Die Staatsanwaltschaft kommt Nutzern von Tauschbörsen entgegen: Ab sofort werden nur noch dicke Fische verfolgt, der Rest lohnt sich einfach nicht.
Köln (loc) - Ab sofort können sich Nutzer von Tauschbörsen etwas entspannen: Die Generalstaatsanwaltschaft hat in vielen Bundesländern die Empfehlung ausgesprochen, private Filesharer in Zukunft nicht mehr zu verfolgen. Damit soll der Abmahnwelle Einhalt geboten werden, die ausschließlich den darauf spezialisierten Anwälten nütze und hohe Kosten verursacht.
Verfolgt werden sollen in Zukunft nur noch gewerbliche Raubkopierer, die in großem Stil urheberrechtlich geschützte Dateien verbreiten. Für diesen Status gibt es gewisse Grenzen, die je nach Bundesland leicht variieren.
Das entschied die Staatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen Mitte Juli, andere Bundsländer ziehen nach. Der Kölner Generalstaatsanwalt Jürgen Kapischke betonte, die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden:
"Das Internet soll kein straffreier Raum werden. Es wäre aber unverhältnismäßig, jeden Jugendlichen zu verfolgen, der sich einen Film oder eine Musikdatei heruntergeladen hat"
Strenge in NRW, Laxheit in Sachsen-Anhalt.
NRW ist mit einer Grenze von 200 Dateien noch recht streng, ängstliche Tauschbörsennutzer könnten jedoch mit dem Gedanken spielen, gen Osten abzuwandern: In Sachsen-Anhalt ist das Limit mit 3000 heruntergeladenen Dateien oder 200 Filmen, die straffrei bleiben, recht lax ausgelegt.
Damit ist ein großer Schritt zur Emanzipation der Staatsanwälte getan: Die meisten Strafverfolgungen führten ohnehin nur zu einer Abmahnung statt einer Anklage, da die Schuld zu gering war.
Die Staatsanwaltschaft in Wuppertal, später auch in Berlin, hatte sich sogar geweigert, sich als Marionette der Industrie für die Kriminalisierung von Filesharern einspannen zu lassen und wurde prompt selbst von der Musikindustrie verklagt.
Abmahnbusiness: lukratives Geschäft.
Das Abmahn-Business war für gewisse Unternehmen und Anwälte eine lukrative Sache: Firmen beobachten Tauschbörsen, dokumentieren tausende IP-Adressen der Nutzer und schickten sie sofort an den Künstler bzw. den Pornofilmhersteller weiter, der dann auf Urheberrechtsverletzung klagte und der Staatsanwaltschaft die Enttarnung des bösen Raubkopierers überließ. Kosten entstehen dem Staat und dem Steuerzahler; der Anwalt kassiert bis zu 300 Euro für die zivilrechtliche Abmahnung. So mussten die Gerichte sich als Schnüffler einspannen lassen - damit ist nun Schluss.
68 Kommentare
Da wird sich nicht nur die Industrie auf den Schlips getreten fühlen, sondern eben auch die genannten "spezialisierten" Rechtsvertreter. Mal sehen, ob das wirklich der letzte Akt des Dramas war...
An sich aber der richtige Umgang mit der Angelegenheit. Anklagen und Abmahnungen sind nunmal nicht primär für die Kanzleien zum Geldverdienen da.
Was diese Ländermäßig geregelten Gesetze angeht ist NRW das letzte Arschloch!
erinnert mich irgendwie an ein anderes wegweisendes Urteil...
@mr_bad_guy (« Wie ich schon sagte: Meiner Meinung nach wiegt der Imageverlust der Musikindustrie weit schwerer. »):
Ich überlege mir schon den halben Tag (sofern ich ein Stückchen Hirn entbehren kann), wie man es sonst hätte aufziehen sollen, damit dieser Effekt nicht eintritt.
Zitat (« "(Hubert erscheint auf dem Bildschirm)
Das ist Hubert W.
(Hubert winkt dämlich lächelnd in die Kamera.)
Hubert W. ist Musiker.
(Hubert hängt sich eine Gitarre um den Hals.)
Hubert W. hat schon viele Lieder geschrieben und gemeinsam mit seiner Band aufgenommen.
(Hubert spielt ein Riff auf seiner Gitarre.)
(Gregor erscheint auf dem Bildschirm.)
Das ist Gregor L.
(Gregor winkt dämlich lächelnd in die Kamera.)
Gregor L. steht total auf die Musik von Hubert W.
(Das Riff ertönt im Hintergrund, Gregor zeigt sich begeistert.)
Gregor L. möchte gerne mehr von Hubert W. hören.
(Gregor nickt begeistert in die Kamera, reckt den Daumen.)
Darum kauft sich Gregor L. auch die Singles und Alben von Hubert W. und seiner Band.
(Gregor präsentiert einen Karton mit einem Haufen CDs)
Denn nur so können Hubert W. und seine Band weiterhin Musik produzieren.
(Hubert geht auf Gregor zu und klopft ihm freundschaftlich auf die Schulter. Beide grinsen dämlich in die Kamera. Das Riff ertönt erneut. Im Zentrum erscheint die Schrift "TONTRÄGER SIND GEIL!" »):
Nee, also echt ... also ... nee
Gruß
Skywise
wäre immer noch besser als die "wo ist papi"-kampagne, in der dir klargemacht wird, dass der gemeine raubkopierer mindestens so schlimm ist wie hitler.
@Skywise («
Ich überlege mir schon den halben Tag (sofern ich ein Stückchen Hirn entbehren kann), wie man es sonst hätte aufziehen sollen, damit dieser Effekt nicht eintritt..) »):
schon richtig, so eine anti kampagne aufzufahren ist schon nicht leicht, aber die jetztige, die auf äußerst überzogene weiße deutschen raubkopierern amerikanische bestrafung androht, erzeugt doch eher mehr ein kontra, im sinne von "jetzt erst recht, die scheiß multis haben eh schon genug". zusammen mit meldungen, in denen 14 jährige wegen downloads zu geldstrafen veruteilt werden baut sich so ein bild der bösen majors auf, die man auf keinen fall unterstützen will.
und das eben diese majors das verklagen von raubkopieren lange zeit (und eigentlich immer noch) als einzig legitimes mittel gegen downloads sehen, statt sonst irgendwie versuchen herr der lage zu werden stärkt dieses image noch weiter.