laut.de-Kritik
Wenn Nostalgie in Ansätzen verpufft.
Review von Jan HassenpflugIn Zeiten, in denen alles im Wandel scheint, sehnen wir uns doch alle nach einer verlässlichen Konstante. Wer braucht schon die nächste Wundertüte? Das haben sich wohl auch Killswitch Engage gedacht und schenken dem Fanherz mit "This Consequence" ein wohliges Zuhause. Zehn neue Songs gegossen in eine altbewährte Rezeptur. Das könnte Nostalgie entfachen, verpufft aber leider allzu oft in Ansätzen.
Fünf Jahre sind vergangenen, seit "Atonement" den zeitlosen Sound der Genre-Pioniere zum letzten Mal erfolgreich konservierte. Fünf Jahre Zeit, um neue bittersüße Hymnen zu schreiben, die oldschooligen Metalcore mal wieder entgegen aller Trends aufleben lassen. Doch diesmal scheitern die Amerikaner zunehmend daran, die Geschichte spannend zu halten.
Gitarrist und Mastermind Adam Dutkiewicz erklärt vor dem Release der neuen Platte, dass sich der Aufnahmeprozess anders gestaltet habe als bisher. Durch die räumliche Trennung der einzelnen Mitglieder über große Distanzen sei man in der Vergangenheit darauf angewiesen gewesen, Songs komplett getrennt voneinander zusammenzuschreiben. Nun bestand die Chance, noch mal ganz konventionell Demos aufzunehmen und von Angesicht zu Angesicht in Proberaum-Atmosphäre an den Ideen zu feilen. Das Ergebnis kommt dafür einigermaßen uninspiriert daher.
Keine Sorge, es gibt Lichtblicke! Ohne Startschwierigkeiten leitet "Abandon Us" energisch ein. Fetzige Leadgitarren und die gewohnt anschmiegsamen Hooks machen zum Einstieg Lust auf eine Reise in die Blütezeit des Metalcore. Wenn es nach "Discordant Nation" geht, darf das gerne ordentlich scheppern: Blast Beats, treibende Shouts und inbrünstige Vocals prägen eine handwerklich starke Umsetzung.
All das sind nette Ansätze, die zwar die Fantasie anregen, für sich betrachtet aber nur wenig Hit-Potenzial offenbaren. Übrig bleibt die ungestillte Sehnsucht nach der alles überstrahlenden Aufbruchsstimmung. Gefühlt wurden "Forever Aligned" und "I Believe" auserkoren, diese endgültig zu transportieren. Dafür spricht der jeweils eingängige Aufbau umsäumt tragenden Melodie. So sehr sich die beiden Tracks anstrengen, jeden Menschen mit Hang zur metallastigen Rockmusik mitzureißen - der Funke will nicht überspringen. Zu abgedroschen schlagen sich die ausgemachten Highlights im Vergleich mit unangefochtenen Perlen aus der älteren und jüngeren Bandgeschichte.
Auffällig, birgt es dennoch stets mehr Potenzial, wenn sich Jesse Leach auf seinen Hang zum hymnenhaften Klargesang besinnt. Instrumental mit ruhigen Soli in Szene gesetzt, sticht "Aftermath" diesbezüglich besonders hervor. Immer dann, wenn sich Analogien zum verwegenen Zweitprojekt Times of Grace aufdrängen, fühlt es sich richtig an.
Wenn dagegen stumpf die Keule geschwungen wird, wenn thrashige Gitarrenarbeit noch mehr Metal verbreiten will, mangelt es an Durchschlagskraft. Hier kommen Kompositionen wie "Where it dies" oder "Broken Glass" einfach viel zu zahnlos rausgepresst daher, um den Standard moderner Metalcore-Produktion mithalten zu können.
Den Vergleich werden Fans des zeitlosen Sounds nur ungern bemühen. Sie werden ihre Helden wieder für die zuverlässige Interpretation von emotionaler Härte zu schätzen wissen und noch dazu die technisch makellose Note honorieren. Und wer weiß: Vielleicht verspricht eben jene stoisch verfolgte Vision den Halt, nach dem wir uns alle sehnen. Dabei wird es auf Dauer trotzdem mehr Mut brauchen, um die Reminiszenzen der guten alten Zeit mit Wiedererkennbarkeit zu versehen und so das eigene Profil zu schärfen.
1 Kommentar
Der große Wurf ist dieses Album tatsächlich nicht, aber ein paar gute Tracks sind schon dabei.
Zwei Punkte finde ich schwach, drei haben sie schon verdient.
Vor allem wenn auf der gleichen Seite, zwar in einem anderen Genre, so ein Kernschrott wie das Ikkimel Album drei Punkte bekommt.