Hoax des Jahres? Wolfgang Flür glaubte, eine Daft-Punk-Hälfte auf seiner Soloplatte zu featuren. Doch es war nur ein random Facebook-User.

Konstanz (mis) - Das neue Album "Times" von Wolfgang Flür ist am Freitag erschienen und rühmt sich einer ansehnlichen Gästeliste: Mit dem ehemaligen Kraftwerk-Mitglied kollaborierten laut Tracklist das deutsche Techno-Duo U96, Boris Blank von Yello, Techno-Erfinder Juan Atkins, Anthony Rother, Flürs früherer Kraftwerk-Kollege Emil Schult und der ehemalige New Order-Bassist Peter Hook. Zudem verriet Flür bereits vor zwei Jahren in einem Interview, dass auch Thomas Bangalter, eine Hälfte des französischen Duos Daft Punk, mit von der Partie sei. Wie sich nun herausstellt, scheint Flür in diesem Fall einem gigantischen Hoax aufgesessen zu sein, wie mehrere Medien berichten. Der offizielle Discord-Account von Daft Punk, die vertrauenswürdigste Quelle zur Band im Netz, dementierte am Wochenende eine Kollaboration zwischen Bangalter und Flür, ergänzt die Fanseite The Daft Punk Historian.

Aber der Reihe nach: Im erwähnten Interview mit dem britischen Blitzed Magazine erzählten Flür und sein musikalischer Partner Peter Duggal im Februar 2023, sie hätten eine Facebook-Nachricht von einem User namens Thomas Bangalter erhalten, der sich als Fan von Flürs Album "Magazine 1" outete. Flür sei mit dem Namen nicht vertraut gewesen, bis Duggal ihn aufklärte. Anschließend habe er den Franzosen um eine Kollaboration gebeten. Dass Bangalter keinen Facebook-Account besitzt, verwundert seinerzeit nur einen kleinen Teil der Daft-Punk-Afficionados. Denn warum sollte der 50-jährige Bangalter, dessen Werk maßgeblich auf den Innovationen des Düsseldorfer Quartetts aufbaute, kein Interesse an einer Kollaboration mit einem musikalischen Idol haben?

Auf X postete Duggal im Anschluss ein Foto des Interviews mit dem Satz "cool things emerging from the collaboration with Thomas Bangalter." Wenige Tage später löschte er den Tweet, was erste Zweifel an der Kollaboration aufkommen ließ. Schließlich galten Daft Punk zu ihrer aktiven Zeit nicht als Freunde großflächiger Ankündigungen, schon gar nicht auf Social Media. Womöglich führte Duggals Tweet hinter den Kulissen zu Meinungsverschiedenheiten. Im Januar 2024 bestätigte Flür die Koop in einem Interview abermals. Das für September 2024 angekündigte Album "Times" mit zahlreichen namhaften Gästen, wurde schließlich auf März 2025 verschoben.

Als Flürs Label Cherry Red Records erstmals die Tracklist veröffentlicht, findet sich Bangalters Name nirgends, dafür auf zwei Tracks der Name Thomas Vangarde. Unter dem Namen Vangarde trat früher Bangalters Vater Daniel, Komponist einiger Disco-Songs in den 70er und 80er Jahren, öffentlich in Erscheinung. Durchaus denkbar also, dass Thomas Bangalter vier Jahre nach der Daft-Punk-Trennung ein neues Alias für Songwriting-Aktivitäten außerhalb seiner Solokarriere gesucht hat.

Im Februar schrillen die Alarmglocken hinsichtlich der Echtheit der Kollabo plötzlich schriller. Flür erläutert dem Daft-Punk-Autor Ben Cardew ("Daft Punk's Discovery: The Future Unfurled") in einem Interview, wie genau die Kontaktaufnahme vonstatten gegangen sein soll. Demnach habe ihn Bangalter auf Facebook um eine signierte "Magazine 1"-Platte gebeten: "Er sagte: Es ist so schön, kann ich eine signierte Platte bekommen? Ich sammle Platten, aber sie muss von dir unterschrieben sein. Wir lieben euch. Ohne Kraftwerk hätten wir nie unseren Roboter-Stil kreieren können, auf der Bühne mit den Helmen. Ich liebe dich, Wolfgang. Kannst du mir bitte ein Album zuschicken?"

Ähnlich krude geht die Konversation weiter. Flür habe dem angeblichen Bangalter von einem Space-artigen Song erzählt, an dem er gerade arbeite und bat um eine Kooperation. Dieser zeigte sich hellauf begeistert: "Ich liebe Space-Tracks auch. Ich habe da eine Idee, Wolfgang, vielleicht kannst du sie verwenden. Gib mir zwei Tage, dann finde ich es. Ich muss nichts neu einspielen. Es könnte exakt das sein, wonach du suchst." Als Flür die Files zugeschickt bekam, änderte er nach eigenen Angaben das Tempo und die Tonhöhe, so dass es mit der Bassspur von Peter Hook matchte. Laut Tracklist ist Bangalter gemeinsam mit Hook auf den unscheinbaren, überraschungsarmen Elektro-Songs "Über_All" und "Monday To The Moon" vertreten.

Letzte Woche ändert Flür die Entstehungsgeschichte in einem weiteren Interview dahingehend ab, dass ihn Bangalter via Instagram kontaktiert habe. Interessanterweise eröffnete der Franzose inzwischen tatsächlich einen offiziellen Instagram-Account, allerdings erst nach der angeblichen Kontaktaufnahme zu Flür im Jahr 2022.

Am Wochenende, nach dem Albumrelease von "Times", folgte das Dementi des offiziellen Discord Channels. "Thomas Vangarde" sei nicht Thomas Bangalter und der Franzose nicht in Kooperationen mit Flürs Album involviert. Diese These stützt die Tatsache, dass der Name Vangarde in den Songwriting-Credits auf Spotify nicht zum offiziellen Bangalter-Account linkt.

Wolfgang Flürs UK-Label Cherry Red Records teilte laut.de auf Anfrage mit, dass man die Angelegenheit derzeit prüfe und sich zeitnah mit einer offiziellen Stellungnahme äußern werde.

Flürs Ex-Kollege Ralf Hütter hat derweil eine Deutschland-Tour von Kraftwerk angekündigt. Vorverkaufsstart ist am Freitag, den 4. April um 10 Uhr.

Kraftwerk live:

11.11.2025 Nürnberg, Meistersingerhalle
13.11.2025 Rostock, StadtHalle Rostock
26.11.2025 Braunschweig, Volkswagen Halle
27.11.2025 Chemnitz, Stadthalle Chemnitz
28.11.2025 Hamburg, CCH
30.11.2025 Bochum, Ruhr Congress
01.12.2025 Frankfurt, Jahrhunderthalle
04.12.2025 Lingen, EmslandArena
09.12.2025 Berlin, Uber Eats Music Hall
11.12.2025 Leipzig, Quarterback Immobilien Arena
13.12.2025 Bielefeld, Seidensticker Halle
14.12.2025 Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
20.12.2025 München, Zenith

Fotos

Kraftwerk und Daft Punk

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