Porträt

laut.de-Biographie

Envy

Japans Musikszene ist für den gemeinen Westler ein wandelndes Klischee. Denn die wenigen Eindrücke, denen tatsächlich der weite Weg bis nach Europa gelingt, gleichen einander häufig sowohl akustisch wie visuell. Meist handelt es sich um naiven J-Pop von schuluniformierten Kindfrauen, die keine Instrumente spielen, dafür aber hübsch lächelnd ihre Songs zum Besten geben dürfen.

Envy - The Fallen Crimson
Envy The Fallen Crimson
Ein Monstrum aus manischer Brutalität und betörender Schönheit.
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Die Rezipientenseite findet Vorurteile bestätigt und gibt sich ob der kaum ernstzunehmenden Anime-Scores amüsiert bis gelangweilt. Kaum erwähnenswert, dass hiesige Schablonen der tatsächlichen Vielfalt des Inselstaats in keinster Weise gerecht werden. Neben unzähligen Rock-, Metal-, Goth- und Noisebands sind es vor allem die fünf Männer von Envy, deren apokalyptischer Screamo landläufigen Japan-Vorstellungen diametral entgegensteht.

Schon seit 1995 kreieren Tetsuya Fukagawa (Gesang, Sequenzer), Nobukata Kawai (Gitarre), Masahiro Tobita (Gitarre), Manabu Nakagawa (Bass) und Dairoku Seki (Drums) Weltuntergänge wie am Fließband. Metallische Gitarrenfontänen nagen darin an Fukagawas gequälten Schreien.

Gemeinsam entfachen sie einen unwiderstehlichen Energiestrudel, zerreißen Erdboden und Himmelzelt zugleich und überwältigen mit schmerzverzerrter Absolutheit. Bis Wut und bodenlose Verzweiflung fast völliger Ruhe weichen. Plötzlich wechselt der Sänger in die Introspektive, verliest vor bleiernem Industrial-Hintergrund japanische Verse, nimmt den Hörer völlig gefangen in seine düstere Endzeitwelt.

Beginnend mit dem 2001er Album "All The Footprints You've Left And The Fear Expecting Ahead" öffnen Envy ihren wuchtigen Hardcore-Sound und reichern diesen mit konterkarierenden, verträumt-epischen Post-Rock-Klangflächen an. Diese Entwicklung hin zum neuen Signature-Sound gipfelt 2006 auf "Insomniac Doze". Melancholische Harmonien, arpeggierte Akkorde und der verstärkte Einsatz von Delays und Reverbs zugunsten einer weiteren, räumlicheren Tiefe prägen seitdem das Klangbild zusätzlich zum gewohnt brachialen Riffing und den markerschütternden Shouts von Sänger Fukagawa. "Wir wurden zu besseren Live-Performern. Gut genug, um uns selbst herauszufordern und uns unseren Instrumenten auf neuen Wegen zu nähern" erklärt der Frontmann die Entwicklung.

Nach den weiteren Alben "Recitation" (2010) und "Atheist's Cornea" (2015) verlässt Fukagawa am 1. April 2016 überraschend die Gruppe und rüttelt damit existentiell am Bandgefüge. Gitarrist Tobita und Drummer Seki werfen ebenfalls die Flinte ins Korn. Fast sieht es so aus, als seien die Tokioter nach 21 Jahren am Ende.

Völlig überraschend verkündet Fukagawa dann am 1. April 2018 seine Rückkehr. Die beiden Gitarristen yOshi, Yoshimitsu Taki und Schlagzeuger Hiroki Watanabe vervollständigen die Band, die seitdem mit drei Gitarristen spielt. Nach diesen Umbrüchen erscheint im November 2018 mit der EP "Alnair in August" das erste Lebenszeichen seit drei Jahren. Im Juni 2019 gastieren Envy gar auf dem Hellfest im französischen Clisson.

Nur ein halbes Jahr später begeben sich die Japaner erneut über den Teich und spielen zum Jahresende eine Europatour mit den aus Bristol kommenden Post-Rock, Hardcore und Black Metal vermischenden Engländern von Svalbard. In Deutschland stehen in diesem Rahmen Auftritte in Köln und Berlin auf der Agenda.

Anfang 2020 veröffentlichen Envy "The Fallen Crimson". Für die Band ist es die erste Studioplatte nach fünf Jahren. Als Headliner der Valley-Stage des Hellfestes führt sie der Weg auch im Sommer 2020 wieder nach Frankreich.

Augenblicke außerordentlicher Intensität, die durch die Alben strömen wie ein ständig über die Ufer tretender Fluss. Auf den Deichen: Brachiale Converge, sphärische Explosions In The Sky und Godspeed You! Black Emperor sowie epische Mogwai (auf deren 2006er Album "Mr. Beast" Fukagawa als Gaststänger die Vocals zum Song "I Chose Horses" beisteuert) zu gleichen Teilen. Und so riesig die Lücke zwischen Europa und Asien auf dem Papier sein mag: Bei Envy existieren weder sprachliche noch emotionale Barrieren.

Konsequenterweise handelt es sich bei den fünf Kulturvermittlern demnach nicht nur um die bekannteste Screamo-Formation Nippons, sondern weltweit auch um eine der Speerspitzen im progressiven Post-Hardcore.

Alben

Surftipps

  • Official Homepage

    Spärliche Infos auf japanisch und englisch.

    http://www.envybandofficial.com/
  • Official Bandcamp

    Musik und Merch.

    https://envy.bandcamp.com/music
  • Official Youtube

    Musikvideos und Trailer.

    https://www.youtube.com/channel/UCgJ0-PVpyUwtSl4nuwfvD8Q/featured
  • Official Facebook

    Social Media-Portal der Tokioter.

    https://de-de.facebook.com/envyOfficial.jpn/
  • Official Twitter

    In aller Kürze.

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    Bilder und Videos.

    https://www.instagram.com/envybandofficial/

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