laut.de-Biographie
Wardruna
Nachdem sich Einar 'Kvitrafn' Selvik jahrelang mit dem Studium von Runen und den alten heidnischem Bräuchen seiner skandinavischen Vorfahren beschäftigt hat, reift in ihm immer mehr der Wunsch ein Projekt zu starten, das diesen Forschungen Rechnung trägt.
Selvik, der schon bei Bands wie Gorgoroth, Sahg oder Jotunspor hinter den Drums saß und noch bei Dead To This World aktiv ist, beginnt im Frühjahr 2003 mit den ersten Aufnahmen und konzentriert sich dabei ausschließlich auf urtümliche Instrumente. Während er diese komplett allein einspielt, lässt er sich in Sachen Gesang ein wenig unter die Arme greifen. Prominentester Gast dürfte dabei sein ehemaliger Gorgoroth-Kollege Gaahl sein, doch auch eine Dame namens Lindy-Fay Hella übernimmt ein paar Gesangsspuren.
Musikalisch hat das Ganze nichts mit Black Metal oder Ähnlichem zu tun. Selvik frönt bei Wardruna spirituellen, ethnischen Klängen, die er weitgehend an mythologisch bedeutsamen Plätzen aufnimmt. Auch Geräusche von Bäumen, Feuer und Steinen, Knochen und Wasser finden sich in den Songs des Norwegers wieder.
Zum ersten Mal in der Öffentlichkeit taucht der Namen schließlich in der Dokumentation "True Norwegian Black Metal" auf, die vor allem Gaahl sehr ausführlich beleuchtet. Bis Indie Recordings sich allerdings für das Projekt interessieren, vergeht noch einige Zeit. Erst im Oktober 2008 unterzeichnet Selvik einen Deal für insgesamt drei Alben, bei dem Label.
Bei dem Mitte Januar 2009 veröffentlichtem Debüt "Runaljod - Gap Var Ginnunga" handelt es sich um den ersten Teil der geplanten Runaljod-Trilogie. Jedes Album wird sich dabei mit jeweils acht Runen des alten Futharks beschäftigen. Bis der nächste Satz an Runen in Angriff genommen wird, vergehen geschlagene vier Jahre. Erst im März 2013 erscheint mit "Runaljod - Yggdrasil" der zweite Teil der Serie.
Einen plötzlichen Popularitätsschub bekommt das Projekt mit der Beteiligung am Soundtrack zur Fernsehserie "Vikings". Selvik absolviert darin auch als Schauspieler einige Gastauftritte. Mit deutlich gewachsener Fangemeinde im Rücken hieven Wardruna 2016 den Trilogieabschluss "Runaljod – Ragnarok" auf Platz 1 der US-amerikanischen Billboard World Music Album Charts.
Die Grundausrichtung bleibt dieselbe: "Ich möchte aus etwas Altem etwas Neues schaffen", erklärt Selvik auf Konzerten. Von diesen gibt es nach zunächst nur ausgewählten Sondershows ab Ende 2017 mehr, denn Wardruna treten ihre erste richtige Welttournee an. Mittlerweile locken sie Tausende in die Venues.
Neben den großen Gigs mit teils achtköpfigem Musikerensemble auf der Bühne tritt Selvik auch gerne solo auf und sieht sich dabei in Tradition der Skalden – Dichter und Barden des mittelalterlichen Skandinavien. So entsteht zunächst die Single "Snake Pit Poetry", die er zwar unter eigenem Namen veröffentlicht, aber auch bei Wardruna-Konzerten singt. Ursprünglich schrieb er das Stück für eine einschneidende Szene in der vierten "Vikings"-Staffel – Achtung Spoiler: den Tod von Hauptfigur Ragnar Lodbrok.
