laut.de-Biographie
Don Felder
Don Felder hat Musikgeschichte geschrieben. Für die "Rock and Roll Hall of Fame" qualifiziert er sich mit formal als Mitglied der Eagles, noch viel mehr aber als Ko-Autor von "Hotel California". Genauer: Felder komponierte die Melodie. Die Leserschaft der "Gala" wählte den Song in einer Abstimmung Mitte der 90er zum Song des Jahres 1977. Die Hörerschaft des Radiosenders Bayern 3 kürte den Song in einem mehrwöchigen Internet-Votum anno 2003 gar zu dem Song der 70er Jahre überhaupt.
Trotz dieser Melodie, die jeder kennt, erweist sich der Output Felders als bescheiden, zumindest als Komponist. Bei den Eagles ließen sie ihn vielleicht nicht so recht ran. Solo aber kam auch nicht viel nach: ein Album 1983, zwei Soundtrack-Songs, wieder ein Album 2012. Da hat Felder schon das Renteneintrittsalter erreicht. Seine dritte Solo-Platte "American Rock'n'Roll" erscheint erst 2019.
In Gainesville, Florida, kommt Don Felder zur Welt und wächst dort auf. Als er etwa 19, 20 ist, so genau steht das in seiner berühmten Autobiographie nicht, zieht er nach New York City um, und anschließend nach Boston, Massachusetts. Was auffällt: Mit Kalifornien kommt er noch gar nicht in Berührung, gleichwohl die Eagles das Image der Kalifornier schlechthin umweht. Gainesville, Florida: Über diese Stadt hat Tom Petty mit den Heartbreakers einen Song gemacht. Denn auch Petty stammt von dort. Da die Welt klein ist, nimmt Petty sogar Gitarrenunterricht bei, genau: Don Felder.
Doch der bringt sich das Gitarrespielen selbst bei. Er gehört zur von Elvis inspirierten Generation: Als er Elvis sieht, will er auch tun, was dieser Typ tut. Ein Band-Aufnahmegerät - solche Kaliber waren damals schwer wie Fahrräder - unterstützt Felder: Denn er lässt die Bänder langsamer abspulen und versucht die Akkorde an der Gitarre gleichzeitig zu greifen. So etwas nennt man wohl einen klassischen Autodidakten.
Dass Felder sich später als sehr erfinderisch in seinen Soli erweist, prägt den Eagles-Sound einerseits sehr deutlich mit. Andererseits sind seine Soli so hochgradig wiedererkennbar, dass er Joe Walsh an den Rand spielt und die sowieso recht brüchige Gruppenharmonie stört. Bis Felder bei den Eagles eintritt, hat er schon unterschiedlichste Erfahrungen als Gitarrist in Folk- und Jazzbands gesammelt und Blues-Größe Gregg Allman (berühmt durch das Instrumentalstück "Jessica" mit den Allman Brothers) getroffen. Der bringt ihm speziell das Spiel der Slide-Guitar bei, das heißt die Technik bestimmte Werkzeuge aus Stahl einzusetzen, um die Gitarrensaiten anders, softer, verwaschener oder bluesiger klingen zu lassen.
Mit Woodstock-Legende Stephen Stills verbindet den späteren Eagle schon in den 60er Jahren enger Kontakt. Als Support-Act spielt Felder eine Tournee lang für CSN; Jahrzehnte später machen die drei Herren mit den hohen Stimmen auf seiner Solo-CD "Road To Forever" mit. Anfang der 70er Jahre ist Felder im Folk-Segment unterwegs. Seinen Einstand bei den Eagles 1974 behindern von Anfang an Rivalität und Misstrauen.
Man lässt Felder wenig machen, und das auch mit Gründen. In der DVD "History Of An American Band – The Story Of The Eagles" gibt es viel später, als sich einige Eagles nur noch über Rechtsanwälte miteinander unterhalten, einen bösen O-Ton von Glenn Frey. Darin spricht er dem Kollegen Don Felder die Gesangskunst ab: Der Kollege befände sich nicht auf dem Niveau der anderen großartigen Eagles-Stimmen. Einen Song gibt es, in dem Felder den Lead-Gesang trägt: "Visions" auf dem Album "One Of These Nights". Insgesamt hört man Felder vor allem auf zwei Songs der LP "On The Border", sowie auf den Alben "One Of These Nights" (mit vier Gitarrensoli), "Hotel California" und "The Long Run". Auf diesem letzten Eagles-Album erklingt seine Stimme immerhin im Hintergrund, durch die Talkbox.
