laut.de-Kritik
Das Comeback der Schockmeister.
Review von Emil Dröll"Muscle Of Love" (1973) war das letzte gemeinsame Album von Alice Cooper. Was der Sänger heute als seinen eigenen Namen trägt, war damals noch Bandname, nun stehen Alice Cooper in Plural wieder erstmals seit über 50 Jahren zusammen im Studio. Das Album heißt passenderweise "The Revenge Of Alice Cooper" und will an die Vintage-Horror und Shock-Rock-Tage der 70er Jahre anknüpfen.
Nicht nur ein lyrischer Schatten hängt dabei über den Songs, denn Gitarrist Glen Buxton, Originalmitglied, verstarb 1997 im Alter von 49 Jahren. Eine Originalbesetzung ist eigentlich nicht mehr möglich, doch auch hierfür hat die wiedererweckte Alice Cooper-Band eine Überraschung parat.
Produziert wurde wie schon in den frühen Tagen von Langzeitkollaborateur Bob Ezrin. In den 70ern verband die Band unter seiner Leitung Rockmusik mit theatralischen Bühnenshows – Guillotinen, Schlangen, Kunstblut inklusive. Aus dieser Ära stammen Klassiker wie "School's Out", "Billion Dollar Babies" und "Love It To Death". Genau hier macht die neue Platte weiter.
Los geht's 2025 mit "Black Mamba". Nichts steht so sinnbildlich für den Alice Cooper-Frontmann wie die Schlange, die sich fast immer um seinen Hals schlängelt. Cooper singt aus Sicht ebendieser, gruselig theatralisch, gespickt mit ordentlich Wah-Wah-Gitarren-Effekten und Bottleneck. "Ya Ya Ya" trällert Cooper im Refrain, mit langsamem Groove hat dieses Stück echtes Ohrwurmpotential. Storytelling on point, mal singend, mal sprechend erzählend, dazu die Unterstützung von Doors-Gitarrist Robby Krieger.
Was zunächst schlängelt, läuft dann weiter: In "Wild Ones" wird "mit den Wilden gerannt", der Track um einiges schneller, energetischer, rockiger. Mit "Up All Night" geht's Richtung Heavy. Cooper singt und gruselt sich bekanntermaßen durchs Set, aber die Riffs, die Attitüde, die trauen sich hier mehr. "Kill The Flies" wird wieder lyrisch oberflächlich düster: "Ich weiß, dass sie mich alle beobachten / Nur darauf warten, dass ich sterbe". Die Band liefert Rock'n'Roll, der nichts neu aufrollt, was nicht 1970 schon neu war, Shock Rock at it's finest, und das im Jahr 2025.
Mit "Blood On The Sun" nähert sich die Band einem Slash-ähnlichen Gitarrensound, das Solo tritt in spannenden Dialog mit den Backgroundvocals. "Famous Face" erinnert ein wenig an Cameos "Word Up!". In "Money Screams" verschmelzen AC/DCs "Moneytalks" und Metallicas "Master Of Puppets" scheinbar in einer lyrischen Einheit, eine Soft-Rock-Hommage an den bestimmenden Charakter von Geld.
Der "Inter Galactic Vagabond Blues" hält, was er verspricht. Bluesrock mit Mundharmonika, Shred-Gitarre und tanzbarem Groove. Auf "What Happened To You" kommt nun posthum Glen Buxton zum Zug, sein archiviertes Gitarrenspiel bereichert den Song und macht ihn zwar nicht zum Album-Highlight, aber zu einem besonderen Moment. "I Ain't Done Wrong" kulminiert zu einem voll beladenen Bluesrock Statement, das auch fast ohne Gesang gut zurechtkommt. Eine gelungene Hommage an den Yardbirds-Klassiker. Das balladeske und überraschend ernste "See You On The Other Side" bietet den Kontrast.
Als Bonustrack gibt es eine neue Version von "Return Of The Spiders" (1970), die der alten Nummer eine ordentliche Dosis Extra-Rock'n'Roll verpasst – eines der Highlights des Albums. "Titanic Overunderture", ursprünglich ein rein instrumentales Stück von 1969 ("Titanic Overture"), erscheint hier mit Gesang – ein stilvoller Abschluss.
"The Revenge Of Alice Cooper" ist keine bloße Nostalgie-Fahrt, sondern ein gelungenes Revival der Original-Band, mit dem Sound und der Haltung von damals, aber der Produktion und Reife von heute. Die Platte rockt, rauscht, beißt und schockt – ganz so, wie man es sich 2025 wünschen darf.
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