2018 schließt er sich gemeinsam mit Tonmann Iver Sandøys ins Bergener Solslottet Studio ein, um mehr solcher aufs Nötigste reduzierte Lieder aufzunehmen. "Skald" erscheint wieder unter dem Banner Wardruna und enthält neben für einen Solomusiker umarrangierten "Runaljod"-Tracks auch "Vikings"-Material und neue Werke. Herzstück ist ein viertelstündiges Rezitativ, in dem Selvik auf jegliche Instrumentierung verzichtet.
Seine Motivation beschreibt er wie folgt: "Es geht darum, dem altertümlichen Handwerk, das einst im Herzen der nordischen Oral-Traditionen lag, eine Stimme zu geben und zu präsentieren, wie es heute in den Händen eines demütigen zeitgenössischen Skalden Form annimmt". Das nächste voll produzierte Studioalbum "Kvitravn" soll eigentlich bereits im Frühjahr 2020 erscheinen. Wegen der Pandemie verschieben Wardruna das Release jedoch um fast ein Jahr auf Januar 2021. Auch eine geplante Tournee fällt dem Virus zum Opfer.
Trotzdem zelebriert das Projekt den Release des Albums am 26. März des selben Jahres mit einem hypnotischen Live-in-Studio-Konzert im Riksscenen-Konzertsaal in Oslo, das es in Bild und Ton festhält. Der Konzertmitschnitt erscheint 2022 als "Kvitravn - First Flight Of The White Raven" auf CD, LP und DVD sowie als umfangreiches Boxset, das sich aus sämtlichen physischen Formaten der Platte, einer Flagge sowie einer signierten Autogrammkarte zusammensetzt. Die Veröffentlichung enthält eine spezielle Setlist, bestehend aus Songs von "Kvitravn" und Fan-Favoriten aus dem gesamten Wardruna-Katalog. Im gleichen und im Folgejahr treten Wardruna in Nordamerika und Europa wieder vor echtem Publikum auf.
Seine Popularität baut das Projekt zudem während der Pandemie noch aus. Selvik wird Teil des Soundtrack-Teams zum Blockbuster-Game "Assassin's Creed Valhalla". "Meine Aufgabe war, der skaldischen Tradition eine Stimme zu geben", erklärt er. "Natürlich gingen wir dabei aber auch teilweise in Richtung einer eher an Wardruna erinnernde, voll produzierte moderne Ausdeutung dieser Tonalitäten. Ich habe das sehr genossen. Die Prämisse von 'Assassin's Creed' ist Geschichte – aber Geschichte kombiniert mit Fiktion. Egal ob es nun um TV-Serien, Bücher oder Spiele zu einem historischen Thema geht: Immer wird auch eine kontemporäre Sichtweise auf die entsprechende Zeit mit hineinspielen." Das lässt sich wohl auch auf Wardruna so übertragen.
2 Kommentare
Einmalig und unvergessen!!!!Ich bin so dankbar, daß ich dabei sein durfte.....
Diese Musik spiegelt etwas in uns, was uns bewusst oder unbewusst unseren Wurzeln näher bringt. Kein Mainstream Liebe, Leben, Kaufrausch-Sülz. Es geht unter die Haut und macht etwas mit Dir. Und wenn es etwas wie ein kollektives Bewusstsein gibt, ist diese Musik ein ganz starker Indikator dafür. Man wird geerdet und begreift, daß Yggdrasil nicht nur ein Baum ist dessen bildliche Darstellung unser Auge erfreut.
Wir sollten uns vor Augen führen, welch großartiger Kultur wir entspringen und das Leben so viel mehr bedeutet.
Diese Musik ist eine Eintrittskarte......
Ich habe heute das erste Mal ein Lied hören dürfen. Es geht durch und durch. Es ist so, als würde eine Verbindung zu etwas geschaffen, welches wie abgeschaltet nur auf diese Töne und Geschichten gewartet hat. Wahnsinn. Wann haben wir aufgehört, uns mit unserer Kultur auseinanderzusetzen?