laut.de-Biographie
Ying Yang Twins
Es muss ganz schön heiß sein, unten, im dreckigen Süden. Der Gedanke, dass D'Angelo Holmes und Eric Jackson, besser bekannt als D-Roc und Kaine, zu viel Sonne abgekriegt haben, drängt sich auf: Die Ying Yang Twins sind vollkommen wahnsinnig. Nach "Whistle While You Twurk", das 2000 nicht nur (aber auch!) in Atlantas Strip-Clubs rauf und runter gespielt wird, stempeln Kritiker die crunken Brüder vorschnell als One-Hit-Wonder ab. Weit gefehlt!
Die Geschichte der Ying Yang Twins ist eng mit der ihres Mitgründers und Produzenten Mr. Collipark verbunden. Michael Crooms aka DJ Smurf gehört zu den festen Größen im Southern Hip Hop, und das lange bevor Crunk den Weg in den Mainstream findet. Seit 1987 legt er Platten auf; er gehört zu King Edward Js "J Team", zu dieser Zeit Atlantas einziger Mixtape-Crew. DJ Smurf beginnt als Miami-Bass-Produzent, soll später allerdings die junge Richtung Crunk entscheidend beeinflussen.
D-Roc und Kaine, Brüder im Geiste, rappen miteinander, seit sie 1996 von gemeinsamen Freunden zusammengebracht wurden. Bis dahin war D-Roc (nicht zu verwechseln mit dem D-Roc, der bei Body Count Gitarre spielte. Letzterer möge in Frieden ruhen, während sich Ying-Yang-D-Roc bester Gesundheit erfreut) als Solo-Künstler bei Ichiban Records unter Vertrag. 1997 nehmen die beiden (als D-Roc & 2-Time Click) den Song "Tru Dawg" auf. Ein Jahr später wird DJ Smurf mit einem D-Roc-Remix beauftragt, die beiden freunden sich an. Smurf bietet D-Roc an, ihn (neben Features von Lil Jon und Ludacris) auf seinem dritten Album "Dead Crunk" unterzubringen. Zur Aufnahme-Session bringt D-Roc Kaine mit ins Studio, alles andere ergibt sich nahezu von alleine. Smurf hört die beiden und beschließt, sie müssten eine Gruppe gründen. "One On One" (auf "Dead Crunk", 1998) ist der erste professionell aufgenommene Ying-Yang-Twins-Track. Ebenfalls 1998 sind die beiden mit "True City Thugs" auf Lil Jons "So So Def Bass Allstars Compilation Vol. III" vertreten; die Nummer avanciert zum Hit in den lokalen Strip-Bars. DJ Smurf wechselt seinen Namen in Beat-In-Azz und hebt Collipark Music aus der Taufe.
2000 schlagen die Ying Yang Twins erneut zu. "Whistle While You Twurk" schafft es zunächst wieder in die Strip-Schuppen von Atlanta (als deren "Ehrenbotschafter" sich die Ying Yang Twins gerne feiern lassen), darüber hinaus allerdings diesmal ins Radio und in die Clubs. Für eine Independentveröffentlichung verzeichnet die Single sensationelle Verkaufszahlen, doch mit dem Erfolg kommt der Ärger: Die Nachlassverwalter der Autoren von "Whistle While You Work" aus dem Disney-Klassiker "Schneewittchen" treten auf den Plan und verlangen (mit juristischem Nachdruck) eine Änderung des nicht ganz jugendfreien Textes.
Das Albumdebüt "Thug Walkin'" erscheint im selben Jahr, ebenfalls auf einem Independent-Label; Features stammen von Lil Jon und den East Side Boyz. Die Platte verkauft sich über 100.000mal. Gemessen an diesem Erfolg enttäuschen die Verkaufszahlen der Wiederveröffentlichung bei Major Universal. Dennoch tritt zwei Jahre später Koch Records auf den Plan und ermöglicht "Alley: The Return Of The Ying Yang Twins". Die Hitsingle hieraus: "Say I Yi Yi". Ohne viel Promotion verkaufen sich über 400.000 Exemplare von "Alley".
