Mit Liedermacher-Material in seinem Element: Das Cover von Wolf Biermanns Ballade ist für Alligatoah eine Hommage an seinen Vater.

Berlin / Hamburg (dani) - Eigentlich haben wir es längst gewusst: Im Grunde seines Herzens ist Alligatoah immer schon ein Liedermacher gewesen. Oder, noch besser, ein Spielmann. Deswegen stand ihm wahrscheinlich auch die Herold-artige Rolle so gut, in der er seinerzeit in "Triebwerke" willkommen hieß. Genau deswegen geht die Idee auch wunderbar auf, bei der Neuauflage von Songs von Wolf Biermann nach Bonaparte, Maxim und Ina Müller nun auch den Schauspieler-Rapper zum Zug kommen zu lassen. Auf dem "Hugenottenfriedhof" wirkt Alligatoah wie absolut in seinem Element:

Viel hat sich an der Ballade, die Biermann (wie ja eigentlich alle seine Lieder) ursprünglich zu filigran flirrender Akustikgitarre sang, gar nicht geändert. Pianosounds klingen nun mit durch, und ein pumpender Bass. Der wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, die Kraft dieses Lieds liegt in den Worten. "Wie nah sind uns manche Tote, und wie tot sind manche, die leben", ja.

Liedermacherlegende Biermann beweist ganz nebenbei, was er in seiner Anmoderation des Songs einst vorweggenommen hat: wie lebendig man einen Friedhof beschreiben kann. Wie immer bei ihm schwingt eine politische Dimension mit, wenn er so an den Gräbern von Bert Brecht oder Hanns Eisler vorbeiflaniert und sich vom uralten Weiblein, das ihm begegnet, vom Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg erzählen lässt.

Eine Hommage an den Vater

Alligatoah verkneift sich das Overacting, zu dem er gelegentlich neigt, und lässt dem starken Text seine Würde und jeden Raum. Den persönlichen Bezug, den er bei seinen seltsamen Metal-Eskapaden in jüngster Zeit immer beschworen hat: Hier spürt man ihn endlich tatsächlich einmal. "Als mein Vater so alt war, wie ich ist er mit seiner Gitarre durch Westdeutschland gezogen und hat Wolf Biermann-Lieder vor kleinem Publikum gesungen", erklärt er, woher sein Draht zum Werk des wesentlich älteren Kollegen kommt:

"Das Lied zu covern ist für mich also in erster Linie eine Hommage an meinen Vater." "Der Hugenottenfriedhof" war ihm allerdings bis zu seinem Cover unbekannt: "Ich gebe zu, dass ich nicht jede Referenz in den Strophen verstehe, aber die Refrainzeilen sprechen mir aus der Seele und die Auseinandersetzung mit dem Tod ist mir in meinen eigenen Liedern wohl vertraut."

Lieder für jetzt

"Biermann ist in meiner Wahrnehmung jemand, der energisch hinter einer Sache steht und trotzdem lautstark gegen ihre falsche Umsetzung protestiert. Genau diese Mentalität ist heute selten geworden, aber dringend nötig", so Alligatoah, weswegen ihm das Coverprojekt, an dem er beteiligt ist, sehr entgegenkommen dürfte: Das Hamburger Indie-Label Cloud Hill veröffentlicht eine Kollektion neu aufbereiteter Songs des Liedermachers.

Das erklärte Ziel steckt schon im Titel: Die im Austausch mit Biermann und seiner Frau Pamela entstandenen neuen Versionen sollen seine Lieder kompatibel "für jetzt" und einer neuen Generation Hörer*innen zugänglich machen. "Wolf Biermann RE:IMAGINED - Lieder für jetzt!" erscheint am 15. November.

Fotos

Alligatoah

Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Alligatoah,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen)

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