laut.de-Kritik
Weinerliche Sologesänge und finstere Choräle.
Review von Tina LichtschlägerDie Welt des Mystic-Pop, eingebunden in kirchliche Chorgesänge, begleitet von zarten Harfenklängen, kurzen Gitarrensolos und Glockenspielsynthezisern, angeführt von weiblichen Solostimmen: das ist "Times" von der Berliner Band Lesiem.
Den ersten Höreindruck dominiert der kraftvolle Männerchor der Deutschen Oper Berlin, dem im Hintergrund ein leiser Frauenchor zum richtigen Klang verhilft. Abwechselnd sind englische, helle Sologesänge und tiefe, zum Teil etwas düstere lateinische Choräle zu hören. Hin und wieder unterbrechen, wie in "Fides" oder "Patientia", Gitarrensolos das Pathos des breiten Orchesters.
Das Liebeslied "Fides" steigt mit sanften Streichern ein, um dann in den für "Times" typischen Wechsel von Chor und Gesang zu verfallen. Als Solistin konnten die Berliner Maggie Reilly gewinnen, die 1983 mit Mike Oldfields "Moonlight Shadow" zu gewissem Ruhm gekommen war.
"Justitia" überrascht zu Beginn mit einfachen Trommel-Klängen, die bald vom gesamten Orchester unterstützt werden. Der einsetzende Chor wechselt mit dem Solo von Kira, die sich allerdings mit den hohen Passagen eher schwer tut. Ein kleines Klaviersolo erlöst schließlich von den ewigen Chorälen, die hier von Männern und Frauen im Kanon gesungen werden.
Die oft weinerlichen Sologesänge der Solistinnen und die finsteren Choräle gefallen vielleicht der Omi, die selbst noch lateinisch gehaltene Messen erlebt hat. Zwar wecken Songtitel wie "Prudentia (Weisheit)", "Caritas (Liebe)" oder "Justitia (Gerechtigkeit)" hohe Erwartungen, doch weder die musikalische noch die textliche Umsetzung werden den anspruchsvollen Themen auch nur annähernd gerecht. Insgesamt huldigt "Times", darin Michel Cretus Enigma nicht unähnlich, einer billigen Oberflächlichkeit, die im krassem Gegensatz zum Erlösungsanspruch der liturgischen Handlung steht, die hier nur simuliert wird.
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