laut.de-Biographie
Elmer Bernstein
"Menschen, die Musik schreiben, leben in einer anderen Welt – wir müssen in einer anderen Welt sein", sagt Elmer Bernstein 2002 im The Guardian, "Wir brauchen den Raum, um in dieser anderen Welt zu sein. Wenn ein Regisseur diesen Raum einschränkt, wird er nicht das Beste aus dir herausholen. Sie müssen dem Prozess vertrauen." In Hollywood vertrauen sie dem Sohn jüdischer Einwanderer aus der heutigen Ukraine blind. Über ein halbes Jahrhundert steuert der Komponist die Musik zu knapp 200 Filmen bei.
Elmer Bernstein wird im Frühjahr 1922 in New York City geboren. Seine Eltern geben ihm früh einen künstlerischen Berufsweg vor. "Sie haben sich mit betrunkenen Dichtern und Malern aus Greenwich Village umgeben", erzählt er später. Bereits als Kind spielt er eine kleine Rolle am Broadway und nimmt Schauspiel-, Mal-, Tanz- und Klavier-Unterricht. Mit vierzehn Jahren legt er sich auf die Musik fest. Nach Kriegseintritt der USA wird er eingezogen und schreibt während seiner Dienstzeit Musik für das "Armed Forces Radio".
1950 zieht er nach Kalifornien, um als Filmkomponist zu arbeiten. Während die Schauspieler unter großem Konkurrenzdruck leiden, nimmt er Hollywood als "großartigen Club" wahr. "Alle anderen Komponisten waren sehr hilfsbereit, als ich das erste Mal dort war." Bernstein gibt sein Debüt mit dem weitgehend vergessenen "Saturday's Hero". "Robot Monster" bleibt zwei Jahre später hingegen stärker in Erinnerung – als Klassiker des Trash-Films. Große Popularität genießt auch die langlebige Serie "Rauchende Colts", mit der er 1955 erste Western-Luft schnuppert.
Bernstein entwickelt sich früh "zum amerikanischsten aller Filmkomponisten", urteilt später der Tagesspiegel. Bereits sein erstes größeres Projekt sei "losgelöst von der spätromantischen Musiksprache der ersten Filmkomponisten-Generation Hollywoods". Für Otto Premingers Film Noir "Der Mann Mit Dem Goldenen Arm" mit Frank Sinatra entwickelte er einen Soundtrack, der ein klassisches Orchester mit Jazz kombiniert. Eine völlig andere Richtung schlägt er ein Jahr später für den Monumentalfilm "Die Zehn Gebote" ein, für den er zweieinhalb Stunden Musik schreibt.
Es folgen weitere Klassiker des amerikanischen Films. 1960 bringt ihm der Score zu "Die Glorreichen Sieben", einem Western-Remake des Akira-Kurosawa-Werks "Die Sieben Samurai", eine Oscar-Nominierung ein. Ebenso schön wie melancholisch erzählt seine Musik zu "Wer Die Nachtigall Stört" vom Verlust kindlicher Unschuld. Und sein Score für "Gesprengte Ketten" mit Steve McQueen gehört bis heute wegen seines "markanten, patriotischen Marschthemas zu den populärsten Arbeiten" seines Werks, wie Filmmusik2000 berichtet.
Elmer Bernstein setzt sich im Western-Genre fest. Vor allem in Filmen mit John Wayne wie "Die Vier Söhne Der Katie Elder", "Der Marshal", "Big Jake" und "Der Letzte Scharfschütze" erklingen seine Kompositionen. Sein einziger Oscar von insgesamt vierzehn Nominierungen erhält der New Yorker 1968 für das vergleichsweise unbekannte Musical "Modern Millie" mit Julie Andrews. In den 1980ern wechselt er auch ins Komödienfach. So komponiert er etwa die Soundtracks für Ivan Reitmans "Ich Glaub' Mich Knutscht Ein Elch" und "Ghostbusters" mit Bill Murray.
Mit der Regie-Größe Martin Scorsese arbeitet der Komponist erstmals 1991 zusammen. Für "Kap der Angst", einem Remake von "Ein Köder Für Die Bestie", überarbeitet er die Originalmusik von Bernard Herrmann. Bei der Produktion von "Zeit Der Unschuld" und "Bringing Out The Dead" treffen beide erneut aufeinander. Bernstein verleihe einem Film "nicht nur musikalische Muskeln, sondern auch noch Glanz und Anmut", lobt der Regisseur. 2002 schließt sich der Kreis mit seiner letzten Arbeit für "Dem Himmel So Fern", das Todd Haynes als Hommage an das Kino der 50er konzipierte.
"Ich genieße, was ich tue. Jeder Film ist ein neues Abenteuer." Im Sommer 2004 endet seine Reise im kalifornischen Ojai. Er stirbt er im Alter von 82 Jahren an einer Krebserkrankung. In einem seiner letzten Interviews mit dem Fernsehsender NBC schwelgt er noch einmal in Gedanken an seinen musikalischen Kosmos. "Für mich ist Musik eine Möglichkeit, in einer geheimen Welt zu leben. Eine Klangwelt, eine Welt, in der ich Dinge ausdrücke, die mir sehr wichtig sind und die ich vielleicht niemandem sagen möchte."
Noch keine Kommentare