Den endgültigen Durchbruch erleben die Ying Yang Twins 2002, als sie sich mit Lil Jon zusammentun. Ihre Party-Hymne "Salt Shaker" wird zum Club- wie zum Radiohit und trägt ihnen einen Vertrag bei Lil Jons Heimatlabel TVT Records ein. Dort erscheint 2003 ihr nunmehr drittes Album "Me And My Brother", das mit zahlreichen Gastauftritten, darunter Lil Jon und die East Side Boyz, Trick Daddy, Bone Crusher und Killer Mike, aufwartet. Die abgehandelten Thematiken beschränken sich wie gehabt weitgehend auf Suff, Sex und Party (gleich die erste Singleauskopplung "Naggin'" trägt nicht unbedingt zur Belustigung von Frauenrechtlerinnen bei), zeigen allerdings auch tiefe Verbundenheit zur Heimatstadt Atlanta. Ein Beispiel hierfür liefert "Calling All Zones". "Me And My Brother" erlangt Platin-Status. Ein Jahr darauf folgt das Remix-Album "My Brother And Me" (inklusive Bonus-DVD), auf dem Fat Joe, Fatman Scoop, Jacki-O, Juvenile, Lil Jon, Pitbull, Wyclef Jean, Bone Crusher und andere zu hören sind.
Die Ying Yang Twins liefern für Lil Jons Album "Kings Of Crunk" den Banger "Get Low". Mit Britney Spears nehmen sie für deren "In The Zone" "(I Got That) Boom Boom" auf. Ähnlich wie Kollege 50 Cent werden sie mit der Begründung, ihre Texte seien zu ordinär und zudem frauenfeindlich, aus dem LineUp einer Highschool-Veranstaltung gestrichen. Eine gewissen Sexismus kann man den Twins zwar keineswegs absprechen, dennoch sorgt die Mischung aus durchblitzendem Humor und Cleverness für mildernde Umstände. Die Ying Yang Twins sind schließlich fleischgewordene Comicfiguren, wer kann da schon ernsthaft böse sein? Das Magazin "Source" jedenfalls nicht: Hier kürt man die Ying Yang Twins 2004 zur "Group of the Year".
Mit "U.S.A. (United State Of Atlanta)" zeigen die Ying Yang Twins 2005, dass es auch in ihrer Welt nicht nur um Fun und um Arschwackeln geht. Zwar wird die Party-Fraktion (mit Nummern wie "Pull My Hair" oder "Bedroom Boom") nach wie vor ausgiebig bedient, daneben enthält "U.S.A." allerdings auch ganz andere Töne: "Live Again" mit einer von Maroon-5-Sänger Adam Levine gesungenen Hookline, Anthony Hamilton in einem Remake des Al-Green-Gospelklassikers "Belle", sowie "Wait", den wohl ersten geflüsterten Rap-Song in der Geschichte des Hip Hop.
Im September gibt das Duo den ersten Ausflug ins Filmgeschäft bekannt. Und wie es sich für echte Crunker gehört, handelt der Plot von Party, Sex und Erektionen. In "Viagra Falls" planen Kaine und D-Roc einen Ausflug nach Daytona Beach, um ordentlich Spring Break zu feiern.
Zeit genug also, um bis Dezember des gleichen Jahres das nächste Album fertig zu stellen. Mr. Collipark teilt sich den Platz hinter dem Pult mit Wyclef Jean und Jerry "Wonda" Duplessis. Das Ergebnis "Chemically Imbalanced" huldigt - niemand überrascht das - weiterhin ausgiebig den fleischlichen Freuden und dem Rausch. Nach wie vor fühlt man sich im Booty Club zu Hause. So irre die Twins zuweilen erscheinen mögen: Verbiegen muss sich hier niemand: "We're born in Atlanta. Raised in Atlanta. So we're talking 'bout Atlanta."
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