laut.de-Biographie
Dave Matthews Band
In Amerika verzieht keiner eine Miene, wenn die Dave Matthews Band für ein Konzert mal eben Altmeister Neil Young als Support Act engagiert. 1991 von Sänger/Gitarrist Dave Matthews in Virginia gegründet, ist das Alternative Rock-Quintett von der amerikanischen Ostküste längst bis über den südlichsten Winkel Kaliforniens hinaus bekannt. Mit über 30 Millionen verkauften Alben allein in den USA trifft die Bezeichnung "Superstars" hier absolut zu.
Um so kurioser, dass die Band in Europa nicht gerade ins Abendprogramm eines Festivals gebucht würde. Doch Matthews und seine Mitstreiter Carter Beauford (dr), Boyd Tinsley (violine), LeRoi Moore (sax, flute) und Stefan Lessard (b) tourten hierzulande nie so exzessiv, dass eine den Staaten vergleichbare Hysterie hätte heranwachsen können. Im Jahre der Grunge-Explosion trifft Komponist Matthews auf die Jazzer Moore und Beauford, mit denen er erste Demos aufnimmt. Als der damals 16-jährige Basser Lessard und Tinsleys Vorgänger Griesar hinzu stoßen entsteht das Live-Debütalbum (!) "Remember Two Things", das die Band in Eigenregie vertreibt.
Dank des unermüdlichen Einsatzes einiger College Radio-Moderatoren und Live-Auftritten im Tagesrhythmus erfahren die Jungs schnell Szene-Reputation und entern zudem die Indie-Charts. In diesem Stadium outen sich Matthews und Co. als betont fanfreundlich und befürworten das "Show taping" ihrer Konzerte. Mit zunehmendem Bekanntheitsgrad überschwemmen aber zum Ärger der Band unzählige Bootlegs den Markt, so dass sich die Fünf gezwungen sehen, mit Hilfe der staatlichen Behörden einen Gegenangriff zu starten. 1996 geht man in nie da gewesenem Ausmaß gegen alle Plattenhändler vor, die unautorisierte Live-Konzerte vertreiben. Die Hauptargumente für diesen Feldzug begründet die Band in der zumeist üblen Qualität in Kombination mit überteuerten Preisen der Bootlegs, was der Fan mit Sammlerherz allerdings anders sehen könnte.
Wie dem auch sei, der Matthews-Stern steigt unaufhaltsam: 1994 chartet gleich das Major-Longplay-Debut, der Nachfolger von '96 parkt zielstrebig in der Platin-Liga. Die rauen Rockfetzen der Grateful Dead und die Versiertheit eines Paul Simon dienen der Band als Inspiration für ihren recht eingängigen, aber nicht kommerziell ausgerichteten Stilmix. 1997 gibts einen offiziellen Live-Mitschnitt als Doppel-Album, der zur Überraschung aller Beteiligten ohne jeglichen Marketingaufwand Platz drei der Billboard Charts erreicht und erneut Platin einfährt.
Dagegen handelt es sich beim '99er "Live At Luther College" um eine Konzert-Aufnahme der Solotour von Matthews und Gast-Gitarrist Tim Reynolds. Erneut katapultiert die Mundpropaganda der Fanbase die Live-Scheibe in die Top Ten. Mit "Listener Supported" gibts dann wieder einen Mitschnitt der ganzen Band samt Kaufvideo zu erstehen und 2000 tut man das, was man am besten kann: touren. Trotz des maßlosen Hinternabspielens mögen nicht wenige gejubelt haben, als bekannt wird, dass Matthews sich Ende des Jahres entschließt, zur Abwechslung mal wieder ein Studiowerk einzuspielen. Wie man hört, betrat auch The Big Santana deswegen das Aufnahmestudio. "Everyday" heißt das Werk und erscheint in Deutschland im März 2001.
Ein Jahr später bringen die Jungs ihre vierte Live-Scheibe in Umlauf. Diesmal handelt es sich um ein Konzert der '98er Tour, das in Chicago stattfand. Obwohl Auftritte mit seiner Band weiter fester Bestandteil von Matthews' musikalischer Tätigkeit sind, erscheint im November 2003 mit "Some Devil" das erste Album unter eigenem Namen. Es "war zunächst eine Gelegenheit, Songs zu Papier zu bringen, die in der Band nie wirklich bis zur Oberfläche durchgedrungen wären", erklärt er diesen Schritt. 2003 erscheint ein weiterer Live-Mitschnitt: 3CDs und eine DVD halten den Auftritt im New Yorker Central Park fest, der im Rahmen eines Charity-Events für New Yorker Schulen über die Bühne geht.
Damit aber nicht genug, denn bereits ein Jahr später erscheint mit "The Gorge" ein weiteres Live-Tondokument. Wahlweise auf zwei CDs und einer DVD oder sechs CDs (die Band spielt an drei aufeinander folgenden Abenden) erhält der Fan Einblick in die Bühnen-Ferigkeiten der Dave Matthews Band.
