laut.de-Kritik

Der Kanadier verneigt sich vor seinen Helden.

Review von

Bryan Adams kennt man als kurzhaarigen Jeans-, Boots- und T-Shirt-tragenden Stadionrocker, den Mode- und Musik-Hypes nur am Rande interessieren. Seit Mitte der Achtziger präsentiert sich der stets lächelnde Kanadier als die Bodenständigkeit in Person. Kein Wunder also, dass sich beim Anblick des Cover-Fotos seines neuen Albums "Tracks Of My Years" die Augen des Betrachters weiten. Da präsentiert sich der seinerzeit 16-jährige Adams nämlich mit wallender Black Sabbath-Mähne und eng anliegenden Schlaghosen. Sein neues Album offenbart nun, zu welchen Klängen der der damals blutjunge Kanadier einen besonderen Bezug entwickelte.

Da wäre beispielsweise der Beatles-Klassiker "Anytime At All", ein völlig unterbewertetes Pop-Juwel, das seinerzeit völlig zu Unrecht im Schatten von "A Hard Days Night"-Hits wie "I Should Have Known Better", "And I Love Her" oder auch "Can't Buy Me Love" stand. Bryan Adams wickelt das Original in einen stadiontauglichen Rock-Pop-Mantel, der auch einem Brian Fallon wie angegossen passen würde.

Noch eine Spur kantiger erweist Adams dem großen Chuck Berry die Ehre. Den Vibe des Ursprungs stets vor Augen, rockt sich der Sänger stilecht mit hüpfender Piano-Begleitung und scheppernden Drums durch zweieinhalb Minuten Rockgeschichte.

Doch es waren nicht nur die flotteren Rock'n'Roll-Klänge, die den jungen Bryan Adams zur Gitarren greifen ließen. Er erfreute sich auch an urbanem Soul und Blues, was seine erdigen und getragenen Neuinterpretationen von Ray Charles "I Can't Stop Loving You" und Bobby Hebbs "Sunny" eindrucksvoll belegen.

Mit dem Album "Tracks Of My Years" beweist der Grammy-Preisträger, dass er auch nach über dreißig Jahren im Business noch genau weiß, wo seine Wurzeln liegen. Diese hegt und pflegt er aber nicht nur sondern gönnt ihnen auch einen Ausflug ins Licht. Mit Solidem, bisweilen auch Überdurchschnittlichem ("Lay Lady Lay", "Down On The Corner") im Gepäck begibt sich Bryan Adams auf eine Zeitreise, bei der sich vor allem seine Ü-40-Anhänger um Mitfahrgelegenheiten bewerben werden.

Mit "She Knows Me" gibt es aber auch noch einen knapp vierminütigen Fingerzeig in Richtung Zukunft. Auf dem einzigen neuen und eigenen Song des Albums präsentiert sich Bryan Adams allerdings nicht runderneuert, sondern eher in altbewährtem Gewand. Hier treffen ruhige Springsteen-Anleihen auf schunkelnde Arena-Einwürfe. Alles schön verpackt. Perfekt fürs Rockradio. Das kennt man zur Genüge. Wer wirklich Neues entdecken will, der wird eher bei den älteren Kalibern des Albums fündig. Verkehrte Welt? Irgendwie schon.

Trackliste

  1. 1. Anytime At All
  2. 2. She Knows Me
  3. 3. I Can't Stop Loving You
  4. 4. Kiss And Say Goodbye
  5. 5. Lay Lady Lay
  6. 6. Rock And Roll Music
  7. 7. Down On The Corner
  8. 8. Never My Love
  9. 9. Sunny
  10. 10. The Tracks Of My Tears
  11. 11. God Only Knows

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