Platz 2: Travis Scott - "Utopia"
Es gibt nicht mehr viele Künstler*innen, die im Vorfeld eines Releases noch ein gewisses Grundrauschen erzeugen. Ein neues Album von Travis Scott sorgt aber selbst bei den Metal-Kolleg*innen für ein gewisse Neugier, wie wahrscheinlich Kanye zu Zeiten, bevor der endgültig den dunklen Pfad ins Land der Trolle antrat. Ein Travis Scott-Album ist nun einmal kein gewöhnlicher Release, man erwartet den nächsten Gamechanger, den nächsten Innovationstreiber für Hip Hop und das genreübergreifende Album des Jahres.
Wo noch vor sechs Jahren gar kein Zweifel daran bestand, dass Scott rechtmäßig auf dem Thron Platz nimmt, erhob sich diesmal kurz nach dem Release von "Utopia" einiges Murren. Vielleicht lag es an seiner nicht gerade glücklichen Rolle bei der "Astroworld"-Tragödie von dem Jahr zuvor, als bei seinem chaotischen Konzert in Houston mehrere Menschen starben. Vielleicht zweifelte Travis anfangs noch selbst, denn seine Gästeliste ist beachtlich: Beyoncé, Drake, The Weeknd, Bad Bunny, Kanye West, Future, Pharrell, 21 Savage, Guy-Manuel de Homem-Christoph von Daft Punk und noch zahlreiche weitere namhafte Musiker arbeiteten an diesem Großprojekt, an dem so viele Über-Erwartungen hingen.
Die beste Entscheidung war, dass Travis nicht krampfhaft auf ein weiteres "Sicko Mode" setzte. Der Mann, der Portishead wie auch Prog-Rock gleichermaßen als Einfluss nennt, ging wieder auf große Entdeckungsreise in den Kosmos und brachte Fundstücke wie "Hyeana" mit: ein Sample-Ungeheuer aus Funkadelic und Gentle Giant. Ein sperriger Mittelfinger an die Leute, die nur wegen der Hits nach Utopia wollten.
"Astroworld" war ein euphorisches Vor-Pandemie-Album, dieses "Utopia" klingt gleichermaßen angsteinflößend wie unsere Gegenwart. "Circus Maximus" mit seinen harten Trommeln, dem Vintage-Space-Sound und der The Weeknd-Gegenstimme würde perfekt in den Thunderdome aus "Mad Max" passen. Vielleicht ist "Utopia" nicht mehr der große Paukenschlag von 2018, aber genau richtig für 2023. Genau so wild, schrecklich, beängstigend und bedrückend fühlten sich die letzten Jahre an.
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