Nicht unbedingt positiv in die Schlagzeilen kommen DMB, als ihr Busfahrer die Bord-Toilette auf einer Brücke entleert und die herabfallenden Ausscheidungen die Passagiere eines Ausflugdampfers treffen. Die Folge: Die Band spendet 100.000 Dollar und muss nochmals 200.000 an Strafe nachlegen. Im Herbst 2004 begeben sich die Musiker ins Studio, um mit dem Produzenten Mark Batson ein neues Album einzuspielen. Im Mai 2005 erscheint mit "Stand Up" endlich wieder neues Material. Für das Video zur Single "Dreamgirl" konnten Dave und seine Mannen Schauspielerin Julia Roberts gewinnen.
Das Jahr 2008 bringt für Dave Matthews und Co. einschneidende Veränderungen: Nach zahlreichen internen Querelen und Streitigkeiten entscheidet sich die Band für die Arbeit am siebten regulären Album für eine grundlegend geänderte Herangehensweise. Nur mit Akustik-Gitarren im Gepäck sammelt man neue Ideen und testet und verfeinert die Riffs gemeinsam während ausgedehnter Jam-Sessions. Mit Rob Cavallo gewinnt man zudem eine Produzenten-Ikone, die schon in der Frühphase der Aufnahmen eine wichtige Rolle spielt.
Zudem verlässt der langjährige (Live-)Keyboarder Butch Taylor die Band. Ein Ersatz ist schnell gefunden, bietet sich mit Tim Reynolds ein versierter Gitarrist an, der Matthews bereits in der Vergangenheit bei dessen zahlreichen Akustik- und Solo-Performances unterstützte. Entsprechend dominant wirkt sich die zusätzliche Gitarre auf das Klangbild aus.
Mitte des Jahres 2008 gönnt man sich eine kleine Auszeit vom Studiobetrieb und schiebt ein paar Live-Auftritte in den Terminkalender ein. Nur einer fehlt: LeRoi Moore, der geniale Saxophonist der Band, laboriert an den Folgen eines Quad-Unfalls. Während die Band noch davon ausgeht LeRoi für die anschließenden Live-Verpflichtungen und Studioarbeiten wieder in ihren Kreis aufnehmen zu können, erliegt der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 46-Jährige seinen schweren Verletzungen. Ein Schock, ohne Zweifel, doch sieht die Band gerade im Verlust die Chance ihrem langjährigen Freund ein akustisches Denkmal zu setzen. "Big Whiskey & The Groo Grux King" nennt sich das neueste Mitglied in der Diskographie und erscheint im Juni 2009. Das Album besticht durch das unvergleichliche Zusammenspiel - erstmals fängt man die Magie der Live-Auftritte adäquat im Studio ein - und das stärkste Songwriting der Bandgeschichte.
Verstärkt durch den schon genannten Reynolds und die Brass-Sektion, bestehend aus Jeff Coffin (Saxophon) und Rashawm Ross (Trompete), verlegt sich die Band im weiteren Verlauf des Jahres auf ihre Lieblingsbeschäftigung: Live-spielen. Die Gebete der Fans werden tatsächlich erhört, sind doch für Frühjahr 2010 die ersten Deutschland-Termine seit Jahren angesetzt.
Zwischen den ausgedehnten Konzertreisen findet die Band noch Zeit, um neue Songs zu schreiben. Nach dem überbordenden Meisterwerk von 2009 gehen Matthews und Co. einen Schritt zurück. Auf "Away From The World" (2012) klingt das Sextett reduzierter und versucht auf der B-Seite den Jamrock-Spirit der Live-Shows einzufangen. Da die Alben für Dave Matthews ein perfekter Stichwortgeber für Konzerte abgeben, startet die Band erneut einmal um den Erdball. Mit Visuals und dreistündigen Setlisten im Gepäck geht es 2015 auch wieder nach Deutschland.
2018 löst die Nachricht von Boyd Tinsleys Ausstieg in Fankreisen ein mittelschweres Erdbeben aus. Dieser sieht sich Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt, die so schwer wiegen, dass ihn die Band rauswirft. Einen Monat später erscheint die Platte "Come Tomorrow". Darauf reduziert die Band Tinsleys Beitrag auf ein Minimum und lässt Sessionmusiker die Streicherparts einspielen.
2 Kommentare
So mag ich Rezensionen - und alle Fans so: "Das ist ja total subjektiv!!!"
Wär schön, wenn die Musik näher definiert würde - aus der Rezi ("Testoseron-Rockbomben...) hab ich geschlossen, dass hier eine massenkompatible Rockband der etwas ausgefalleneren Art aufspielt. Hör gerade DMB live in Brixton: Sänger kann nicht singen und verkauft das als Kunst, im Grundsatz schlichte Mucke wird durch durch überkomplexe Arrangements ebenfalls zur "Kunst", auch wenns zwischendurch mal okay ist. Und gerade bemerke ich zufällig, dass das, was da gerade geschlachtet wird, "All Along The Watchtower" sein soll - du liebe Güte. Nee Leute, zieht ruhig weiter den Amis das Geld aus der Tasche, kein Cent mehr von mir!