laut.de-Kritik
Der Meister des gefühlvollen Folkrocks ist zurück.
Review von Philipp GässleinEin grandioser orchestraler Klavierauftakt. Panflöten, wilde indianische Trommeln. Eine monumentale stimmgewaltige Ode. Eine aus den tiefsten Abgründen der Seele intonierte Melodie. Eine Geschichte über einen alten Mann, dessen Sohn in den Krieg für die Freiheit zieht. Und die postwendende Antwort des Sohnes darauf - aus einem Massengrab im Wald.
Chris de Burgh ist zurück. Nach Aussetzern wie "Quiet Revolution", die sich in den letzten Jahren leider häuften, treibt einem dieser konzeptionell aufgebaute Anfang von "The Road To Freedom" beinahe schon Tränen in die Augen. Selten hat man den irischen Argentinier so emotional und tieftraurig gehört - als sei es tatsächlich eines seiner Kinder, die da zwischen irgendwelchen gottverlassenen Bäumen vor sich hin rotten.
Auch nach dem fließenden Übergang des Start-Dreierpacks hin zu "The Words I Love You" geht es ganz im Stil von Paul Simon & Art Garfunkel weiter. Leider kommen mit "Songbird" auch böse Vorahnungen angeflogen. Schön ist dieser Nachruf auf die 1996 verstorbene Eva Cassidy ja allemal ... aber sollte de Burgh in Hälfte zwei seines Machwerks Tempo und valiumgeschwängerte Stimme beibehalten wollen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, sich einen Kaffee oder eine Adrenalinspritze zu organisieren.
"Five Past Dreams" geht aber glücklicherweise mit einer netten Akustikgitarre ins Rennen, rettet die Spannungskurve und wird nicht nur aufgrund seiner Textzeile "you're lovely in red" auch inhaltlich als legitimer Nachfolger des Welthits "Lady In Red" von 1982 gehandelt. Auch "Here For You" fügt sich wunderbar in diesen Block wunderschöner Balladen ein.
Was sich de Burgh bei "What You Mean To Me" dachte, und unter welchem Einfluss er beim Schreiben dieses Songs stand, werden wir aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht wohl nie erfahren. Spanische Fiestamusik mit eunuchenhafter Säuselstimme zu verbinden, geht vielleicht nicht immer, hier allerdings gründlichst in die Hose. Schade, denn gleich im nächsten Track beweist er selbst, wie man es besser machen könnte: Mit einer keltisch anmutenden Gitarrenmelodie begleitet er seine Version des Liebeslebens der englischen Königin Elizabeth I. Strange, aber überzeugend, und somit einer der Höhepunkte der Platte.
Während "Journey" irgendwie an einem vorbei zieht, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen, bricht bei "Read My Name" mit Gipsy Kings-Mucke und E-Gitarren Riff auf einmal die Partystimmung los. Die wirkt zwar gut, schießt allerdings völlig am Kontext dieser eher ruhigen, sentimentalen Platte vorbei. Schade!
Dennoch gelingt es Chris de Burgh ein weiteres Mal, seinen Fans zu beweisen, dass er trotz seiner 56 Lenze noch immer nicht ermüdet ist. Mit dem besten Output seit langem behauptet er seine Stellung an der Spitze seines Genres und plant, um das zu verdeutlichen, seine nächste Welttournee. Wenn er es schafft, dieses Niveau beizubehalten, wird es nicht seine letzte sein.
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