laut.de-Biographie
Seun Kuti
Mit acht Jahren steht Oluseun Anikulapo Kuti erstmals auf einer Bühne. In Harlem, gemeinsam mit seinem Vater und dessen Band. Als dieser 1997 stirbt, übernimmt Seun kurzerhand den Posten als Leadsänger. Da ist er vierzehn Jahre alt.
Wie groß die Fußstapfen sind, in die der junge Nigerianer tritt, wird erst klar, wenn man ihrem Urheber einen Namen gibt. Wir sprechen vom Erbe des Afrobeat-Begründers, der ganz Afrika seine Stimme lieh und für politische Gleichberechtigung und Freiheit kämpfte: Fela Kuti. Doch das jüngste von sieben Geschwistern schert sich weniger um seinen großen Namen. Alles, was er will, ist die Message seines Vaters weitertragen.
Neben seinem Bruder Femi ist Seun der zweite Sprössling des musikalischen Genies, der mit Musik seinen Lebensunterhalt verdient. Femi nabelt sich relativ früh von seinem Vater ab und gründet eine eigene Band namens Positive Force. Seun hingegen bleibt bei Fela und saugt dessen musikalische und politische Ideologie förmlich auf. Es erscheint wie eine Art natürliche Fügung, dass Seun die legendäre Combo Egypt 80 weiterführt.
Ganze elf Jahre dauert es allerdings noch, bis Seun Kuti & Egypt 80 ihr erstes gemeinsames Album "Many Things" herausbringen. Ganz im Stile des Vaters surren wilde Afrobeat-Nummern durch die Boxen, die die Ungerechtigkeiten anprangern, unter denen der afrikanische Kontinent zu leiden hat. Davon gibt es einige, wie auch der Titel des Zweitlings "From Africa With Fury: Rise" andeutet, der 2011 erscheint.
Über die Zeit entwickelt Seun seinen eigenen Stil, wendet sich unter anderem dem Hip Hop zu. Wie hilfreich dieser ist, um die eigene Wut noch besser zu kanalisieren, zeigt "A Long Way To The Beginning", das 2014 fertig gestellt wird, ein Jahr nach der Geburt seiner Tochter.
Auch beim vierten Album halten Seun Kuti & Egypt 80 an ihrem Dreijahres-Rhythmus fest. "Black Times" erscheint 2018. Die geballten Emotionen sind ungebrochen, ebenso sein glühender Aktivismus. Daher wundert es nicht, dass sich der Afrobeat-Verfechter auch dem westlichen Troublemaker Donald Trump und dem Fake News-Thema zuwendet. Ganz im Sinne seines Vaters: Nur gemeinsam können wir diese Welt zu einer besseren machen.
Wie das klingt, beschreibt die Süddeutsche Zeitung in einem Konzertbericht: "Seun Kuti hat die souveräne Lässigkeit im Groove seines Vaters nun im Takt beschleunigt. Er hat zu den Einflüssen des Jazz und des Funk die Härte des Hip Hop gebracht und so auch der Wut einen direkteren Weg gebahnt."
Wer sich davon bei einer dreimonatigen Europa-Tour 2023 selbst ein Bild macht, erlebt einen stets in Bewegung flowenden Seun, der in alle Winkel der Bühne springt, ausladend gestikuliert, mit Saxophon tanzt, seine Band und das Publikum zu ekstatischen Momenten hochjazzt und zwischendrin seinen Trompeter zum Solo ans Sänger-Mikrofon schickt. Zu seinen Konzerten mit Egypt 80 gehören auch mehrere Instrumental-Einlagen an den Keyboards.
Seun wirkt am Album "A Beautiful Revolution Pt. 2" von Common mit und steuert das Intro und zwei weitere Tracks auf "The Age Of Pleasure" von Janelle Monae bei. Gegenüber Radio Z sagt er dazu: "Janelle war immer eine Künstlerin, die Message in ihren Projekten transportiert, und selbst in diesem Spaß-Album für den Sommer gibt es eine Message: 'Sei du selbst, und genieße es! Sei so, wie es dich selbst glücklich macht!'"
Egypt 80 gehen auch 2024 wieder mit Seun ins Studio. Die Platte "Heavier Yet" enthält Songs für den "sozialen Wandel", so der Künstler, dienen dem Empowerment der auf der Nordhalbkugel meist wenig gehörten nigerianischen Bevölkerung und ihrer Sorgen und Probleme. In panafrikanischer Verbundenheit mischen Reggae-Hip Hop-Fusions-Meister und Äthiopien-Fan Damian Marley und die Conscious-Rapperin Sampa The Great (mit Wurzeln in Botswana) als Gäste mit. Als Produzent für "Heavier Yet" ließ sich Lenny Kravitz aus seinem Heimstudio in der Karibik gewinnen.
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