laut.de-Kritik
Polaroid-Songs mit Pop-Appeal und kohlschwarzem Herz.
Review von Christoph DornerDie Illusion, sie ist einfach perfekt. Nicht nur, dass Kristin Gundred sich Dee Dee rufen lässt, sich mit ihren drei Mitstreiterinnen als weibliche Ramones-Gang geriert und Blondie-Produzent Richard Gottehrer engagiert hat. Nein, sogar der Bandname ist ein historisches Songzitat, und das Albumcover von "I Will Be" verweist zurück in eine goldene Vergangenheit, die diese Band hochleben lässt.
Nämlich in das Jahr 1972, als jene Polaroid-Aufnahme mit ihrer Mutter entstand, die vom Label Sub Pop zigtausendfach auf das Cover von CDs und Schallplatten gedruckt wurde. Auf einer Zeitleiste platzieren sich die Dum Dum Girls damit auch genau in der Mitte zwischen frechem Bubblegum-Pop von Sixties-Girlbands und den späten 70er Jahren, als die Ramones und Blondie eine nicht destruktive Spielart von Punk in den USA gesellschaftsfähig machten.
"I Will Be" überzieht diese popkulturellen Querverweise mit einer cleveren Vintage-Ästhetik, die einem gekonnt vormacht, dass hier tatsächlich vier DIY-Mädels ihre toughen Pop-Songs wackelig in einer Garage irgendwo in Kalifornien aufgenommen haben. Diesen neuen Reverb-Chique haben die Dum Dum Girls mit der gesamten kalifornischen Indie-Szene gemeinsam.
Diese bastelt sich seit Jahren aus Punk, Garage Rock, Lofi-Pop und Surf ihren eigenen Stil zusammen. Die Dum Dum Girls fügen dem noch die explizit feminine Note von alten Bands wie The Go-Gos oder den neueren Vivian Girls hinzu. So muss man bei "Bhang Bhang, I'm A Burnout" allein wegen des Titel-Motivs direkt an die verwegenen Frauenfiguren von Quentin Tarantino denken. In "Jail La La" jodelt Dee Dee süßliche La Las über Ramones'schen 4/4-Takt und singt fröhlich: "Soon i'll be in county jail."
Jetzt, wo besagter Tarantino die Nazis für sein Noir-Kino entdeckt hat, ist sogar ein Song mit deutschem Text auf dem Album vertreten, weil Gundred in der High School auch mal ein paar Sätze dieser ungelenken Sprache gelernt hat. Der Text von "Oh Mein M" klingt so hölzern wie bei Heintje oder Roger Whittaker, versprüht aber dennoch Charme: "Ich werde vorgehen. Ich werde mit dir kommen, wenn du mich lässt."
"I Will Be" kommt so auf elf absolut runde Zwei- bis Dreiminüter, die trotz des sonnigen Pop-Appeals das kohlschwarze Herz der Songs von The Jesus And Mary Chain haben. "Baby don't go, maybe I'll be back someday", sind die einsamen, letzten Worte von Dee Dee zu einer spröden Wave-Gitarre. Was für ein unerhört cleveres Album!
3 Kommentare
Richtig gut.
kohl ist nicht schwarz.
Eine gute Scheibe mit viel Popappeal. Ein wenig mehr Dreck würde den Girls aber auch gut stehen. Manchmal ein wenig zu zuckrig. Doch das ist noch ausbaufähig. http://www.jahrgangsgeraeusche.de/2010/03/…