laut.de-Biographie
Gene Vincent
"Be-Bop-A-Lula" lautet ein Schlachtruf des klassischen Rock'n'Roll, der in Sachen Bekanntheitsgrad auf Augenhöhe mit "Shake, Rattle & Roll" oder "Tutti Frutti" steht. Trotzdem geht dessen Schöpfer Gene Vincent im Vergleich mit beispielsweise Elvis Presley oder Bill Haley als Unbekannter durch. Was nichts an seiner Zugehörigkeit zur Spitzengruppe des Genres ändert.
Gene kommt am 11. Februar 1935 im US-amerikanischen Norfolk in Virginia als Eugene Vincent Craddock zur Welt. Seine Eltern Ezekiah und Mary Louise betreiben einen Einzelhandel. Als Jugendlicher taucht Gene ein in die Sounds von Gospel, Country und Rhythm And Blues. Mit einer von einem Schulkollegen geschenkten Gitarre erarbeitet er sich erste Fertigkeiten an dem ihn später so prägenden Instrument.
Doch zunächst steht nach der Schule der Gang zur US-Navy an. Vincent verpflichtet sich 1952. 1955 kommt es während eines Heimatbesuchs in Norfolk zu einem schweren Motorradunfall, bei dem sein linkes Bein stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Ärzte raten gar zur Amputation, doch Gene entscheidet sich dagegen. Ihm wird eine stützende Metallschiene eingesetzt, dennoch wird er nie wieder schmerzfrei gehen können. Der Unfall beendet sein Dasein als Soldat.
Der vom Schicksal Gebeutelte lässt sich aber nicht hängen und vertieft sich in die Musik. Mit Freunden gründet er die Formation Gene Vincent And His Blue Caps, und absolviert auf Anhieb erfolgreiche Auftritte mit selbstgeschriebenen Songs.
Goldgräberstimmung liegt in der Luft, ein neuer Sound namens Rock'n'Roll schickt sich an, die Musikgeschichte um ein aufregendes Kapitel zu bereichern. Trendscouts sind landesweit unterwegs - innerhalb kurzer Zeit nach dem Start der Band sehen sich Vincent und Mitstreiter 1956 mit einem Plattenvertrag bei Capitol Records ausgestattet.
Gemeinsam mit den Blue Caps kreiert er einen rüden, erdigen Rockabilly-Sound, bei dem Gene mit seiner harten Gitarre und einer metallisch schneidenden, aggressiven Stimme im Vordergrund steht. Am 2. Juni erscheint mit "Woman Love" die erste Single. Die voll einschlägt - doch vor allem dank der B-Seite: die Radiostationen nehmen vor allem "Be-Bop-A-Lula" ins Programm, und verhelfen damit den jungen Musikern zu einem Chartsplatz in den Top Ten.
Zu einem kleinen Abstecher nach Hollywood: In der Komödie "The Girl Can't Help It" (deutscher Titel: "Schlagerpiraten") trägt Gene neben Stars der Zeit wie Little Richard und Fats Domino seinen Smash-Hit vor, was ihn und die Blue Caps endgültig landesweit bekannt macht. Doch eine echte Karriere will trotz guten Songmaterials nicht recht zünden. Den Hauptgrund dafür mögen Vincents recht statische Live-Auftritte liefern. Seine schwere Beinverletzung hindert ihn an einer lebendigeren Bühnenshow. So zeichnet sich in den Staaten trotz Hits wie "Bluejeans Bop" bereits um 1959 herum eine rückläufige Popularität ab.
Inzwischen hat der Rock'n'Roll längst auch Europa im Handstreich genommen - dort findet Gene Vincent als Solo-Sänger in Frankreich und besonders Großbritannien eine neue Fan-Heimat. 1960 siedelt Gene gar komplett nach England über. Er absolviert viel umjubelte Live-Touren, auch im Verbund mit anderen angesagten Musikern. Einer davon ist sein Freund Eddie Cochran, mit dem es 17. April 1960 zu einem tragischen Ereignis kommt.
Vincent, Cochran, seine Freundin Sharon Sheeley und Manager Pat Thomkins sind mit dem Taxi von Bristol Richtung London unterwegs. Ein Reifen platzt, das Fahrzeug prallt gegen einen Laternenpfahl. Andere Insassen beklagen nur kleinere Verletzungen, doch Gene muss monatelang im Krankenhaus behandelt werden. Eddie Cochran erleidet schwere Kopfverletzungen. Im St. Martins Hospital in Bath kämpfen die Ärzte vergeblich um sein Leben: 16 Stunden nach dem Unfall erliegt er am 17. April 1960 seinen Verletzungen.
Von diesem Abend wird sich Gene Vincent nie mehr gänzlich erholen. Seine ohnehin angeschlagene Gesundheit schädigt er in den Folgejahren durch übermäßigen Alkohol-Konsum. Doch die Musik lässt ihn nicht los, er arbeitet hart am Comeback einer Karriere, der das Schicksal zeitlebens zu große Steine in den Weg legt. Das Ende naht am 12. Oktober 1971 im kalifornischen Newhall während eines Besuchs bei seinem Vater. Vincent klagt über Unwohlsein, wird ins Krankenhaus eingeliefert und stirbt an einer Magenblutung.
Heute steht der Name Gene Vincent für ehrlichen, authentischen Rock'n'Roll und Rockabilly aus der wilden Pionierzeit des Genres, angereichert mit vielen Elementen aus Country und schwarzer Musik. Mit dem Song "Gene And Eddy" erweisen Brian Setzer und die Stray Cats Jahrzehnte später ihren tiefen Respekt für die Lebensleistung der beiden viel zu früh gestorbenen Musiker.
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