laut.de-Biographie
Caribou
Die Geschichte von Caribou beginnt mit Manitoba. Richtig, nicht in, sondern mit Manitoba. Denn Caribou ist Manitoba. Und Daniel Snaith ist beides. Verwirrt? Dabei ist alles so einfach.
Daniel V. Snaith, Jahrgang 1979, wächst in Dundas, einer Kleinstadt außerhalb von Toronto in Ontario, Kanada auf. Der Mathematikstudent beginnt 2000 mit dem Musikmachen. Mit seiner akademischen Laufbahn tritt er in die Fußstapfen seiner Eltern, die an englischen Universitäten Mathematikprofessuren inne haben (der Vater Victor in Sheffield, Mama Nina in Bristol).
Dennoch spielt Snaith, der sich für das Pseudonym Manitoba entscheidet, keinen Mathrock. Als erstes Release verbucht er die EP "People Eating Fruit" im Jahr 2000. Ein warmer, maschinell groovender Elektrosound prägt sein Debütalbum "Start Breaking My Heart". Es erscheint im Frühjahr 2001 beim britischen Leaf Label.
Manitoba samplet wie ein Weltmeister, unter anderem auch Jazz, und erinnert mitunter an Meister des Fachs wie DJ Shadow. Nach einer weiteren EP ("Give'r") kommt im März 2003 wiederum bei Leaf das Zweitwerk "Up In Flames" heraus. Hier zeigt sich Snaith, der es im Übrigen bevorzugt, alleine zu arbeiten, vom Big Beat beeinflusst.
Einige Stücke erinnern an die elektonische Psychedelia der Chemical Brothers. Im Jahr nach der Release kommt Ungemach auf den Musiker zu: Der Sänger der Dictators, Handsome Dick Manitoba, erwirkt, dass Snaith nicht länger seinen Künstlernamen benutzen darf.
Der hadert nicht lange mit seinem Schicksal und nimmt den neuen Namen Caribou an. Sein Label zieht mit und rereleast die beiden ersten Alben. Der erste neue Output unter dem neuen Künstlernamen ist die Single "Yeti". Jetzt überwiegt das Psychedelische, die elektronischen Spielereien finden mehr im Hintergrund statt.
Die Single ist Vorbote der im April 2005 erscheinenden Platte "The Milk Of Human Kindness". Eine Referenz an Billy Braggs Hit "The Milkman Of Human Kindness"? Wie dem auch sei, die DVD "Marino" kommt noch im selben Jahr heraus und kompiliert nicht weniger als 20 Videos.
Snaith wohnt mittlerweile in London und ist dort mit zahlreichen visuellen Künstlern zusammen gekommen, die nicht nur für seine Kurzfilme, sondern auch für die bildliche Umsetzung seiner Liveshows verantwortlich zeichnen. Auch für seine akademische Karriere ist 2005 ein wichtiges Jahr, erreicht er doch den Doktortitel der Mathematik am Imperial College in London. Dennoch lässt er die Wissenschaft Wissenschaft sein und widmet sich nach einer längeren Tour ab Anfang 2006 wieder dem Musikmachen.
Heraus kommt "Andorra" (2007), sein viertes Studioalbum und das erste, das bei Merge erscheint. Das Psychedelische steht auch beim Nachfolgewerk "Swim" noch hoch im Kurs, was Snaith jedoch nicht daran hindert, auch mal Technobeats mit Harfen- und Glockenklängen zu paaren.
Während der Sound von Caribou zunehmend eingänglicher wird, versucht sich Snaith nochmal an experimentelleren Platten und schafft sich dafür sein drittes Pseudonym, Daphni. Unter diesem Namen veröffentlicht er 2012 "Jiaolong", das geprägt ist von seinem Faible für analoge Synthesizer-Sounds des Chicago House: roher, dreckiger Maschinismus mit polternden Bässen, Bleeps und gelegentlichen Acid-Anleihen.
Sein Hauptprojekt Caribou vergisst er darüber aber nicht und präsentiert 2014 "Our Love" in gewohntem Stil. Soul-Elemente und schwingende Basslines treiben Elektro-Jünger wie Indie-Fans gleichermaßen auf die Tanzflächen.
2017 erscheint das zweite Projekt als Daphni mit dem Titel "Joli Mai". Der umtriebige Kanadier streift hier durch Disco, House, Rave-Hymnen, und scheut sich auch nicht vor psychedelischen Elementen. 2020 folgt das Album "Suddenly", das eine Wiederkehr zu Snaiths experimentellerer Natur verspricht. 2022 wechselt er wieder zu Daphni und veröffentlicht das wohlwollend aufgenommene "Cherry", das mit seiner oberflächlichen Vergnügungssucht schon den Weg aufzeigt für das 2024 wiederum als Caribou veröffentlichte "Honey", das teils wie in denselben Kessel getaucht klingt.
Seine musikalische Vorreiterrolle büßt Snaith mit den Jahren ein wenig ein. Insbesondere als Live-Act, sei es als DJ oder mit Band, genießt er jedoch einen immer weiter zunehmenden, schallend guten Ruf. Ob als Caribou, Daphni oder in anderen Inkarnationen: Die Schweißporen öffnen sich, sobald eines seiner Konzerte beginnt.
Noch keine Kommentare