Platz 16: Die Nerven - "Wir Waren Hier"
Wer Die Nerven auf ihrer jüngsten Tour miterlebt hat, musste sich wieder verwundert an den Kopf fassen, was da auf der Bühne für eine tighte und perfekt geölte Soundmaschine ihr Unwesen treibt. Im 15. Jahr ihres Bestehens spielt das Trio seit dem Instant Classic "Fake" von 2018 in einer eigenen Noise-Liga, deshalb veröffentlichen sie auch auf Glitterhouse, unter anderem die Heimat von Mudhoney oder Helmet.
"One - two - three - four", brüllt Drummer Kevin Kuhn den Opener "Als Ich Davonlief" ein und rein gehts in die drei bereits vorab und sehr zurecht ausgekoppelten Singles, in denen Max Rieger die diffusen Ängste unserer dystopischen Realität in einen Satz zusammenzudampft: "Auf der Flucht vor der Wirklichkeit ist mir kein Weg zu weit."
Der Nihilismus der Nerven ist mitunter herzzerreißend und nicht minder anziehend als bei den Ramones, diesmal besonders deutlich im Titel "Ich will nicht mehr funktionieren". In "Das Glas zerbricht und ich gleich mit" wiederum schwingt leise der Ukraine-Krieg mit, doch auch auf jede alltägliche Konfrontation mit ungewissem Ausgang passt die Zeile: "Warum hab ich Angst, aber du nicht?"
Dass das Trio längst nicht mehr nur ein Garant für Punk-Brecher ist, überrascht maximal Neueinsteiger*innen: "Achtzehn" und vor allem dem traditionell atmosphärischen Closer "Disruption" entspringt eine fast schon ätherische Psychedelik, in die man sich hineinlegen will, wäre man nicht damit beschäftigt, Lyrics aufs Federmäppchen zu kritzeln.
[von Michael Schuh]
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