Porträt

laut.de-Biographie

Algiers

Die Kunst der Band Algiers kann im ersten Moment ganz schön überfordern. Sänger und Gitarrist Franklin James Fisher, Bassist Ryan Mahan und Gitarrist Lee Tesche bilden keine Gruppe, die sich rein musikalisch begreifen lässt.

Algiers - There Is No Year
Algiers There Is No Year
Dystopische Messe zwischen Gospel, Industrial und Post-Punk.
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Zu den Einflüssen des transatlantischen Bündnisses zählen so unterschiedliche Dinge wie Postpunk, No Wave, Gospelmusik, amerikanische Southern Gothic-Literatur und die Idee des Othering. Harter Tobak? Durchaus, jedoch hilft das Medium Musik dann wieder, um aus dem intellektuellen Überbau eine Gefühlsessenz zu gewinnen.

Mahan und Tesche treffen schon als Jugendliche in den Neunzigern in Atlanta auf Fisher. Algiers formen sich aber erst 2009. Bis dahin Teil der wachsenden Untergrund-Noiseszene der Stadt, entdecken die beiden in Fisher einen Sänger, dessen Wurzeln zu gleichen Teilen in der erhabenen Black Gospel-Tradition der Südstaaten, dem Soulblues einer Nina Simone sowie schroffer Funkmusik liegen.

Fortan vermischt der Dreier Gospel, Blues, Industrial und lärmenden Postpunk zu eindringlicher Protestmusik. In ihren Texten engagieren sich Algiers aktiv als Kulturkritiker. Sie kommentieren Traditionen auf politischer, sozialer und religiöser Ebene. Vor allem von Kapitalismus und Rassismus handeln ihre Tracks immer wieder, oder von schwarzen Bürgerrechtspionieren.

Journalist Daniel Gerhardt hält dazu in der Zeit fest: "Unter den Ausprägungen eines ebenso alltäglichen wie systematischen Rassismus' finden sie eine kapitalistische Hegemonie am Werk, die die Menschen mit Ironie, Eskapismusangeboten und anderen Kaltstellungsstrategien bei Laune hält. Algiers werden grundsätzlich."

Dabei lässt sich das Trio nach ersten gemeinsamen Konzerten von räumlicher Trennung nicht aufhalten: Während sie bald zu Teilen in New York, zu Teilen in London leben, sichert das Internet die fortdauernde Kommunikation. Übers Netz diskutieren sie Musik und Politik weiter, bis 2012 die Debütsingle "Blood" steht. Die limitierte Pressung verkauft sich schnell aus.

Indes eilt Algiers der Ruf als frenetische Liveband mit einzigartigem Hybridsound voraus. Sie selbst bezeichnen ihr Schaffen als Post-Worldbeat. Algiers betrachten sich sozusagen als Ritualienmeister, die alte Rhythmen und Klänge wieder zum Leben erwecken.

Was reichlich hochtrabend klingt, begeistert nicht nur das Publikum bei Konzerten, sondern beschert dem Dreier Anfang 2014 auch einen Plattenvertrag mit dem renommierten Indielabel Matador.

Im darauffolgenden Jahr touren Algiers mit Interpol und veröffentlichen ihre selbstbetitelte LP-Premiere. Fortan begleitet der ehemalige Bloc Party-Drummer Matt Tong die Band auf der Bühne.

2016 stellt das neu formierte Quartett die Atlanta-Ausgabe der Filmreihe "Burn To Shine" von Regisseur Christoph Green und Ex-Fugazi-Schlagzeuger Brendan Canty in den USA vor. In dem von Lee Tesche betreuten Konzertfilm, der 2007 aufgezeichnet wurde, treten einheimische Bands wie Deerhunter und Mastodon in einem verlassenen Gebäude auf.

Ausgefallene Kunst realisieren Algiers auch im Jahr darauf. In Zusammenarbeit mit dem japanischen Künstler Azuma Makoto performen sie die Songs "Blood" und "Black Eunuch" in der kalifornischen Wüste. Als Kulisse für den ungewöhnlichen Auftritt schwebt eine am Kran befestigte Palme über den Köpfen der Musiker. Besorgte Baumfreunde dürfen aufatmen: Nach dem Gig wird die Palme wieder in eine Baumschule verpflanzt.

Für ihr zweites Album "The Underside Of Power" planen Algiers in ebenso großen Dimensionen. Portishead-Gitarrist Adrian Utley übernimmt die Produzentenrolle, während sich Randall Dunn für das Mixing verantwortlich zeigt. Dunn hatte in der Vergangenheit Metal-Acts wie Sunn O))) und Wolves In The Throne Room produziert.

Dementsprechend massiv fällt das Endergebnis aus, das 2017 erscheint. Algiers lassen Trip-Hop-Elemente in ihren Industrial-Gospel einfließen und untermauern ihren Status als musikalisch versierte Protestband. Mit großer Wut im Bauch hüllen Fisher und Co. Themen wie Trump und Rassismus in dunkle Synthie-Gewänder. Depeche Mode bemerken den ähnlichen Kleidungsstil und nehmen Algiers auf ihre Europa-Tour im selben Jahr mit.

Die gemeinsame Zeit mit den englischen Synth-Rock-Pionieren schlägt sich schließlich auf dem dritten Album "There Is No Year" nieder, das Anfang 2020 erscheint. Algiers betrachten das Chaos in der Welt mit mehr Abstand und ordnen es mit eindrucksvollen Ambient-Klängen, die sich in das ohnehin schon breite Genre-Portfolio der Band einreihen. So bleiben Algiers eine der am schwersten fassbaren und gleichzeitig vielseitigsten politischen Bands des Alternative.

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