laut.de-Kritik

Mit der Action des John Wick ins achte Studioalbum.

Review von

Was die Musikrichtung Grunge auszeichnete, war der Schmerz in jeder Song-Faser. Aus diesem Genre überlebten vor allem Pearl Jam, aber im Schatten auch Bush. Da Sänger Gavin Rossdale und seine Kollegen in den USA immer mehr Erfolg einheimsten als in ihrer englischen Heimat, passt auch der US-Bezug im Song "Bullet Holes". Dieser Titel spielte schon vorab mit Amerika-Feeling und markiert einen Höhepunkt auf dem neuen Album.

"I'm on my way crossing America", lautet das Setting, denn die Nummer entstand für den Road-Movie-Action-Thriller "John Wick: Kapitel 3", der die Flucht des Killers Wick von New York nach Marokko zeigt. Von Thrill lebt auch das Bush-Album. Ein Dutzend harte Bretter krachen. Die Single "Flowers On A Grave" klemmt noch am stärksten im radiotauglichen Modern Rock-Korsett. Interessanter fallen besonders "Quicksand" und "Send In The Clowns" aus und servieren veritable Grunge-Disharmonien. Auch wenn ein Hit wie "Swallowed" dabei nicht heraus springt.

Knackige Drums, intensive Vocals, basswummernde Stromgitarren-Ouvertüren, ausgeklügelte Riffs, minimal melodiös: So sieht das Rezept aus. Die meisten Stücke schütteln den Ambient ab, den Bush ausprobierten, auch die Balladen und den diffus-verwaschenen Alternative Rock. Kein Platz mehr für Lieblichkeit, Paranoia setzt sich als Thema durch.

Laut Rossdale inspirierten die Texte die Musik. Die Songtitel weisen in eine düstere Richtung: ein Fluss, der Blut mitschwemmt ("Blood River"), ein Grab, Treibsand, Einschusslöcher, ein Geist in einer Maschine ("Ghost In The Machine"). "Bullet Holes" stehen bildlich dafür, dass einen Mitmenschen ausnutzen. Allgemein geht es viel um Unkontrollierbarkeit, um Selbstgerechtigkeit und die tägliche Tretmühle. 

Rossdale fokussiert sich auf die Qual, die sich beim Versuch entwickelt, mit Dingen klar zu kommen, auf die man keinen Einfluss hat und die sich schwer ertragen lassen. Außer wenn man sie ignoriert. "The Kingdom", sein Königreich, möchte der Sänger als heile Welt und den eigenen "Mind Set", das Bei-Sich-Ankommen gestalten. Das hört sich wie der Wunsch nach einem schützenden Kokon und die Befürwortung der Filterblase an. Jedenfalls malen Bush eine utopische Zone.

Der dichte, engmaschig gestrickte Sound kündet schon davon, die Luken dicht zu machen und sich zurückzuziehen. "Quicksand" behandelt eine endlose Online-Partnersuche. Die Instrumente hart und kantig, schreit auch dieser Song nach Klarheit und Entschlossenheit. "Mir gefällt der Gedanke", meint der seriell liierte Rossdale, "dass sich die Menschen auf der Suche nach Liebe im Treibsand befinden (...) Die Liebe ist so implosiv geworden, weil die Menschen heutzutage so seltsam sind."

Ursprünglich nannte Rossdale das Album "My Mind Plays Tricks On You", nach einer Songzeile aus "Undone". Dieser Song sticht musikalisch heraus, weil er sich wie eine Pause zwischen all die anderen Tracks setzt. Hier wird es mal für kurze Zeit leiser im Sinne von Skunk Anansie. In dem dennoch drohend aufgebauten Umfeld lässt sich Gavins Stimme klarer wahrnehmen, sie wirkt auffallend gut in den Höhenlagen.

"Do it for the fun (...) and do it for the thrills", heißt es in "Falling Away" und der Gesang wirkt, als habe ihn Rossdale bei einem Fallschirmsprung geträllert: Halleffekte und Lautstärke-Schwankungen ahmen die Fallbewegung aus großer Höhe nach. So enthält "The Kingdom" zur Hälfte sehr charakteristische Songs für Fans der Rockmusik, die man einst Grunge nannte.

Trackliste

  1. 1. Flowers On A Grave
  2. 2. The Kingdom
  3. 3. Bullet Holes
  4. 4. Ghost In The Machine
  5. 5. Blood River
  6. 6. Quicksand
  7. 7. Send In The Clowns
  8. 8. Undone
  9. 9. Our Time Will Come
  10. 10. Crossroads
  11. 11. Words Are Not Impediments
  12. 12. Falling Away

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