laut.de-Kritik
Die Frage ist: Warum nur?
Review von Franz Mauerer"Ich Würd's Wieder Tun", sagt Andrea Berg – ich dagegen nicht. Wenn ich 'es' tun wollte, also kontemporären, deutschsprachigen Pop-Schlager hören, könnte ich das problemlos bei zig anderen Künstlern tun. Dabei müsste ich gar nicht auf den ewig selben Wummerbeat verzichten, der in seelenlosen Kellern vor Bildschirmen mit Excel-Sheets von Musik als Produkt begreifenden Musikproduzenten wie Alexs White, Alexander Strasser oder, und jetzt wird euer Leben meta, DJ Bobo, verantwortet wird.
Dafür bekäme ich aber vielleicht Texte, die nicht ständig ein hanebüchenes Underdog-Narrativ pushen und sich in jedem zweiten Vers selbst widersprechen, die zu keinem Zeitpunkt dem lyrischen Ich irgendeine Art von Aktivität zubilligen, die nicht nur die vorhersehbare, fade Reaktion auf die Aktion eines grotesk unsympathischen anderen Akteurs wäre. Und ich bekäme vielleicht sogar eine Stimme zu hören, die nicht in Kaskaden von Audiotune ersäuft.
Dafür muss ich gar nicht viel suchen: Beatrice Egli bietet eine solche auf "Mosaik" und bietet damit locker die beste Gesangsleistung des Albums. Nino De Angelo könnte mit seiner Stimme nach wie vor jeden Italoabend im Altersheim bereichern, gleichgültig wie lustlos er auf "Die Gefühle Haben Schweigepflicht" auch auftritt, zweitbeste Performance des von "Ich Würd's Wieder Tun". Und man mag es ihm nicht verübeln, denn die Art und Weise, wie auf diesem Album mit eigentlich leidlich okayem, altem Songmaterial umgegangen wird, lässt einen zwar ratlos zurück. Aber immer noch gescheiter als neues Material wie "Unendlich" mit Schwiegertochter Vanessa Mai oder "Ich Träum Mich Zurück", allesamt Vorboten einer dystopischen Zukunft, in der wir zu den immer selben Akkord-Powerpop-Beats und strahlend klarem Frauengesang im Bergwerk schuften.
Was Andrea Berg übrigens definitiv wieder tun wird: Wie auf dem hier vorliegenden Werk fröhlich Remixe, Neuerscheinungen, die sich nur um ein Jota von vorhergehenden Titeln unterscheiden, Cover und Neuaufnahmen alter Tracks zu mischen, bis genug Songs für eine fesche Box beisammen sind. Und das so lieblos zusammengestellt, dass man selbst frische Elemente weglässt, die sie über die Jahre bei Liveshows in einzelne Songs integriert hatte,
Der Respekt vorm eigenen Werk, der auf "Du Bist Frei" oder selbst "Mich Schaffst Du Nicht" noch vorhanden war, und Andrea Berg vom Einheitsbrei der damaligen Schlagerwelt unterschied, ist offenkundig nicht mehr da. Dafür bräuchte sie einen an ihrer Seite wie den 2021 verstorbenen Eugen Römer, der ein Grundinteresse daran hatte, die Sängerin in ihr zu entwickeln. DJ Bobo teilt dieses Anliegen nicht, aber mit Blick auf sein eigenes Oeuvre wäre das ja auch absurd.
Andrea Berg sagt zu ihrer Verteidigung: "Ich habe das gemacht, was ich am Allerliebsten mache: Musik mit Freunden für Freunde." Am 6. August dürfen dann alle auch die Aufzeichnung des 30. Bühnenjubiläums von Andrea Berg aus der WIRmachenDRUCK-Arena im schönen Aspach im ZDF (und ORF und SRF) bewundern, moderiert von Giovanni Zarrella (ja, der von ... hm, von was eigentlich? Irgendwas mit RTL II), der auf diesem Album einen völlig vergessenswerten Auftritt hat. Alle anderen Freunde, die Andrea Berg auf diesem Album featuret, sind dann auch dabei, nur der schöne Florian hat leider keine Zeit. Und wer es danach immer noch tun würde, dem ist nicht zu helfen.
5 Kommentare mit 3 Antworten
"und jetzt wird euer Leben meta" ganz klares Highlight dieses Reviews, ansonsten Andrea Berg natürlich unfickbar.
ach mit 5 bier du sagst was anderes bruder
ich sogar mit einem Radler.
Ungehört 1/5. Und ich würd's wieder tun.
Features sind wirklich ein absolutes "Worst of..."
Musik für den lautuser!
5/5 Deutsche Beyonce
Wer Texte wie "Die Gefühle Haben Schweigepflicht" schreibt und Nino De Anglo featured, kann kein schlechter Mensch sein.
Nein, nur behämmert und schamlos.