Am 31. Juli 1980 treten die Eagles für einen Abgeordneten der Demokraten in Kalifornien auf. Was sie nicht wissen: Dieser Politiker, Alan Cranston, bewirbt sich 1984 als Präsidentschaftskandidat seiner Partei. Don Felder macht sich über Cranston, quasi den Gastgeber lustig, Glenn Frey wird daraufhin sauer und zwischen Felder und Frey köchelt es. Es fällt Felders Ausspruch: "I'm gonna kick your ass, when we get off the stage. ("Sobald wir von der Bühne runter sind, versohl ich dir den Arsch!"), der das Ende der Eagles einleitet. Am Ende des Konzerts zertrümmert Felder vor Wut seine Gitarre.
Frey und Felder streiten auch vorher oft auf der Bühne. 1980 steigt Felder aus, und die Eagles trennen sich vorerst. Sechs Jahre hatte Felder dort durchgehalten. Aus seiner Feder stammen noch "Too Many Hands", "Visions", "The Disco Strangler" und "Those Shoes", und er beteiligt sich an der Entstehung von "Victims Of Love". Wäre der Hit der Eagles, "Hotel California", nicht auf Felders Konto gegangen, wer weiß, ob sich die Trennung nicht früher ereignet hätte. Und zu seiner Leistung gehört nicht nur die Melodie, sondern auch das Gitarren-Duett zusammen mit Joe Walsh. Es prägt diesen Song so sehr, dass es nie überzeugende Coverversionen anderer Bands gab.
Dennoch entfaltet sich Felder in den Folgejahren nicht als Songschreiber. Erst überbrückt er die Zeit als Gast-Gitarrist für Stevie Nicks auf ihrem legendären Album "Bella Donna", auf dem sich die Créme de la Créme des amerikanischen Folk-Rock versammelt. Erst 1983 macht Felder ein erstes Soloalbum namens "Airborne". Ex-Kollege Don Henley lädt Don Felder ein, ihn auf Tour zu begleiten – Felder lehnt ab. 5000 Dollar als Pauschale sind ihm zu wenig.
Für Tourneen und Live-Aufnahmen kommen die Eagles zwar 1994 teilweise wieder zusammen, mit Felder und Frey. Doch die Spannungen bauen sich wieder auf und gipfeln ab 2001/02 in Rechtsstreitigkeiten. Am meisten Geld dürfte Felder dann an seiner Autobiographie "Heaven And Hell: My Life In The Eagles (1974–2001)" verdienen statt an der Musik. Felder verfasst das Buch zusammen mit der Londoner Journalistin Wendy Holden. Das 350 Seiten-Druckwerk arbeitet sich von der Kindheit Felders langsam und erst nach einigen Kapiteln zur Eagles-Thematik vor.
In diesem Kontext geht es dann weniger um lustige Anekdoten, sondern vordergründig um Hass, Zwist und kalten Krieg zwischen den Musikern. Glenn Frey nennt den Inhalt "bullshit", und Don Henley mokiert sich öffentlich, Felder sei eben verbittert. Frey (verstorben im Januar 2016) interpretierte die Geschichte der Eagles anlässlich des "Dirty Talk"-Buches so: Nicht der Streit habe sie getrennt, sondern die Anspannungen seien Teil ihres Konzeptes gewesen. Genau die Art und Weise, wie sie in der Band miteinander umgingen, erkläre die Langlebigkeit der Gruppe: Schließlich hätten sie ja ab 1994 wieder miteinander gespielt.
Auf "Long Road Out Of Eden" 2007 ist Felder aber nicht mehr mit dabei, findet keinen Frieden mit den Ex-Kollegen. Er gewinnt für sein zweites Album "Road To Forever" Mitglieder der Gruppen Toto und Styx. Im Alter von 71 Jahren legt der Musiker aus Florida dann sein drittes Solo-Werk vor: "American Rock'n'Roll". Darauf klotzt er mit Gästen, von Slash bis Satriani.