Nicht alle Musikfans sind Verbrecher. Nicht einmal jeder, der kopiert, ist ein Verbrecher! Neue Einsichten bei den Labels?

London/Berlin (joga) - "Wir müssen unseren Kunden vertrauen". Oho, wenn dieser Satz aus dem Mund des Chefs eines Majorlabel kommt, muss man ihn sich schon mal auf der Zunge zergehen lassen. Sind das die gleichen Kunden, die sonst, in den Spots der Piratenjäger, nur noch in Gefängniskleidung gezeigt werden?

EMI-Chef Eric Nicoli soll das gestern in London gesagt haben. Damit begründete er den Verzicht auf Kopierschutz und die bessere Qualität der Tracks, die das Label beim Online-Verkauf von Musik künftig anstrebt.

Mit dem DRM-Verzicht kalkuiert EMI ein, dass rechtmäßig erworbene Titel in guter Qualität künftig weiter gegeben werden. Allerdings gilt die Großzügigkeit allein dem privaten Bereich, in dem man dem Kunden mehr Möglichkeiten einräumt.

Freunde von Tauschbörsen sollten sich dagegen noch mehr in Acht nehmen und damit rechnen, dass der Weg jedes legal erworbenen Tracks genau zu verfolgen ist. Egal, wer dann letztlich schuldig war und den Song anderen öffentlich zugänglich gemacht hat: Wenn der Kunde das "Vertrauen" erst mal verspielt hat, sollte er nicht mehr auf Respekt vor seiner Privatsphäre hoffen.

Erst vor ein paar Tagen brüstete sich Michael Haentjes mit den 15.000 Verfahren gegen Filesharer, die seit Jahresbeginn eingeleitet worden seien. Haentjes ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Phonoverbände. Er leitet also den Verband, der in den USA kürzlich zum meist gehassten 'Unternehmen' gewählt wurde, und dabei Kriegstreiber, Lohndrücker und Umweltzerstörer aus dem Feld schlug.

Haentjes betonte auch, dass "im Netz niemand anonym bleibt". Aber man wolle "niemanden kriminalisieren" und "auch niemanden durch überzogene Schadensersatzforderungen ruinieren". Ein wirkliches Umdenken ist vielleicht nicht in Sicht, aber das sind schon ganz neue Töne. Und wenn so ein Denkprozess einmal angefangen hat, weiß man nie, wo er endet ...

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