laut.de-Kritik
Fernost und West treffen sich im Kino.
Review von Daniel StraubDer Titel sagt an, wo die opulente drei CDs umfassende "Nippon Connection" ihren kulturellen Bezugspunkt hat. Japan, das Land der aufgehenden Sonne, fasziniert seit seiner Öffnung für westliche Besucher vor rund 150 Jahren, immer wieder Künstler, der unterschiedlichsten Gattungen. Der französische Philosoph und Semiologe Roland Barthes arbeitete sich gleich in mehreren seiner Bücher an Wahrnehmungsdifferenzen in Ost und West ab. Eine ähnliche Idee liegt auch "Nippon Connection - Exchanging Tracks" zu Grunde.
Musiker aus Japan, den USA und Europa nehmen sich eine gemeinsame musikalische Vorlage, in diesem Fall zwei traditionelle japanische Musikstücke. Anschließend haben sich die 28 Künstler, die in Genres wie Hip Hop, Techno, Minimal oder Downbeat zu Hause sind, zu eigenen Interpretationen der japanischen Traditionals inspirieren lassen. Der besondere Clou an "Nippon Connection": Der Hörer bekommt auf der ersten CD die Originale ebenfalls zu hören und kann sich auf den beiden übrigen CDs dann einen Eindruck von der unterschiedlichen Umsetzung des Ausgangsmaterials machen.
Eingespielt wurden beide Stücke vom Shingestu Ensembel. Bei "Chidori No Kyoku", der ersten Komposition, handelt es sich um ein altes japanisches Musikstück. Bei "Nami No Koe", um eine Arbeit des Ensembles. Hintergrund von "Nippon Connection" ist darüber hinaus das gleichnamige japanische Filmfestival, das in diesem Sommer in Frankfurt stattfand und zu dem die dreifach-CD das musikalische Begleitprojekt darstellt.
Gefragt waren denn auch Interpretationen, die sich für eine filmische Umsetzung empfehlen, so dass mit den bloßen Remixarbeiten die "Nippon Connection" noch längst nicht am Ende ist. Die mediale Wiederverwertung lässt sich noch weiter betreiben und die Ergebnisse vielleicht im nächsten Jahr präsentiert: die Remixe von "Nippon Connection" als Soundtracks zu den Filmen des Festivals. Einstweilen mögen die wunderschön, mit einem Daumenkino als besonderem Feature, aufgemachten drei CDs genügen.
Auf ihnen finden sich eine ganze Reihe von Künstlern, die man in dieser Kombination nicht auf einer gemeinsamen CD vermutet hätte. Der Berliner Minimal-Act Slope eröffnet den zweiten Silberling mit seinem Track "Nippon House". Der Name ist Programm: schlicht und ausgewogen richtet sich Slope sein Haus ein. Der belgische Techno-Produzent Fabrice Lig hält das Original ebenfalls hinter seinen Beats versteckt.
Deutlicher mit der Vorlage spielen da beispielweise Beanfield mit ihrem schaurig-schönen Track "Yuki" oder Haciendas "Cycle Beats", die eine gewagte Gratwanderung zwischen anspruchsvoller Elektronik und Ethno-Pop à la Enigma hinlegen. Curse zeigt danach, dass deutsche Lyrics und japanische Kampfschreie durchaus eine gemeinsame Basis haben können und sich in "Kashima-No-Tachi" prima ergänzen.
Auf der zweiten CD kommt mit Blumentopf nochmals ein prominenter Hip Hop-Act zum Zuge. Weitere Spielarten elektronisch gearteter Musik finden sich ebenfalls. Breaks, Lounge, Drum'n'Bass, Experimental und vieles mehr machen die dreifach-CD zu einem abwechslungsreichen und hörenswerten Projekt. Auf die hoffentlich folgende Fortsetzung im nächsten Jahr darf man also schon jetzt gespannt sein.
Noch keine Kommentare