laut.de-Biographie
Naomi Shelton & The Gospel Queens
Naomi Shelton wusste es halt schon immer besser. Als die Gleissteller der Musikindustrie im neuen Jahrtausend den Abgesang auf das Albumformat verkünden, gar von einer Zukunft aus Single-Releases und YouTube-Uploads sprechen, fängt sie mit 66 Jahren gerade erst an - nach mehr als 50 Jahren im Musikgeschäft.
Obschon sie seit den ausgehenden 1950ern ganz einfach keinen Langspieler-Bedarf sieht, um als Künstlerin zu bestehen, passiert es 2009 schließlich doch: Gemeinsam mit der Gospel-Gruppe The Gospel Queens veröffentlicht Shelton das LP-Debüt "What Have You Done, My Brother?". Wie der Titel erahnen lässt, lebt ihre Interpretation des schwarzen Soul, Funk und Gospel hier wieder in voller Größe auf.
Mit einem unwahrscheinlich ausdrucksstarken, weil dunklen und rauen Organ ausgestattet, intoniert Shelton sowohl Gospelklassiker als auch eigene Soulstücke. Das Werk erscheint passenderweise beim Vintage-Soul-Label Daptone, wo auch Sharon Jones & The Dap-Kings zum Revival laden.
Wichtiger als die Aufnahme - und damit mutmaßlicher Hauptgrund für Sheltons langjährige Abstinenz von Tonstudios - ist ihr allerdings die Performance. "Ich beziehe meine Energie aus den Leuten", sagt die Soulsister. "I'm into it because it's love." Liveauftritte verleihen ihrer Liebe Ausdruck, dort möchte die gläubige Christin Hoffnung verbreiten.
Sehen kann der geneigte Hörer die gereifte Debütantin auf Veranstaltungen wie Bonnaroo, dem Monterey Jazz Festival, Montreal Pop und beim Ottawa Blues Festival. Dann steht Shelton mit ihren Queens Edna Johnson, Bobbie Jean Gant und Cynthia Langston auf der Bühne, die ihr als Backing-Band den perfekten Resonanzboden bieten.
An der Spitze der Queens steht Pianist Cliff Driver. Den lernt die New Yorkerin mit Wurzeln in Alabama wiederum schon 1963 kennen. Nach Jahren im Baptistenchor zieht Shelton nämlich erst nach Florida, um sich von Otis Redding und anderen Größen der aufkeimenden Soul-Bewegung inspirieren zu lassen, es doch einmal mit säkularem R&B zu probieren.
Zurück in New York wird Cliff Driver, der Arbeiten mit Sam Cooke oder Solomon Burke vorzuweisen hat, ihr musikalischer Mentor - bis er sie 1999, mehr als drei Jahrzehnte später, an die Spitze der Vocalgruppe The Gospel Queens setzt. Nichtsdestotrotz vergeht eine weitere Dekade, bis nach Singles (zum Beispiel mit The Sugarman Three) die Albumpremiere folgt. 2014 legt Shelton nach.
Über die alles überdauernde Karriere hinweg bleibt Naomi Shelton überaus bescheiden. "Mein Beruf ist das Singen. Mein anderer Beruf ist es, rauszugehen und anderen zu helfen, so gut ich kann."
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