laut.de-Biographie
Minotaur Shock
David Edwards, der Nerd hinter Minotaur Shock, steht so ziemlich jedem Attribut eines Stars antithetisch gegenüber. Das fängt beim unscheinbaren Äußeren an: Der bebrillte Elektromechaniker aus Bristol trägt vorzugsweise unauffällige Pullover über weißen Hemden und auch das ein oder andere überflüssige Pfund mit sich herum. Kein exaltierter Schaumichan, sondern einer, der im Sommer mit der Familie im Garten grillt und im Winter Schnee schippt.
Außerdem ist Edwards eher der schüchterne Typ. "Ich gehe kaum aus", sagt er über sich. Er sitzt vorzugsweise am heimischen Rechner und bastelt an seiner Musik. Die verzichtet, und hier haben wir Gegensatz Nummer drei, vollkommen auf Poserei. Statt schwer nachvollziehbaren Beat-Frickeleien produziert Minotaur Shock seit der Studienzeit eingängige Instrumentalmusik. Wie ein DJ Shadow für Arme, übrigens seine große Inspiration, durchforstet er Ende der Neunziger die Plattenläden von Swansea.
Irgendwann leiht ihm ein Kommilitone einen Atari und führt ihn in die Welt der digitalen Klänge ein. Statt auf wenige Loops zu vertrauen, versucht Edwards von Beginn an, "die Musik sowohl harmonisch als auch strukturell zu entwickeln". Die Songs entstehen Schicht für Schicht auf dem Fundament seiner Popaffinität.
Zurück in Bristol verschickt er erste Demos an Labels, das frisch aus der Taufe gehobene Melodic beißt letztlich an. In kurzer Zeit veröffentlicht Minotaur Shock zwei EPs ("Bagatelle" und "Motoring Britain"). Die britische Presse verpasst seinem warmen entspannten Sound den Aufdruck Folktronica. Weil Edwards auf Genregrenzen keinen Pfifferling gibt und sein Klanggerüst des Öfteren mit Gitarre, Flöte, Klarinette und sonstigem Zubehör aus dem Analogbaukasten ausfüllt.
Der Weg für die erste Platte ist bereitet. 2001 erscheint das Debüt "Chiff-Chaffs & Willow Warblers". Aus allen Ecken des Landes schallen Edwards für die Mischung aus freundlicher Elektronik und präzisen Akustikmomenten gute bis sehr gute Kritiken entgegen. Mit einer kurzfristig zusammengestellten Band geht es auf Tour, unter den Auftritten ist auch einer als Headliner beim spanischen Sonar Festival.
Nach der "Rockpoolin'"-EP kommt eine Compilation älterer EPs namens "Rinse" auf den Markt. Im Anschluss daran nimmt sich Edwards eine Auszeit, um als Drummer mit seiner Freizeitband Bronze Age Fox an Songs zu schreiben. 2004 bringen die Indie Popper ebenfalls eine Art Best-of-to-date heraus. Edwards macht sich in der Folge um einige Remixe verdient (u.a. für Bloc Party und Badly Drawn Boy), bald führt aber wieder Minotaur Shock die Prioritätenliste an.
Erneut werden jede Menge Schrauben gedreht, Knöpfe gedrückt und Instrumente eingespielt, bis er im Juni 2005 mit fertiger Platte unterm Arm vor die Studiotür tritt. "Maritime" erscheint bei 4AD und setzt, wie der Name schon sagt, als übergeordnetes Konzept aufs Meer. Das Album klingt wieder unverwechselbar nach dem Bristoler Soundtüftler und serviert kleine fiepende Glücklichmacher im Songformat. Sie erzählen voller Melancholie von der letzten Fahrt eines verdienten Ozeankreuzers und von gutenherzigen Schatzsuchern. Herzig, verschroben und typisch wie Edwards eben.
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