laut.de-Kritik

Bummsbeat und Bierzeltherzschmerz reichen sich die Hände und grinsen dreckig.

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Moment, ist das diese Jupiter Jones-Comebackplatte? Stimmlich ja. Ben Zucker verfügt über ein ähnlich verrauchtes Stimmorgan und singt Texte, die Zyniker in einer Reihe mit dem Befindlichkeitspop von Jupiter Jones post "Stille" einordnen würden. Ganz ehrlich, der Vergleich hinkt. Denn die Armada von Produzent*innen hinter der "Musik" von Ben Zucker hat mit Baseballschlägern auf ihn eingeprügelt. Bummsbeats wie beim Wendler, plumpster Bierzeltherzschmerz und spießbürgerlich-patriarchale Fantasien reichen sich die Hände und grinsen dreckig.

"Jetzt Erst Recht!" ist ein schamloses Stück Kommerz, die Songs sind alle mit Komponenten aus dem Grabbeltisch zusammengewürfelt. Was sogar für Alvaro Soler, Maite Kelly oder Unheilig zu schlecht war, wird hier nochmal in die Mikrowelle gepackt und lieblos aufeinander geworfen. Schon "Guten Morgen Welt" enthält mehr als zweihundert (handgezählte) Gründe, die Platte direkt auszuschalten. Beginnend mit der penetrant gutgelaunten Sat.1-Morningshow-Atmosphäre bis zu diesen dauernden Minipausen bei "Draußen wird es [0.1 Sekunden Pause] hell", es ist alles fürchterlich. Wenn Zucker dann noch "Ich hab das im Gefühl" röhrt, bekomm ich vom Feeling her ein ganz schlechtes Gefühl.

Es wird nicht besser. "Bist Du Der Mensch" ist sogar für den ProSieben-Musiktipp zu schmalzig und vollgepackt mit absoluten Perlen wie "Es wird Zeit / dass jemand bleibt / der auch die schlimmsten Dinge / mit mir teilt". Was genau das bedeuten soll, ist nicht so ganz klar. Letzten Endes aber auch egal, denn regelmäßig stellen sich alle Haare im Nacken auf. Denn Zucker trifft die vollkommen irrsinnige Entscheidung, im Refrain regelmäßig seine Stimme quietschend eine Oktave höher zu ziehen. Jeweils nur für eine Sekunde und immer gefolgt von einem Fall in noch tiefere Register. So viel Melodrama gibt es nicht mal auf dem Traumschiff.

Apropos Melodrama. Die Rollenbilder in den Songs von Ben Zucker stammen, zusammen mit seiner Vorstellung von Liebe, höchstwahrscheinlich direkt aus ARD-Vorabendserien der 50er. Männer müssen hier hart sein, sich für die Frauen aufreiben. Frauen selbst kommen gar nicht erst vor. Oder als leicht dümmliche, handtaschenkramende Wesen.

Zum Beispiel in "Ich Wär' Gern Alles, Was Du Brauchst". Man weiß gar nicht, wo man da anfangen soll. Vielleicht bei der Musik. Der Song schunkelt nichtssagend vor sich hin, im Hintergrund gibt es Bottleneck-Gitarren aus der Rock-Vorhölle, unerträgliches Gepfeife und die unvermeidlichen "Ohoho"-Chöre. Alles natürlich effizient auf den Refrain hingebogen. So weit, so schlimm. Aber der Text, der Text, der Text. Nicht, aber wirklich gar nichts ergibt Sinn. "Ich wär gern alles, was du brauchst, das Dach auf deinem Haus / denn ich werd' gerne nass, damit du trocken bleibst." Hab ich was nicht mitbekommen? Ist das romantisch? Oder doch eher vollkommener Mumpitz?

Einen Schritt weiter in die Hölle geht "Ich Weine Nicht Um Dich". Hier sind die Bottleneck-Solis nicht aus der Vorhölle, nein. Satan persönlich greift in die Saiten. Seine Idee war wahrscheinlich auch, den Refrain mit der gigantischen Brechstange aller Zeiten zu erzwingen. Er lässt die Sintflut über den Song hereinbrechen, alle Producertools kommen zum Einsatz. Das Schlagzeug galoppiert effekthaschend in die Ferne, Gitarre, Bass und Keyboard verschmelzen zu Brei. Da fehlt natürlich nur Ben Zucker, der Weisheiten von sich gib. Also den Titel des Songs in mehreren Variationen wie "Ich schaue nach vorne / und nicht mehr zurück / denn das Leben wartet auf mich" oder "Hab keine Träne mehr für dich". Sagt alles ungefähr dasselbe aus, bringt den Song aber summa summarum auf radiotaugliche drei Minuten.

So geht es ohne Ende weiter. "Ich Weiß, Was Ich Will", "Deine Lügen Machen Süchtig" oder "Danach Fragt Die Liebe Nicht" - alle Songs sind auf maximale Radiotauglichkeit getrimmt. Der Refrain möglichst mitsingbar und groß, die Texte möglichst vage und die Musik insgesamt austauschbar. Nichts, aber auch gar nichts überrascht hier. Nur manchmal wird es besonders schlimm.

Trackliste

  1. 1. Guten Morgen Welt
  2. 2. Bist Du Der Mensch
  3. 3. Das Ist Nicht Das Ende Der Welt
  4. 4. Ich Weine Nicht Um Dich
  5. 5. Dazwischen Bin Ich
  6. 6. So Ein Mann
  7. 7. Danach Fragt Die Liebe Nicht
  8. 8. Schon Wieder Für Immer
  9. 9. Ich Wär' Gern Alles, Was Du Brauchst
  10. 10. Ich Weiß, Was Ich Will
  11. 11. Deine Lügen Machen Süchtig
  12. 12. Auf Uns

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