laut.de-Biographie
Paul Van Dyk
Zu seinen Ambitionen als DJ, Producer und Remixer befragt, gab Paul Van Dyk einmal zur Antwort: "Ich will die Leute verführen, in eine andere Welt, für einen kurzen Moment, wenn sie sich in der Musik verlieren, die Musik fühlen. Ich will sie inspirieren." Diesem Ziel scheint Deutschlands populärster DJ inzwischen sehr nahe gekommen zu sein, erstreckt sich seine Fangemeinde doch vom heimischen Berlin über Sheffield und Miami bis ins fernöstliche Singapur. Ausverkaufte Events sind an der Tagesordnung, wo der Name Paul Van Dyk im Line-Up erscheint.
In den 80ern war das alles noch sehr anders. Paul Van Dyk, am 16. Dezember 1971 in Eisenhüttenstadt geboren, wohnte im kommunistischen Ostteil von Berlin. Dort konnte man zwar Westfernsehen und -Radio empfangen, eine lebendige Clubszene wie im Westteil der Stadt gab es jedoch nicht. Das ändert sich erst, als im November 1989 die Mauer fällt und in der Folge immer mehr Clubs in den Osten gehen, wie zum Beispiel der Tresor, der in die unterirdische Tresoranlage eines ehemaligen Kaufhauses am Potsdamer Platz zieht. Dort debutiert auch Paul Van Dyk 1991 hinter den Plattenspielern und beginnt gleichzeitig seine Karriere als Producer, deren erstes Produkt die von Cosmic Baby co-produzierte 12" "Perfect Day" ist. Der Grundstein für eine Weltkarriere war gelegt.
1993 erscheint der erste Longplayer "45 RPM" des nun regelmäßig im E-Werk auflegenden Van Dyk, wo er bis zur Schließung 1997 Resident bleiben wird. Während ihm sein erster Longplayer die Anerkennung der Szene einbringt, macht ihn seine zweite LP "Seven Ways" im In- und Ausland zum Superstar. Hohe Chartsplatzierungen sind von nun an an der Tagesordnung und auch der Tourschedule beinhaltet zunehmend Gigs im Ausland. For allem die Briten fahren auf Van Dyks melodiöse und zugleich treibende Sets ab. Eine Liaison, die in der Residency von Van Dyk im Sheffielder Club Gatecrasher ihren Höhepunkt findet. Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks weiß man die DJ-Künste des Berliners zu schätzen. Bis zur Schließung des Clubs im Frühsommer 2001 ist van Dyk auch regelmäßiger Gast im New Yorker Twilo.
Seit 1993 bei MFS unter Vertrag geht van Dyk 1999 eigene Wege und gründet sein eigenes Label Vandit, auf dem er fortan seine eigenen Scheiben releast. Unter anderem das vierte Album "Out There And Back", das den Sprung in die Charts mühelos schafft, oder zuletzt "Reflections". 2001 legt er mit "The Politics Of Dancing" erstmals ein Mix-Album vor, das sein Talent als Producer, DJ und Remixer auf eindrucksvolle Weise widerspiegelt.
Mit seinem Album "Reflections" aus dem Jahr 2003 geht Paul Van Dyk mehr als einen Schritt in Richtung Pop. Seine Arbeit bekommt einen stärker songorientierten Charakter und verabschiedet sich zum Teil von der reinen Huldigung der Tanzfläche.
2004, im Jahr des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes, stellt Paul Van Dyk seine Popularität in den Dienst der unparteiischen Non-Profit-Organisation "Rock The Vote". Seit 1992 unterstützen Künstler wie Bono von U2, Madonna, Elton John oder Lenny Kravitz die Bemühungen von "Rock The Vote" um politische Aufklärung. Vor allem Jugendliche sollen dazu bewegt werden, sich registrieren zu lassen, um an der Präsidentschaftswahl im November teilnehmen zu können.
Auch im eigenen Land bezieht der Berliner DJ Stellung und erntet fortan Kritiken für Deutschtümelei. Zusammen mit Peter Heppner veröffentlicht er den 2004 Song "Wir sind Wir", den beide ein Jahr später zum 15. Jahrestag der Deutschen Einheit vor der politischen Führung des Landes zusammen mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg aufführen. Ebenfalls 2005 veröffentlicht Paul van Dyk die Fortsetzung seiner eigenen Compilation-Reihe "The Politics Of Dancing2". Als DJ spielt er weltweit nach wie vor in einer Liga mit Tiesto, was die Umfragen des DJ-Mags Jahr für Jahr bestätigen.
Auftritte auf allen möglichen Kontinenten gehören nach wie vor zu seinem Alltagsgeschäft. Sein Arbeitseifer birgt jedoch auch Gefahren, im Februar 2016 spielt Paul auf dem "A State Of Trance" Festival im niederländischen Utrecht und fällt unglücklich zwei Meter in den Graben vor der Stage. Nach drei Monaten äußert sich der Globetrotter erstmals zu der Schwere seines Unfalls: "Der Fakt, dass ich noch lebe, ist ein Wunder", beschreibt er dem Billboard Dance Magazine. "Ich hatte ein Schädel-Hirn-Trauma, einen doppelten Bruch der Wirbelsäule, viele Quetschungen und eine offene Wunde hinten am Kopf."
Seinen Ärzten zufolge sei es ein großes Glück gewesen, dass sämtliche lebenswichtigen Organe funktionieren würden. Die ersten fünf Wochen muss er in einem Rollstuhl Platz nehmen. "Wegen der Hirnverletzung musste ich wieder laufen lernen. Ich musste wieder sprechen lernen und ich musste essen lernen", erzählt er später in einem Interview.
Die vollständige Genesung ist wohl noch ein längerer Weg, doch sein Arbeitsethos beflügelt den DJ schnell wieder zu altem Eifer. Noch für 2016 kündigt er die Produktion einer neuen Platte an und spielt keine vier Monate nach seinem lebensgefährlichen Unfall schon wieder die erste Show.
Sogar die Politik ehrt Paul Van Dyk. Klaus Wowereit verleiht ihm für seine Verdienste um die Stadt und für sein soziales Engagement am 1. Oktober 2006 den 'Orden am rot-weiß-roten Band', die zweithöchste Auszeichnung nach der Ehrenbürgerschaft, die man in Berlin überhaupt erhalten kann.
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