laut.de-Kritik
Dumas wäre bis auf die Knochen erblasst.
Review von Ulf KubankeD'Artagnan holen zum zweiten Streich aus. Im Wissen um den polarisierenden Effekt ihres Schaffens nennen sie das neue Album vorsichtshalber "Verehrt Und Verdammt". Mit dieser schlauen Anlehnung an Villons "Verehrt Und Angespien" endet die Cleverness des Gebotenen jedoch bereits. Mit Fug und Recht hätte man die Platte auch "Die Degen Des Debilen" nennen können.
Das Fiasko liegt nicht etwa am erwählten Schlager-Genre. Urväter des kostümierten Getüdels wie Dschinghis Khan boten bereits vor fast 40 Jahren mit Stücken wie "Moskau" tolles Songwriting zum Mummenschanz. Auch heutige Kollegen wie Santiano zeigen nicht selten, dass man diese Musiknische durchaus mit Substanz füllen kann. D'Artagnan indes pfeifen auf den ehrenvollen Pfad des Musketiers und beuten den Mythos stattdessen schamlos verflachend aus. Da wäre sogar Dumas bis auf die Knochen erblasst.
Etliche Hörer wissen es längst: Zwei Drittel des Trios bestehen aus Mitgliedern von Feuerschwanz. D'Artagnan sind nicht nur personell Feuerschwanz extended. Auch methodisch frönen sie deckungsgleich derselben künstlerischen Nivellierung. Egal, ob in Ritterrüstung oder im Gewand des Musketiers: Alles klingt gleichermaßen austauschbar und audiophob.
Anders als in Hanutas Musketier-Spot ist der musikalische Keks hier längst weich. Zielstrebig und teuflisch wie Richelieu entwürdigen D'Artagnan simultan gleich vier Richtungen. Obgleich die reitenden Vier nicht eben berühmt waren für ihr Seefahrertum, streuen sie in etliche Tracks kastrierte Shanty-Imitate, deren Seetüchtigkeit nicht einmal für die Badewanne reichte. Rock- und Folk-Elemente simulieren Ben Metzner und Co. mit denkbar fadesten Akustik- und E-Gitarren-Arrangements plus ein paar Alibi-Mandolinen.
Zuguterletzt bekommt dann noch der Schlager eins auf den Federhut. Die Entehrungen geraten gleichermaßen songwriterisch wie textlich konsequent. Sämtliche Lyrics zeigen sich gänzlich unbeleckt jeglichen sprachlichen Talents. Besonders schlimm: Die Zeilen bieten den üblichen Sud aus Fragen, die niemand stellte, und Antworten, die man schon hundertfach besser formuliert vernahm. "Jubel" gehört zu diesen in Wort wie Melodie indiskutablen Blindgängern:
"Eh-Oh! Eh-Oh! Jubel, Jubel, Jubel, Jubel!"
Kalkuliert und bar jeden Charmes amputieren sie uralten bretonischen Evergreen "Son A Chistr" die Verve. Das Traditional wird seit Jahrhunderten in etlichen Versionen interpretiert, zuletzt 2017 sehr schön von Gwennyn & Tri Yann auf dem Sampler "Breizh Eo Ma Bro!". Hierzulande erlangte es 1980 in der deutschsprachigen Version der Niederländer Bots Kultstatus als "Sieben Tage Lang". D'Artagnan pfeifen auf Emotion und Würde. Sie killen das schöne Lied einfach mit ihrem stoffelig nivellierenden Musikverständnis.
Schon allein die schmierig kalkulierte Produktion ihrer Coverversion ist ein soundästhetisches Ärgernis. Damit schlägt ihre Wurstigkeit allen bisherigen Interpreten und dem Track gleichermaßen ins Gesicht. Bezeichnend auch, dass sie Bots' Übersetzung des bretonischen Traditionals zwar nutzen, aber es weder "Sieben Tage Lang", noch "Lied Des Cidre" (Originalübersetzung) nennen, sondern den Titel "Was Wollen Wir Trinken" wählen, eine Parallel-Bezeichnung die seit jeher lediglich komplett ahnungslosen Saufnasen vorbehalten blieb.
