laut.de-Kritik
Deeper Hip Hop mit prägnanten Raps und erdigen Beats aus Frankreich.
Review von Eberhard DoblerEs ist einfach beruhigend, bei den ersten Klängen einer Platte - unabhängig vom Genre - das Gefühl zu haben, auf qualitativ anspruchsvolle Musik zu treffen. Die Beats des in Frankreich hoch gehandelten Hip Hoppers Rocé versprechen genau das. Sein deepes Debut zwischen New York-Style und Native Tongue-Vibes löst das Versprechen auch über Albumlänge ein.
Neben prägnanten Raps, erdigen Beats und klaren Cuts lebt "Top Départ" besonders von seinen Jazz-, Funk- und Streicher-Infusionen. Rocé bounct mal straighter, mal vertrackter, aber immer ungeschminkt: alternativer Hip Hop statt Proll-Rap oder Mainstreamsport. Ähnlich dem französischen Rap-Urgestein MC Solaar sind ihm nicht nur Beats und Reime wichtig. Mit vielen verschiedenen Samples, Sounds und Instrumenten (Streicher, Bläser, Klavier) setzt er darüber hinaus musikalisch Akzente.
Absolut hörenswert ist "On S'Habitue". Der Tune beginnt mit hektischen, über realtiv straighte Beats gelegten Raps, um dann in gefühlvoller, jazziger Barmusik aufzugehen. Insofern weist der aus dem Mafia K'1 Fry-Stall stammende MC über die Hip Hop-Musts hinaus. Dies zeigt auch der elektronische Track "10/10". Ein klasse Nummer ist das in seinem Sample-Patchwork an De La Soul erinnernde "Les Gens Parlent". Minimaler gehts zuvor bei "Changer Le Monde" und "Ill Assume Pas" zu, während die Struktur von "Qui Nous Protège (feat. J.L)" wieder an musikalischer Dichte gewinnt. Bei "Pire Que La Fiction" kommt sie dann erneut voll zur Geltung.
Es fällt auf, dass Rocés von Dave 1 (Obscure Disorder), DJ Mehdi u.a. im kanadischen Vancouver produzierte Platte gänzlich auf weibliche Soul-Vocals verzichtet - relativ untypisch für einen aktuellen Hip Hop-Release. Dafür kommt bei "Pire Que La Fiction" eine Human Beat Box zum Einsatz. Zuhause verkaufen sich die 12es des Franzosen jedenfalls glänzend. Seinem LP-Debut kann man nur das selbe wünschen.
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