laut.de-Kritik
Diese Pfaffen stellen den inneren Frieden auf die Probe.
Review von Irene WinklerDas vierte Album der Priester taufen die Ordensmänner auf den Namen "Möge Die Straße". Was wie eine ungewöhnliche Aufforderung an die Gemeinde klingt, richtet sich viel eher als Fürbitte an jene symbolische Straße, auf dass sie "... uns zusammenführen" möge. So hoffen die Priester im Vorwort ihrer CD, dass sich ihre musikalischen Wege mit denen ihrer Hörer und derer Gottes kreuzen. Ihr Ansinnen sei es, Inspiration, Freude und Hoffnung in die Welt hinaus zu tragen.
Das versuchen sie mit wirklich allen Mitteln und meinen es damit wieder einmal viel zu gut. Die dargebotenen Lieder legen weiß Gott kein Zeugnis priesterlicher Bescheidenheit ab. Allgegenwärtige, allzu liebliche Streicher, ein Schlagzeug, das vehement zum Marsch trommelt, melancholisches bis heiteres Pianogeklimper und die glockenhellsten Flötentöne werden einem da gespielt.
Diese opulenten Arrangements fügen sich ins christliche Liedgut jedoch ebenso gut ein wie güldene Armaturen ins klösterliche Bad. Gnadenlos mit allerhand musikalischem Blingbling überladene Stücke wie "Dein Reich Komme, Vater" oder "Es Ist Für Uns Eine Zeit Angekommen" kann man schon als Nötigung zum Frohlocken interpretieren. "Gloria In Excelsis Deo" dürfte als Kirchenlied kaum mehr wiederzuerkennen sein. Viel eher wartet man darauf, dass eine Horde Krieger im Gleichschritt in die Kapelle marschiert.
Dafür soll sich das Auditorium beim darauf folgenden, auf Latein geschmetterten "Ave Regina Caelorum" auch im kleinsten Kämmerlein wie in der ersten Reihe des Petersdoms fühlen. Den Hall auf Anschlag drehen, muss genügen. "Kommt, Anbetet", das auch ohne Ausrufezeichen im Imperativ steht, will man dem Zuhörer offenbar auf hypnotische Weise eintrichtern. Diese Nummer, die mit fünfeinhalb monotonen Minuten die längste Laufzeit und mit 45 langgezogenen Wörtern den wenigsten Text in sich vereint, stellt den inneren Frieden enorm auf die Probe.
Kirchliche Gassenhauer wie "Singt Dem Herrn, Alle Völker Der Erde" und "Wenn Das Brot, Das Wir Teilen" rufen wiederum Erinnerungen an den katholischen Kindergarten wach. Bedauerlicherweise singen die Priester auch zu Tamburin-Geschepper und Akustikgitarre derart schwülstig, dass selbst diese Stücke ihre Unschuld verlieren.
Zwei Fragen drängen sich geradezu auf: Wer hört so etwas? Und: Zu welchem Anlass? Trotz Einbeziehung unterschiedlicher Probanden ließ sich dafür keine Antwort finden. Anverwandten aus drei Generationen vorgespielte Hörproben führten unisono zum Ausruf: "Mach das aus!" - Ja, sogar die gottesfürchtige Oma stellte die berechtigte Frage: "Soll das fromm sein?"
Nach all dem, was einem hier geboten wurde, erwartet man als nächste Veröffentlichung eigentlich eine Abschieds-Single mit dem Titel "Herr, Ich Habe Gesündigt". Passenderweise mit einem Beichtstuhl auf dem Cover.
6 Kommentare mit 5 Antworten
Mein aufrichtiges Beileid, dass du dir die ganze Pltte geben musstest.
..ein doppeltes oberaffengeil !!...Platte des Jahres !!!
Entdeckung des Jahres !!
Wer zur Hölle entscheidet bei euch eigentlich welche platten gehört und rezensiert werden müssen? Das grenzt ja an Folter hier : schließe mich den Beileid-Wünschen an.
..der Teufel entscheidet ...!
Nenene. Wenn schon, dann Powerwolf in der Church.
"Satani, Satani, in amus dignita..."
Nein, auch nicht. Powerwolf sind quasi die pseudo-metallische Version von Die Priester.
Da solltest du vll. noch mal genauer hinhören. xd
Bei den Videos warte ich immer, dass jeden Moment Oliver Kalkofe ins Bild springt.
Universal Music Group, d.h. es muss eine Zielgruppe geben.
Entweder gibt es einfach einen großen Markt für christliche CDs mit Wellness-Texten und/oder Die Priester sprechen genau die Menschen an, die weder in die Kirche gehen noch die Bibel lesen, sich aber trotzdem um ihr Seelenheil sorgen (quasi ein auf CD gepresster Weihnachtsgottesdienst).
Ich denke, dass auch die Evangelikalen ganz gut dazu trällern können.