laut.de-Kritik
Street Rap war gestern, es lebe der Beach Rap.
Review von Stefan Johannesberg"Mit Fahrtwind im Haar gehts die Küste entlang, jaja, wir sind gleich da wo uns die Brüste empfang'." Street Rap war gestern, es lebe der Beach Rap. Die viel zitierte Straße führt nicht durch Beton-, sondern durch Sandwüsten und der Teer klebt wirklich unter den Füßen.
Auf "Hitsköppe" werden keine Rapper gekillt, kein Doubletime geflext, keine Drogen vertickt, Büro am Strand "schrauben sich lieber ihre Helme ab", fühlen danach den "Teppich im Mund", "chillen beim Grillen mit dem Pils in der Hand" und "lächeln am Straßenrand ein Mädel frech an".
Die drei Kieler Sprotten grooven, rappen und singen sich dabei in bester Fettes Brot- und Fanta Vier-Manier durch ihr Debütalbum (nur online erhältlich). Jockel geht immer aggressiv nach vorne, Blogging-Star Winkel gibt den lässigen Ladylover und Gürtel überzeugt mit Flow und Wortwitz.
Gleich eine ganze Schar professioneller Gastfunker hält den Sound so frisch wie eine steife Brise von vorn und geben den Dreien die meiste Zeit die nötige Handbreit Wasser unterm Kiel. Das Trio bedankt sich artig und brutzelt trotz nicht überragender Skills und schon Kalk ansetzenden Alters mit der heißen Dreierlinie "Ponyhof", "Von Anfang an" und "Glück sieht anders aus" ein wahres Hit-Feuer durch die Sunblocker.
"Ponyhof" surft mit Banjo-Einsatz und Pfeifen die Ennio Morricone-Welle und punktet mit Dendemann'schem Tiefsinn ("Bei der Arbeit ist der Wurm drin, bei der Freundin leider selten") und schmissig-sonniger Hookline. "Von Anfang an" diggt dagegen tief im G-Funk des Dr. Dre. Still BAS!
Absoluter Höhepunkt des Albums ist jedoch das vielschichtige Elektro-Brett "Glück sieht anders aus": Büro am Strand wechseln hier Tempo wie andere Badehosen. Bemerkenswert: Bei allen Songs schimmert Optimismus durch die Wolken. Frei nach Thomas D: "Ich denke also bin ich, denk' ich positiv gewinn ich".
Doch auch in der Coast City-Kiel ist nicht alles Bernstein, was glänzt. Auf dem ironischen "Nich' Hip Hop" ("Wir haben schon Texte geschrieben, da konntet ihr noch nicht lesen / Lukas Podolski hieß bei uns Thomas von Heesen") schwimmt Ex-Viva-Moderator und Thomas D.-Mitbewohner Nils Bokelberg mit seltsam-schlechten Old School-Off-Raps ans Mic. Das hätte nicht nötig getan.
Überflüssig wie Feuerquallen sind auch die Fußballhymne "Wenn wir zusammenhalten" und der Katerklamauk "Immer wieder Sonntags". Letzteren covert dann wohl Mike Krüger auf seinem neuesten Album und da gehört diese Lotto King Karl-Reminisenz auch hin.
Doch echte Beach Boys lassen sich den Spaß nicht verderben und so zeigt "Hitsköppe" aka der Soundtrack zum Sonnenuntergang der bürgerlichen Mittelschicht den Weg zurück ins Rap-Geschäft. Und wenn Jay-Z schon Flipflops tragen darf und mit Coldplay über Strandkörbe fantasiert, dann ist auch für BAS eine Liege frei, oder? "Bist' ein Lebemann, Digger - dann verstehst' das."
3 Kommentare
kannte die Jungs vorher noch nicht,
mal reingehört, für gut befunden!
sauber, echter weisswesten-rap!
ein Johannesberg Review, dinge gibts. welcome back.
Puuuh, ich kann mit dem Album üüberhaupt nichts anfangen, viel zu anbiedernd und zu viele Sprichwörter (allein "Ponyhof"!), dazu die praktisch nicht vorhandenen Skills (Flow wie bei den frühen Fantas + Kindergartenreime).
Die Jungs hätten mal lieber ein reines Pop-Album ohne Rap-Einlagen gemacht, aber so. Geht mal garnicht.