Am Ende steht die traurige Gewissheit, dass der grobschlächtige, pseudomoderne und uniforme Teutonenschlager a la D'Artagnan, Feuerschwanz etc. nicht einmal mehr ein trüber Schatten ehemaliger Glanzlichter wie Daliah Lavi, Katja Ebstein oder Udo Jürgens ist. So pressen sie die karge Zitrone weiter aus und kredenzen Blech als Gold in Erwartung eines gehörlosen Publikums.
12 Kommentare mit 36 Antworten
ich habe tatsächlich mal das video angeklickt um meinen ersten eindruck zu bestätigen. und der wurde bestätigt.
ach du meine güte. das ist keine satire, die meinen das ernst, oder?
das wird tatsächlich gekauft?
die kommen im video sowas von grenzdebil rüber, man möchte ärztliche hilfe holen.
Musik für Drachentöter, die zum Frühstück bereits dem Met verfallen sind und am liebsten auf einer Ritterburg im Finsterwald hausen würden. Im Mittelalter hätten die Knaben vermutlich keine 2 Tage überlebt.
Ist halt noch eine Steigerung Santiano ,.. läßt sich verkaufen wird produziert. Man frägt sich schon wem so etwas gefällt ,.. aber das habe ich mich ja bei Modern Talking auch schon
Oder bei The Boss Hoss.
D'Artagnan sind eben auch Junx die excelente Mugge machen können,.. .., ,..
morrpho jeder hat seine schwachen Momente, aber bitte MT ist für mich noch eine andere Stufe
Würde Ed Sheeran auch noch in die Liste eintragen
Santiago...SUBSTANZ...ok...Laut.de ist nicht wählbar
natürlich nicht...alles streng monarchistisch!
Das großartige neue Album von dArtagnan ist wirklich höchst unterhaltsam und macht einfach nur gute Laune! Der Spaßfaktor wird durch den zu erwartenden Vollverriss und die entsprechenden sauertöpfischen Kommentare zusätzlich in höchste Höhen geschraubt. Ganz großes Kino - und darauf jetzt ein Hanuta!
Schau wie ich Mantel und Degen des Schweigens über diesen Kommentar lege und ihn somit einfach vertouché. Zorro not zorro.
Absoluter Gute-Laune-Garant für Leute, denen Mario Barth zu intellektuell ist.
Willkommen zurück und mille props für den Nick. Fehlt nur noch oinki.
Jo welcome back
Schön, dass du wieder da bist, morpheau.
Hallo oinki. Ich freue mich sehr, dich auf laut.de begrüßen zu dürfen. Ich darf wohl annehmen, dass es sich bei dir um einen User mit komplett neuer Ausrichtung handelt?
OINKI!!!!!!!!!!!!!!!!!!
oinki
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Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Schön, dass hier Leben in der Bude ist. Ein wenig erstaunt bin ich nur über die erneute Erwähnung von Mario Barth. Ich steh' eher auf Heinz Erhardt, Loriot und Sarah Silverman.
PS 1: Mit oinki bin ich nicht identisch. Scheint aber ein netter Kerl zu sein.
PS 2 : Hör gerade das neue Album Savage von Gary Numan (ja, mein Musikgeschmack ist breit gefächert). Hypnotische Musik! Bin mal wieder schwer begeistert!
Halt die Fresse, fick die Presse, hier geht es um oinki.
Eigentlich wollte ich jetzt Ruhe geben. Da ich aber gegen Befehle allergisch bin, gebe ich jetzt doch noch ein letztes Mal meinen Senf dazu. Nur um Dich zu nerven, lieber 41st. Du weißt das hoffentlich zu würdigen!
Geil, D'Artagnan gehört und erstmal eine zünftige Brotzeit mit Rügenwalder Mühlenmett eingelegt und dann schön mit geballter Faust ein Fistfest aus Lust und Rausch gefeiert.