laut.de-Biographie
D'Artagnan
"Große Taten, Heldenmut und schöne Frauen. Gibt es etwas Besseres?" Die Eingangsfrage, die D'Artagnan auf ihrer Homepage stellen, ist direkt und ehrlich. Sie stellt jeden potenziellen Musketierrocker - so der von D'Artagnan aufgemachte Genrebegriff - sofort vor die Wahl.
Kommst du gut klar auf Mittelaltermärkte, Hofnarretei, Flötensoli, Degenschlager und breitbeinige Männlichkeit? Falls ja, sind die drei Nürnberger im Folkschlager-Rüstzeug genau die bierseligen Musketierverkörperer, auf die du insgeheim gewartet hast. Mindestens seit Charlie Sheen den Film-Aramis gegeben hat.
Lautet die Antwort Nein und klickt man sich dann doch lieber woandershin weiter, bleibt nur erstauntes Augenreiben. Die Kaufkraft der Folkschlagerfans in der Republik ist nämlich so groß, dass das D'Artagnan-Debütalbum "Seit An Seit" im Februar 2016 direkt auf Platz zwei der Amazon-Popcharts geht.
Woher kommen die drei Degenschwinger von D'Artagnan denn eigentlich, fragen sich daraufhin beide Lager. Zumindest Sänger/Dudelsacker/Flötist Ben Metzner und Zweitstimme/Gitarrist/Bassist Felix Fischer haben schon gemeinsam die ein oder andere Kerbe in die Burgmauer geritzt. Bei der Erlanger Mittelalter-Rockband Feuerschwanz nämlich spielen sie bereits seit 2014 zusammen. Da ist Metzner bereits sieben Jahre lang der Flöten- und Dudelsack-Spezi unter dem kalauernden Pseudonym Prinz R. Hodenherz III. Jugendfreund Fischer stößt als Bassist zur Formation.
Dergestalt pechhumorig vorbelastet, scheint es nur zu konsequent, dass sich das dynamische Feuerschwanzduo mit Sänger und Metalgitarrist Tim Bernhard zusammenschließt, um einen Plattenvertrag beim Major Sony zu unterschreiben. Dort hält man nämlich schon etwas länger die Riecher in den Schwefelwind, um Konkurrent Universals Seefahrerschlagertrupp Santiano etwas vergleichbar Zotiges entgegenzusetzen.
Für "Seit An Seit" setzt sich das Trio mit Thomas Heimann-Trosien an den Tisch, der wiederum schon als Produzent für Schandmaul, In Extremo und Nightwish verantwortlich zeichnet. Traditionals, eigene Folkschlager-Kompositionen und jede Menge Pathos werden miteinander verwebt.
Von Beginn an scheint also klar, dass sich D'Artagnan ihre Gefolgschaft nicht ausschließlich im Schlagerzelt oder beim Cosplay abholen wollen, sondern auch bei den Schattenfreunden vom Wave-Gotik-Treffen hausieren gehen. Auf Facebook nennt man Santiano, Schandmaul und Subway To Sally auch explizit als Vorbilder.
Dem Großteil der hiesigen Gothrock-Anhänger scheint die Mache jedoch allzu maschinell gestrickt. D'Artagnans Kumpanei- und Stammtischgrölrock schlägt dort nur wenige Wurzeln. Der laut.de-Rezensent bemerkt anlässlich "Seit An Seit": "Die großen Plattenfirmen haben schon länger erkannt, dass sie geistlose Volksmusik wunderbar in vermeintlich coole Nischen stecken können, um eine Zielgruppe zu erreichen, die zwar mit Helene Fischer nichts zu tun haben will, aber auch nicht auf stumpfes Mitklatschen verzichten kann."
Der Nürnberger Spitzbartdreier formuliert das selber so: "Und doch passt unsere Musik durchaus auch noch in die heutige Zeit - finden wir zumindest ;)." Zeilen wie "Ach Bruder, lass uns reiten, es ist wieder so weit / Ich werde dich begleiten durch Licht und Dunkelheit" haben bei Florian Silbereisen jedenfalls immer ein Zuhause. 2016 stoßen mit Bassist Sebastian Baumann und Drummer Matthias Böhm noch zwei Live-Musiker zu der Band, die sich auch an den Aufnahmen der Folgealben beteiligen. Ebenso wie E-Gitarrist Haiko Heinz, der sich der Truppe ein Jahr später anschließt. An der Schunkeligkeit der Musik D'Artagnans ändert sich auch auf "Verehrt Und Verdammt", das noch im selben Jahr auf den Markt kommt, nichts.
2018 wirft Felix Fischer das Handtuch. Dafür kommt Geiger Gustavo Strauss in die Band. Musikalisch bleiben die Nürnberger ihrer Linie treu. Auf den Folgealben "In Jener Nacht" (2019), "Feuer & Flamme" (2021) und "Felsenfest" (2022) begegnet man der selben Mischung aus ganz falsch verstandenem Irish Folk, Schlager und Mittelaltermarkts-Männlichkeit wie auf den Vorgängern.
Noch keine Kommentare