laut.de-Kritik
Die Blues Brothers sind zurück.
Review von Giuliano BenassiSchon erstaunlich, was sich professionelle Musiker ohne großen Aufwand aus dem Ärmel schütteln können. Ein erfahrener Produzent (Kevin Shirley), ein teuflischer Gitarrist (Joe Bonamassa), eine patente Rockröhre (Beth Hart) und eine handvoll Songs vorwiegend prominenter Sänger (Aretha Franklin, Billie Holiday) reichen aus, um ein mitreißendes Album aus dem Hut zu ziehen.
Dabei gebührt dem Südafrikaner Shirley, Bonamassas und Harts Stammproduzent und seit 2000 auch Iron Maidens Studioverantwortlicher, das größte Lob: Er brachte den Sound der zusammen gewürfelten Combo auf den Punkt. Die Länge der Stücke passt ebenso wie die Gleichberechtigung der beiden Hauptakteure. Nicht Sängerin und Leadgitarre, sodern zwei Instrumente - und keines willig, zurückzustecken. Obwohl die 'Duelle' durchaus harmonisch verlaufen.
Billie Holidays rasant gespieltes "Them There Eyes" macht den fröhlichen und energiegeladenen Einstieg. Zwar bemüht auch Shirley im Interview den Vergleich mit Janis Joplin, wie so viele vor ihm, doch hat Hart mittlerweile ihren eigenen Stil, der eine ganze Spur rockiger ausfällt als der der legendäre Southern Comfort-Aficionada. Selbst in den langsamen Stücken, bei denen die Ähnlichkeit am meisten auffallen würde.
Wenn es eine Schwäche am Album gibt, dann liegt sie in der Vielzahl der Balladen. Slackwax' "Close To My Fire" macht schon als zweites Stück den Anfang. Al Koopers "I Love You More Than You'll Ever Know" treibt es mit seinen sieben Minuten samt Streichereinlagen arg auf die Tränenspitze. Der Standard "A Sunday Kind Of Love" (u.a. Ella Fitzgerald und Etta James) kommt da schon charmanter.
Welche Kraft in der Combo steckt, zeigt sich eher in den schnellen Stücken wie Tina Turners "Nutbush City Limits" oder Lucinda Williams' "Can't Let Go", mit einer umwerfenden Bottle-Neck-Einlage Bonamassas. Der mit seinem Milchbubi-Gesicht überrascht wie eh und je. Abwechslungsreich und technisch perfekt einerseits, spielfreudig und mitreißend auf der anderen. Ein Entertainer ersten Ranges.
Etwas aus der Reihe fallen das chansoneske "If I Tell You I Love You" aus der Feder Melody Gardots und das abschließende "Strange Fruit" (wieder Billie Holiday), das mit seinem psychedelisch angehauchten Anfang schon fast an Pink Floyd erinnert. Doch bereichern sie das Album ebenso wie die Bläser, die einen dritten Pol bilden, ohne den Hauptakteuren in die Quere zu kommen. Immer wieder könnte man meinen, die Blues Brothers seien zurück – gleichwohl mit viel mehr Talent am Mikro. Dazu passt, dass der Co-Autor des Titeltracks, Steve Cropper, bei der Film-Combo einer der beiden Gitarristen war.
Nach "Don't Explain" (2011) ist "Seesaw" bereits das zweite gemeinsame Album des Duos. Da bleiben nur zwei Wünsche offen. Der erste: weiter so. Der zweite: ab auf die Bühne damit!
2 Kommentare
kann mit Joe Bonamasse überhaupt nix anfangen.
Habe von ihm das Album "driving towards the daylight" geschenkt bekommen und empfinde es als höchst langweilig.
Mit Blues hat der gute Mann mMn nicht viel am Hut. Ich verorte ihn viel eher im Bereich 08/15 Radiorock mit leichter Blues-Konnotation.
Gähn.
Mochte den mal sehr, aber Mann ist der in den Mainstream abgerutscht. Urgs. Blues kann sich dieser Mist eh nicht schimpfen, denn mit aufrichtigen Emotionen hat das Ganze nichts zu tun. Alles von vorne bis hinten glattgebügelt und durchkalkuliert, widerlich....