, dass sich Street-Tracks und Mainstream nicht zwingend ausschließen, er möchte unterschiedliche Gruppen seines Publikums gleichermaßen zufrieden stellen. Die Rechnung geht auf: "Split Personality" erreicht Platz zwei der Billboard-Album-Charts, in den R'n'B-Charts sogar die Spitzenposition. Die zweite Single "Get No Better", zu der Swizz Beatz-Ehefrau Mashonda einen Gesangspart beisteuert, verkauft sich allerdings nicht ganz so gut wie erwartet.
Da Cassidy bei den Aufnahmen zu seinem ersten Album Tracks wie am Fließband produziert, dauert es nicht allzu lange, bis der Nachfolger ansteht: "I'm A Hustla" erscheint in den USA bereits ein gutes Jahr später, im Juni 2005. Zwei Wochen nach dem Release-Termin ist für Cassidy allerdings erst mal Schluss: Er wird in Zusammenhang mit einer Schießerei gesucht. Polizeiangaben zufolge kommt es am 15. April 2005 in Cassidys Nachbarschaft zu einer Streiterei, in deren Verlauf drei Männer das Feuer auf drei weitere, unbewaffnete Herren eröffnen. Ein 22-Jähriger erliegt einem Schuss in den Rücken, die beiden anderen werden verletzt.
Auch Cassidy soll geschossen haben. Um einer Verhaftung zuvor zu kommen, stellt er sich im Juni der Polizei. Die Anklage lautet unter anderem auf unerlaubten Waffenbesitz, versuchten Mord und Mord. Cassidys Anwalt beharrt auf der Unschuld seines Klienten, doch im Januar 2006 wird Cassidy von einem Gericht in Philadelphia wegen fahrlässiger Tötung, Waffenbesitz und schwerer Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Da ihm die Untersuchungshaft angerechnet wird, könnte er binnen weniger Monate wieder auf freiem Fuß sein.
Insgesamt muss Cassidy jedoch für 8 Monate hinter schwedische Gardinen. Im März 2006 wird er entlassen. Der Geläuterte zu AllHipHop.com:
"Ich bin nun geduldiger. Außerdem habe ich eine bessere Beziehung zu Gott und meiner Familie. Ich weiß nun, wer meine wahren Freunde sind. Ich habe so viel von dieser Gefängnisstrafe gelernt. Ich konnte mit mir selbst ins Reine kommen. Kein Alkohol, kein Rauchen und auch keine Parties brachten mich zur inneren Seelenruhe. Ich konnte nun meine Prioritäten setzen, was für ein Künstler ich sein wil."
Cassidy arbeitet auch zusammen mit Swizz Beatz an dem Friedenssong "One Day". Am 9. Dezember wird er ihn zusammen mit Jennifer Lopez, Marc Anthony, Chris Brown, Bone Thugs-N-Harmony and Lyfe Jennings während der Internationalen Friedenskonferenz im Kollosseum in Rom performen.
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